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BFARM UND FUMADERM
... BfArM handelt „unverzüglich“ – nach dreijähriger Untätigkeit

Einen Monat nach Erscheinen der Maiausgabe des arznei-telegramm, in der wir über progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) in Verbindung mit dem Fumarsäureestergemisch FUMADERM berichten, fordert uns das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf, eine Gegendarstellung abzudrucken. Diese ist zwar insofern gegenstandslos, als sie wesentliche Kriterien einer Gegendarstellung ignoriert. Inhaltlich halten wir das Schreiben jedoch für interessant, da es Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise der Behörde gibt. Zu unserem Untätigkeitsvorwurf in Bezug auf Maßnahmen zur Risikoabwehr, den wir im Übrigen im aktuellen Juni-a-t zugespitzt haben (a-t 2013; 44: 55), stellt das BfArM fest:

„Entsprechende Publikationen über PML im Zusammenhang mit der Anwendung von FUMADERM erfolgten am 25. April 2013 im New England Journal of Medicine... Maßnahmen wurden im Mai 2013 unverzüglich eingeleitet. Die Maßnahmen und deren Umsetzung befinden sich derzeit in der Abstimmung mit dem pharmazeutischen Unternehmer, deshalb können wir dazu zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Angaben gegenüber dem arznei-telegramm machen...

Zusammenfassend ist der Vorwurf der Untätigkeit daher haltlos und wird von BfArM zurückgewiesen.“ (1)

Berichte über PML in Verbindung mit dem Fumarsäureestergemisch sind dem BfArM jedoch bereits mindestens seit 2009 bekannt. Dort schlummerten sie offensichtlich in der Datenbank, bis Anfragen des a-t im März 2013 und zwei Veröffentlichungen im New England Journal of Medicine im April 2013 die Dringlichkeit überfälliger Maßnahmen zur Risikoabwehr erkennen ließen. Maßnahmen, die bis heute weder fachöffentlich bekannt noch umgesetzt sind. „Unverzüglich“ reagierte die Behörde bislang nur, als sie einen der PML-Verdachtsberichte innerhalb weniger Tage nach seiner Publikation aus ihrer neuerdings öffentlich zugänglichen Datenbank entfernte (vgl. a-t 2013; 44: 47-8). Und auch für eine Gegendarstellung bleibt ihr offenbar genug Zeit, während eine Risikoinformation für Ärzte und Patienten weiter auf sich warten lässt.

Zudem betont das BfArM, dass in den vorliegenden Verdachtsfällen der Hinweis der FUMADERM-Fachinformation (2), die Behandlung bei pathologischen Blutbildveränderungen sofort abzubrechen, nicht beachtet wurde und zumindest in den publizierten Fällen eine persistierende schwere Lymphopenie möglicherweise an der PML-Entstehung beteiligt war (1). In der Fachinformation steht aber auch: „Lymphopenien und Leukopenien können sich zurückbilden, können aber während der Behandlung auch wiederholt auftreten oder dauerhaft verlaufen“ (2), was Fehlinterpretationen begünstigen dürfte. Vor allem aber heißt es in der aktuellen Fachinformation von 2012(!), dass es bisher keine Hinweise gebe, dass die hämatologischen Veränderungen zu opportunistischen Infektionen führen – obwohl dem BfArM nicht nur Berichte über PML seit Jahren bekannt sind, sondern auch beispielsweise über KAPOSI-Sarkom in Verbindung mit dem Fumarsäureestergemisch (3). Soeben informiert zudem die AkdÄ über eine systemische Nokardiose, ebenfalls eine opportunistische Infektion, unter FUMADERM (4).

Wir halten daher unseren Vorwurf der Untätigkeit aufrecht, –Red.

1BfArM: Schreiben vom 7. Juni 2013
http://www.arznei-telegramm.de/blitz-pdf/Schreiben_des_BfArM_07062013.pdf
2biogen idec: Fachinformation FUMADERM initial/FUMADERM, Stand Juni 2012
3Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Dt. Ärztebl. 2009; 106: A2380
4Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Dt. Ärztebl. 2013; 110: A1220-1

© Redaktion arznei-telegramm, blitz-a-t 10. Juni 2013

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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