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Symptomatische Gallensteine operieren?

Bei symptomatischer Cholezystolithiasis empfehlen Leitlinien in der Regel eine Cholezystektomie (moderater bis starker Empfehlungsgrad).1,2 Allerdings soll etwa bis zu jeder dritte operierte Patient persistierende Schmerzen haben.3,4 Eine pragmatische multizentrische Studie aus Großbritannien (C-GALL) vergleicht nun zwei Behandungsregime: 434 im Durchschnitt 50 bis 51 Jahre alte Erwachsene (79% Frauen), elektiv überwiesen mit symptomatischen unkomplizierten Gallensteinen, werden randomisiert entweder einem operativen (laparoskopische Cholezystektomie) oder konservativen Prozedere (Beobachtung, Schmerztherapie, Diätratgeber) zugeteilt.* Nach 18 Monaten sind 67% der Patienten in der Cholezystektomiegruppe operiert, in der konservativen Gruppe 25%. Nach zwei Jahren sind es 71% bzw. 29%. 13 (20%) der 64 bis dahin nicht operierten Patienten der Cholezystektomiegruppe stehen auf Wartelisten, 33 (52%) lehnen den Eingriff ab. Körperliche Schmerzen werden mittels Fragebogen (SF-36**) erfasst und liegen initial in der operativen Gruppe bei durchschnittlich 43,4 Punkten, in der konservativen bei 44,5 Punkten. Nach 18 Monaten haben sie sich in beiden Gruppen gebessert (50,4 bzw. 49,4 Punkte). Die durchschnittliche Schmerzausprägung unterscheidet sich zwischen den Gruppen weder innerhalb von 18 Monaten (primärer Endpunkt) noch von 24 Monaten. Komplikationen treten während 18 Monaten in der operativen Gruppe bei 20% auf, in der konservativen bei 15%, darunter Cholezystitis (3,7% vs. 6,5%) und Gallenkolik (0,9% vs. 3,7%) sowie intraoperativ unter anderem Austritt von Galle oder Steinen aus der Gallenblase (7,4% vs. 2,8%) und abdominelle Organläsionen (2,3% vs. 0,5%).6 Autoren einer dänischen Leitlinie von 2022 heben bei Beschwerden, die auf unkomplizierte Gallensteine zurückgeführt werden können, die Relevanz einer gemeinsamen Entscheidungsfindung hervor und schlagen bei nicht schwerwiegenden Symptomen, langen schmerzfreien Intervallen, hohem Alter oder Multimorbidität initial Beobachtung vor (schwache Empfehlungsstärke).7 Die Ergebnisse der C-GALL-Studie, so die Autoren des dazugehörigen Editorials (darunter ein Mitarbeiter des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen [IQWiG]), sollten Ärzte ermutigen, Patienten mit unkomplizierten symptomatischen Gallensteinen differenzierter zu betrachten und anstelle eines einheitlichen Vorgehens je nach individuellem Risiko und Patientenwunsch auch konservative Therapieoptionen zu berücksichtigen.8

*Ausgeschlossen sind u.a. Patienten mit Gallengangssteinen.
**SF-36 = Short Form Health Survey; erfasst gesundheitsbezogene Lebensqualität in 8 Domänen mit insgesamt 36 Fragen (darunter körperliche Schmerzen, 2 Fragen); beim hier verwendeten normbasierten Scoring entspricht der Wert 50 dem Durchschnittswert der Referenzbevölkerung. Darunter liegende Werte zeigen eine geringere Lebensqualität an.5
(R = randomisierte Studie)
1DGVS et al: S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik und Behandlung
von Gallensteinen, Stand 2018; https://a-turl.de/jdvv
2EASL: Clinical Practice Guidelines on the prevention, diagnosis
and treatment of gallstones, Stand 2016; https://a-turl.de/qy77
3THUNISSEN, F.M. et al.: Surgery 2023; 174: 781-6
4LAMBERTS, M.P. et al.: Surg. Endosc. 2013; 27: 709-18
5WARE, J.E.: Spine 2000; 25: 3130-9
R6AHMED, I. et al.: BMJ 2023; 383: e075383 (12 Seiten)
7SHABANZADEH, D.M. et al.: Scand. J. Surg. 2022; 111: 11-30
8SAUERLAND, S., LANGENBACH, M.R.: BMJ 2023; 383: p2624 (2 Seiten)

© 2024 arznei-telegramm, publiziert am 16. Februar 2024

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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