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cave polytamin gegen altersschwerhörigkeit: falschangaben in der werbung
 
CAVE POLYTAMIN GEGEN ALTERSSCHWERHÖRIGKEIT:
FALSCHANGABEN IN DER WERBUNG


Seit einigen Monaten bewirbt Brench Pharma POLYTAMIN, eine irrationale Mischung aus Vitaminen, Mineralstoffen, Rutosid, Prokain u.a., als "Pille gegen Hör-Schwäche". Studien zum Beleg des behaupteten Nutzens fehlen (a-t 2000; 31: 70). Anläßlich einer - allerdings unveröffentlichten - "Doppelblindstudie" von Prof. GAURI "am Pharmakologischen Institut der Universitaet Hamburg" (1) verspricht die Firma jetzt in einem Werbeschreiben an Apotheker erneut wahre Wunder.

Erste Zweifel an der Seriosität des Anschreibens kommen auf, als der erwähnte Autor GAURI nicht am Hamburger Institut erreichbar ist. Dessen Leiter kommentiert:

Das Werbeschreiben "erweckt den Eindruck, dass der Studienleiter, Prof. GAURI, zum Pharmakologischen Institut (jetzt Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie) der Universität Hamburg gehört. Ich leite dieses Institut seit 1. Januar 1982. Seit diesem Datum hat Prof. GAURI zu keinem Zeitpunkt zu unserem Institut gehört." (2)

Nach Rückfrage bei Brench Pharma wird GAURI als Pharmakologe an der A u g e n (!)-Klinik der Uni Hamburg deklariert.

Laut Werbeschreiben soll POLYTAMIN "in der Studie eine signifikante hörverbessernde Wirkung von 28,2%" ergeben haben (1). Auch dies ist falsch. Es gibt keine "Verbesserung" des Hörvermögens um 28,2%. In der Studie werden lediglich Besserungen bei "28,2% der (29, -Red) mit dem Präparat behandelten Fälle" dem Kombiprodukt zugeschrieben (3). Signifikanzberechnungen für die grafisch dargestellten geringen durchschnittlichen Unterschiede im Vergleich mit Plazebo fehlen jedoch. Angeblich "konnten sogar vier Patienten auf ihr Hörgerät verzichten" (1) - angesichts fehlender Randomisierung und unterschiedlicher Verteilung von Risikofaktoren in den Gruppen eine unsinnige Behauptung ohne Relevanz. Zur Beurteilung der Studie erforderliche Daten fehlen (keine nachvollziehbaren Angaben zur Methodik und zu den Ergebnissen, keine statistische Auswertung etc.). Das Literaturverzeichnis ist so antiquiert wie das Design der Studie: 19 Zitate stammen aus den Jahren 1975 bis 1992, 1 Zitat von 1997.

Eine Besserung des Hörvermoegens läßt sich mit der Untersuchung nicht belegen. Entlarvend erscheint uns die Schlussbemerkung von GAURI: "Der Vorzug der Behandlung mit POLYTAMIN ist vor allem darin zu sehen, dass das Präparat selbst bei höherer Dosierung nahezu nebenwirkungsfrei ist" (3). Es geht bei 130 DM für 100 Kapseln um das Geschäft - um mehr nicht.

1

Brench Pharma: Rundschreiben an Apotheken vom 8. Febr. 2001

2

Prof. Dr. H. SCHOLZ: Schreiben an Brench Pharma AG vom 15. Febr.2001

3

GAURI, K.K.: "Multizentrische Doppelblindstudie POLYTAMIN", Broschüre von Brench Pharma



© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 27. Februar 2001

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