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Finasterid (PROSCAR) zur Prävention von Prostatakrebs? Das Prostatakarzinom gehört zu den häufigsten bösartigen Geschwülsten des Mannes. An der Entwicklung des hormonabhängigen Tumors sind Androgene beteiligt. Der 5-alpha-Reduktasehemmer Finasterid (PROSCAR) senkt die Spiegel von Dihydrotestosteron, dem wichtigsten Androgen in der Vorsteherdrüse. US-amerikanische Wissenschaftler haben untersucht, ob sich die Erkrankungsrate an Prostatakrebs durch vorbeugende Einnahme von Finasterid senken lässt: In der vom Nationalen Krebsinstitut finanzierten Studie nehmen 18.882 gesunde Männer ab 55 Jahre mit unauffälligem rektalen Tastbefund und Prostata-spezifischem Antigen (PSA)-Spiegel von maximal 3 ng/ml sieben Jahre lang täglich 5 mg Finasterid oder Scheinmedikament ein. Palpation der Vorsteherdrüse und Bestimmung der PSA-Spiegel mit Adjustierung für diejenigen der Verumgruppe (vgl. a-t 2003; 34: 62) erfolgen jährlich. Bei auffälligem Tastbefund oder PSA über 4 ng/ml ist eine Biopsie vorgesehen, ebenso bei allen Männern ohne Diagnose eines Prostatakarzinoms nach Ablauf der sieben Jahre. Primärer Endpunkt ist die Rate histologisch bestätigter Tumoren innerhalb des Studienzeitraums. Bei der Planung wird davon ausgegangen, dass unter Plazebo bei 6% ein Prostatakarzinom diagnostiziert wird, dass Finasterid diese Häufigkeit um 25% senkt und dass bei 60% der Prostatastatus bestimmt werden kann. Die Studie wird 15 Monate früher als geplant abgebrochen, als 81% der Teilnehmer die siebenjährige Einnahme beendet haben. Unter Scheinmedikament wird bei 24,4% ein Karzinom der Vorsteherdrüse diagnostiziert im Vergleich zu 18,4% unter Finasterid (relative Risikoreduktion 24,8%, Number needed to treat [NNT] = 17). Allerdings ist der Prostatastatus in der Plazebogruppe deutlich häufiger bekannt (63% vs. 59,6%), die Chance einer Entdeckung also größer. Unter Finasterid sterben insgesamt 7% der Teilnehmer, unter Scheinmedikament 6,7%, davon jeweils fünf Männer an Prostatakrebs (0,05%). Die klinische Bedeutung der gefundenen Tumoren bleibt völlig offen. In Untersuchungen zum PSA-Screening liegt die Rate der entdeckten Tumoren bei 3% bis 8%. Bereits hier gilt die so genannte Überdiagnostik als Problem, also die Entdeckung von Krebs, der unentdeckt und unbehandelt den betroffenen Mann zeitlebens nicht beeinträchtigt hätte (a-t 2003; 34: 33-4). Bei der Krebsvorbeugung muss jedoch, ebenso wie bei der Früherkennung, die Senkung der Sterblichkeit das Ziel sein. Die histologische Identifizierung von Tumoren ist ein - nicht validierter - Surrogatparameter. Beunruhigend ist, dass unter Finasterid deutlich häufiger aggressivere Karzinome* gefunden werden (bei 6,4% vs. 5,1% der in die Analyse eingeschlossenen Männer, NNH = 77). Möglicherweise begünstigt der 5-alpha-Reduktasehemmer die Entwicklung dieser weniger Androgen-abhängigen Tumoren (THOMPSON, I.M. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 349; vorab veröff. unter http://www.nejm.org; SCARDINO, P.T.: ebenda/ati d). Von einer Vorbeugung des Prostatakarzinoms mit Finasterid ist somit abzuraten. Inwieweit die Befunde für die Nutzen-Risiko-Bilanz des 5- alpha-Reduktasehemmers bei der Behandlung der benignen Prostatahyperplasie Bedeutung haben, muss unseres Erachtens durch geeignete Langzeitstudien geklärt werden, -Red.


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