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TODESFÄLLE UNTER ADHS-MITTEL ATOMOXETIN (STRATTERA) VERLEUGNET - WIE DAS BFARM MIT SEINEN DATEN UMGEHT

Am 9. Dezember 2008 strahlte das ZDF eine Sendung aus, in der es unter anderem um Störwirkungen des ADHS-Mittels Atomoxetin (STRATTERA) ging. Die Autoren zitieren darin Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), wonach seit der Einführung vier Kinder in Zusammenhang mit dem Mittel gestorben seien (1). Das BfArM bestreitet diese Zahl. Noch vor der Ausstrahlung der Sendung hat die Behörde eine Stellungnahme veröffentlicht, in der nur von zwei Todesfällen in Verbindung mit Atomoxetin die Rede ist (2,3). Einen Tag später legt der Leiter der Abteilung für Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit) in der Süddeutschen Zeitung nach: ",Wir hatten zunächst Berichte über zwei tödliche Verläufe in Deutschland… Schließlich blieb ein Fall eines 16-Jährigen übrig, der sich umgebracht hat.' Die TV-Redaktion wisse das, warum trotzdem von vier Todesfällen die Rede ist, sei unklar (4)."

Die Verlautbarungen des BfArM sind nach unserer Kenntnis der Daten nicht nur scheinheilig, sondern irreführend: Tatsächlich dokumentiert die Behörde vier Todesfälle in Verbindung mit Atomoxetin, die vier Kinder unterschiedlichen Alters betreffen und unter vier verschiedenen BfArM-Nummern erfasst sind. Entsprechende Datenausdrucke der Behörde liegen uns vor. Zwei dieser Berichte lässt das BfArM jedoch unter den Tisch fallen, weil sie nicht aus Deutschland stammen. Zunächst waren sie aber irrtümlich als Fallberichte aus Deutschland angesehen und gelistet worden (5). Dass sie aus Deutschland stammen, wurde in der Sendung allerdings auch gar nicht behauptet. Warum die Meldungen zunächst irrtümlich fehlkodiert wurden und warum einer der beiden "übrig gebliebenen" Verdachtsberichte, der ein Mädchen aus den USA betrifft (3), weiterhin aufgeführt wird, bleibt trotz Nachfrage bei der Behörde unklar. Nicht nachvollziehbar ist zudem, dass das BfArM ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle mit Todesfolge, die nicht aus Deutschland stammen, einfach ausblendet. Und was ist davon zu halten, wenn der Leiter der Abteilung Pharmakovigilanz im Hinblick auf 237 Verdachtsberichte zu dem Mittel behauptet, das sei "nicht viel angesichts der Häufigkeit, mit der STRATTERA verschrieben wird" und anschließend fortfährt: "Über ADS-Mittel werden zudem mehr Nebenwirkungen berichtet, weil das Leiden so im Blickpunkt steht" (4)? Pharmako-Abwiegelanz à la BfArM!

1 ZDF: Frontal 21 vom 9. Dez. 2008
2 BfArM: Pressemitteilung 05/08 vom 9. Dez. 2008 http://www.bfarm.de/cln_030/nn_424276/DE/BfArM/Presse/mitteil2008/pm05-2008.html__nnn=true
3 BfArM: STRATTERA (Wirkstoff Atomoxetin): Informationen zu Berichten aus der Nebenwirkungs-datenbank des BfArM vom 9. Dez. 2008 http://www.bfarm.de/cln_030/nn_424312/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/strattera- atomoxetin.html__nnn=true
4 HAGEMANN, U.: zitiert nach BARTENS, W.: Süddeutsche Ztg. vom 10. Dez. 2008
5 BfArM: Schreiben vom 18. Dez. 2008

© Redaktion arznei-telegramm, blitz-a-t 19. Dezember 2008

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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