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UMCKALOABO - SPITZNER REAGIERT AUF a-t-VERÖFFENTLICHUNG
Obskure Häufigkeitsangaben von unerwünschten Wirkungen

In einem Rundschreiben (1) an Apotheken kommentiert die Firma Spitzner eine Kurzmitteilung zu UMCKALOABO aus der Juli-Ausgabe des arznei-telegramm (a-t 2011; 42: 63). Darin geht es unter anderem um eine 30-jährige Frau, die nach Beendigung der viertägigen Einnahme des Pelargoniumwurzelextraktes mit Gelbfärbung der Haut und deutlich erhöhten Leberwerten stationär aufgenommen wird. Spitzner moniert, dass bei dem Bericht "die wesentliche Information" zur potenziell hepatotoxischen Komedikation "vorenthalten" worden sei. Die Komedikation wurde jedoch mit Ausnahme von Methyldopa spätestens mit Beginn der Einnahme von UMCKALOABO abgesetzt. Methyldopa wurde bei Auftreten des Ikterus bereits vier Wochen lang eingenommen und war bei vorheriger Anwendung über 12 Monate gut vertragen worden. Der enge zeitliche Zusammenhang spricht für den Wurzelextrakt als wahrscheinlichen Auslöser. Auch der behandelnde Arzt sieht dies so. Allerdings lässt sich die Kausalität einer Komplikation auf der Basis von Spontanberichten ohnehin nicht eindeutig klären. Sie bleiben Verdachtsberichte. Und viele Verdachtsberichte erzeugen ein Risikosignal.

Andererseits versucht Spitzner, die gute Verträglichkeit des Extraktes hervorzuheben. Hierfür errechnet die Firma auf der Basis des eigenen Spontanmeldesystems Häufigkeiten von unerwünschten Wirkungen. In Bezug auf "Leberaffektionen" kommt sie dabei auf 1 Ereignis pro 7.353.000 Patienten. Dies klingt exakt und extrem selten. Es dürfte aber auch den Wissenschaftlern der Firma bewusst sein, dass derartige Hochrechnungen von Berichten aus der Spontanerfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen irreführend und nicht zulässig sind. So ist einerseits die Zahl der wirklich eingenommenen Tagesdosierungen unbekannt. Zudem bleibt eine beträchtliche Dunkelziffer nicht erfasster Ereignisse unberücksichtigt. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass allenfalls etwa eines von 20 Ereignissen berichtet wird. Aber noch nicht einmal die tatsächlich erfassten Verdachtsberichte nimmt Spitzner zur Kenntnis. Rechnen wir die Firmenangaben nach: Aus weltweit vertriebenen 514 Millionen Tagesdosierungen, einer durchschnittlichen Einnahmedauer von zehn Tagen und der angegebenen Häufigkeit von einer Leberschädigung pro 7,353 Millionen Patienten errechnen sich 7 betroffene Patienten, die der Pharmakovigilanzabteilung der Firma in Verbindung mit UMCKALOABO bekannt sein sollen. Dies erstaunt: Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weiß man bereits aus dem Inland von 17 Verdachtsberichten (2). Hinzu kommen drei weitere, die der Behörde vom arznei-telegramm inzwischen übermittelt worden sind.

Auch ein weiterer Vergleich irritiert: Laut Fachinformation von UMCKALOABO werden unter der Einnahme "gelegentlich" (also bei 0,1% bis 1% der Behandelten) Transaminasenanstiege beobachtet. Das wären bei 51,4 Millionen Behandelten zwischen 50.000 und 500.000 Patienten mit erhöhten Transaminasen als Indiz für eine Leberschädigung.

Interessant erscheint uns, was die Firma unkommentiert lässt: In der Juli-Ausgabe des a-t zitieren wir den sehr lesenswerten Entwurf eines Beurteilungsberichtes der europäischen Arzneimittelbehörde EMA (3). In diesem wird der Nutzen von Pelargoniumwurzelextrakt bei akuter Bronchitis, der einzigen hierzulande zugelassenen Indikation, als nicht angemessen belegt erachtet. Diese Beurteilung gilt auch für andere Anwendungen des Wurzelextraktes. Damit wird die in a-t 2008; 39: 105-6 veröffentlichte Bewertung bestätigt, dass nach wie vor ein Nutzenbeleg für UMCKALOABO aussteht.

1Spitzner Arzneimittel: Stellungnahme zur Berichterstattung des aktuellen "arznei-telegramm" zu UMCKALOABO, 13. Juli 2011
2 BfArM: Schreiben vom 20. Juni 2011
3EMA: Assessment report on Pelargonium sidoides DC and/or Pelargonium reniforme Curt., radix, Entwurf vom 31. März 2011 http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library /Herbal_-_HMPC_assessment_report/2011/06/WC500107717.pdf

© Redaktion arznei-telegramm, blitz-a-t 15. Juli 2011

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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