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metaanalyse bestätigt besondere gefährdung durch kontrazeptiva der dritten generation
 
METAANALYSE BESTÄTIGT
BESONDERE GEFÄHRDUNG DURCH KONTRAZEPTIVA DER DRITTEN GENERATION


Empfängnisverhütende Mittel der dritten Generation steigern das Risiko tiefer Venenthrombosen im Vergleich zu "Pillen" der zweiten Generation. Dies bestätigt eine Metaanalyse, die im morgigen British Medical Journal veröffentlicht wird. Ausgewertet werden 12 zwischen Oktober 1995 und Dezember 2000 veröffentlichte Kohorten- und Fallkontrollstudien, in denen Desogestrel-haltige (LOVELLE, MARVELON u.a.) und Gestoden-haltige Kontrazeptiva (FEMOVAN, MINULET) mit Levonorgestrel-haltigen Kombinationen (LEIOS, MINISISTON u.a.) verglichen werden (1). Die Ergebnisse:

Kontrazeptiva der dritten Generation erhöhen das Risiko tiefer Venenthrombosen im Vergleich zu Präparaten der zweiten Generation auf das 1,7fache (95% Konfidenzintervall 1,4 bis 2,0).

Studien, die von Pharmaherstellern (mit)finanziert sind, ergeben lediglich ein 1,3fach erhöhtes Risiko (1,0 bis 1,7), unabhängige Studien jedoch eine 2,3fach-Gefährdung (1,7 bis 3,2).

Am stärksten gefährdet sind Frauen, die zum ersten Mal Kontrazeptiva einnehmen: 3,1faches Risiko (2,0 bis 4,6).

In absoluten Zahlen ausgedrückt ist von 15 zusätzlichen tiefen Venenthrombosen durch Kontrazeptiva der dritten Generation pro 100.000 Frauenjahre auszugehen.

Vier Todesfälle pro 1 Million Frauenjahre könnten durch Wechsel von Drittgenerations- auf Zweitgenerationspillen verhindert werden.

Das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall unterscheidet sich für beide Pillengenerationen nicht (a-t 1998; Nr. 1: 10).

Die holländischen Autoren betonen, dass Einflussfaktoren wie Erstanwendungsbias* den Risikoanstieg nicht erklären können (1,2). Die Datenlage könnte für Präparate der dritten Generation sogar noch schlechter ausfallen, da sich ein "Publikations-Bias" nicht ausschließen lässt. So wurde über eine Studie berichtet, die einen Anstieg tiefer Venenthrombosen ergeben haben soll und nicht veröffentlicht wurde (3) (a-t 2001; 32: 46).

1995 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Erstanwendung von Desogestrel- und Gestoden-haltigen Kontrazeptiva bei Frauen unter 30 Jahren ausgeschlossen (a-t 1995; Nr. 11: 105-6). 1997/98 hob jedoch das Berliner Verwaltungsgericht den Vollzug dieser einschränkenden Maßnahme wieder auf - unter Einfluss der Schönrechnung von Risikodaten durch Gutachter, die von Herstellern beigezogen wurden (a-t 1998; Nr. 1: 1-2). Eine Risikobeurteilung der europäischen Arzneimittelbehörde wird in Kürze erwartet.

Wir halten einschränkende Maßnahmen für unzureichend. Die Nutzen-Schaden-Abwägung für Desogestrel- und Gestoden-haltige Kontrazeptiva erachten wir als negativ. Diese Kontrazeptiva bieten - bei erhöhtem Risiko - keinen Nutzen, der nicht durch andere Präparate erzielt werden könnte. Die Marktrücknahme der "Pillen" der dritten Generation ist seit Jahren überfällig.

1

KEMMEREN, J.M. et al.: BMJ 2001; 323: 131-4

2

DRIFE, J.O.: BMJ 2001; 323: 119-20

3

WEBER, W.: Lancet 2001; 357: 779

*

So könnten die Drittgenerationskontrazeptiva deshalb schlechter abschneiden, weil das Risiko von Thromboembolien zu Beginn der Einnahme besonders hoch ist und gerade Erstanwenderinnen eher auf die neueren Drittgenerationspillen eingestellt werden.

© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 20. Juli 2001

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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