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"anti-raucher-pille" bupropion (zyban) -<br> ein dämpfer für falsche erwartungen
 
"ANTI-RAUCHER-PILLE" BUPROPION (ZYBAN) -
EIN DÄMPFER FÜR FALSCHE ERWARTUNGEN


Die neue "Pille gegen das Rauchen" Bupropion (ZYBAN) gibt es zwar erst nächsten Monat in den Apotheken, doch steht das Mittel bereits seit Wochen im öffentlichen Interesse. Es handelt sich um ein Antidepressivum, das in den USA bereits seit 1997 auch zur Raucherentwöhnung dient. Immer wieder wird berichtet, dass 30% der Raucher, die ZYBAN eingenommen haben, auch noch nach einem Jahr nikotinfrei seien. Das stimmt so nicht.

Zur Wirksamkeit von Bupropion liegen zwei Studien (1,2) veröffentlicht vor. Sie erfassen über 1.500 Personen, die täglich durchschnittlich 26 Zigaretten geraucht haben, hochmotiviert zum Aufhören sind und bereits auf mehrere Entwöhnungsversuche zurückblicken. Alle Teilnehmer erhalten zusätzlich verhaltenstherapeutische Hilfestellungen. Das Medikament wird sieben beziehungsweise neun Wochen lang eingenommen (Rauchstopp ist für den achten Einnahmetag vorgesehen), danach folgt eine Nachbeobachtungsphase bis zu einer Studiendauer von einem Jahr.

Der Nutzen der Methode wird an so genannten punktuellen Abstinenzraten gemessen, die jedoch keinerlei Rückschlüsse auf langfristigen Rauchverzicht ermöglichen: Zu bestimmten Zeitpunkten werden die Teilnehmer befragt, ob sie in den letzten sieben Tagen geraucht haben oder nicht. Mit dem zur Kontrolle der Aussagen verwendeten Atemtest lässt sich Zigarettenkonsum nur in den letzten 24 Stunden ausschliessen. Unter diesen Studienbedingungen geben unter Bupropion nach zwölf Monaten 23% (1) beziehungsweise 30% (2) an, in der letzten Woche nicht geraucht zu haben - unter Scheinmedikament 12% (1) beziehungsweise 16% (2). Die Kombination von Bupropion mit Nikotinpflastern bringt keinen zusätzlichen Nutzen.

Nachvollziehbare Daten, wie viele Nikotinabhängige langfristig, das heisst mindestens sechs oder zwölf Monate, ununterbrochen vom Rauchen losgekommen sind, lassen sich den Studien nicht entnehmen. In einem Leserbrief wird ein Firmenmitarbeiter mit der Aussage zitiert, nach Daten, die der amerikanischen Arzneimittelbehörde überlassen wurden, unterscheide sich der Anteil der kontinuierlich Enthaltsamen nach einem Jahr nicht vom Scheinmedikament (13% gegen 10%) (3). Die Studienautoren räumen daraufhin ein, dass ein Effekt über die Behandlung hinaus nicht besteht (4). Nach bislang nur auf einem Kongress vorgestellten Daten bringt auch die kontinuierliche Einnahme von Bupropion über ein Jahr keinen langfristigen Nutzen.

UNVERTRAEGLICHKEIT: Bupropion wird schlecht vertragen. Bis zu 12% der Studienteilnehmer brechen die Einnahme wegen unerwünschter Effekte ab. Am häufigsten stören Schlaflosigkeit (bis 42%) und Mundtrockenheit (bis 13%). Engegefühl in der Brust und ein plötzlicher Herztod sind beschrieben (1,2). Für Patienten nach Herzinfarkt oder mit instabiler Herzkrankheit fehlen Daten zur Sicherheit. Dosisabhängig können Krampfanfälle auch bei Personen auftreten, für die keine Risikofaktoren bekannt sind. Aus Kanada werden eine auffällig hohe Zahl allergischer Reaktionen sowie Herzinfarkte (auch tödliche) berichtet (5). Von einem Missbrauchspotenzial des Mittels ist auszugehen (6).

FAZIT: Wem nutzt ein "Nikotinentwöhnungsmittel", das zwar die Zahl derer erhöht, die vor einem gegebenen Untersuchungstermin für ein paar Tage die Finger von Zigaretten lassen, sich mittel- und langfristig aber nicht vom Scheinmedikament unterscheidet? Angesichts der Datenlage ist es uns ein Rätsel, wieso Bupropion (ZYBAN) überhaupt zugelassen wurde.

(1) HURT, R.D. et al.: N. Engl. J. Med. 1997; 337: 1195-202
(2) JORENBY, D.E. et al.: N. Engl. J. Med. 1999; 340: 685-91
(3) MCAFEE, T., FRANCE, E.: N. Engl. J. Med. 1998; 338: 619
(4) HURT, R.D. et al.: N. Engl. J. Med. 1998; 338: 620
(5) Canadian Adverse Drug Reaction Newsletter 2000; 10: 3-7
(6) HEBEL, S.K. et al. (Hrsg.): "Drug Facts and Comparisons", St. Louis (USA), Januar 2000, Seite 1114-6

 
© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 28. Juni 2000

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