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                            a-t 1990; Nr.4: 35-6nächster Artikel
Im Blickpunkt

ZUR DAUER DES IMPFSCHUTZES NACH MASERN-IMPFUNG

Im Dezember 1989 hat das Immunization Practice Advisory Committee (ACIP) des Seuchenzentrums in Atlanta (USA) die Richtlinien für die Masern- Impfung revidiert. Die wesentliche Änderung betrifft die Empfehlung, jetzt grundsätzlich zweimal zu impfen.

Die weitgehende Durchimpfung führte in den USA zu einem fast vollständigen Verschwinden der Masern (1983: 1.497 gemeldete Erkrankungen). In der folgenden Zeit stieg die Inzidenz aber wieder (1989: über 14.000 Fälle). Von den Erkrankten sind rund 40% lege artis geimpft worden. "Impfversagen" (vaccine failure) hat dabei also eine erhebliche Rolle gespielt.

Von den restlichen 60% wurde die Hälfte wegen bestehender Kontraindikationen nicht geimpft, bei den anderen unterblieb die Impfung aus anderen Gründen. Die häufig im Rahmen kleiner Endemien aufgetretenen Infektionen betrafen zum Teil noch ungeimpfte Kleinkinder im zweiten Lebensjahr, aber auch ungeimpfte und geimpfte Schulkinder und Studenten. Als Ursache für Impfversagen kommen in Frage:

  • zu frühe Impfung (bis zum Ende des 1. Lebensjahres und vielleicht auch noch etwas darüber hinaus können persistierende mütterliche Antikörper den Impferfolg verhindern),


  • Immunsuppression durch Medikamente oder Infekte zum Zeitpunkt der Impfung,


  • Unterbrechung der Kühlkette beim Impfstofftransport

Die meisten Geimpften besitzen nach Angaben des ACIP eine "langfristige und wahrscheinlich lebenslange Immunität".

Ungeachtet der in Frage kommenden Mechanismen gilt aber in den USA wie bei uns, daß auch nach lege artis durchgeführter Masern-Impfung mit Schwarz- oder Moraten-Impfstämmen bei mehr als 5% kein Impfschutz eintritt.

In den USA wird das Ziel einer Masern-Eradikation angestrebt. Es besteht zwar kein Impfzwang, aber die Durchimpfung dürfte höher sein als bei uns. Colleges und Universitäten fordern in aller Regel bei der Einschreibung den Nachweis der erfolgten Masern-Mumps-Röteln (MMR)-Impfung und werden in Zukunft wohl auf der durchgeführten zweiten Impfung bestehen.

Bei uns ist die Durchimpfung der Kleinkinder unzureichend, sie dürfte bei 70-80% liegen. Weiterführende Schulen und Universitäten fordern bei Eintritt keine Impfzeugnisse. Somit sind wir noch weit von einer Eradikation entfernt. Mehr sinnvoller staatlicher Dirigismus wäre wünschenswert. Hier können wir von der DDR durchaus lernen.


Vorerst möchten wir die sinnvollen Empfehlungen für eine Zweitimpfung mit Masern-Mumps- oder Masern-Mumps-Röteln-Vakzine auf individueller Basis aufgreifen (vgl. Tabelle 1). Entsprechend den US-Richtlinien würde das hinsichtlich Masern zutreffen für

  • alle Personen, die nach 1957 geboren sind und nicht vom Hausarzt dokumentiert beobachtete Masern durchgemacht haben oder eine serologisch nachgewiesene Immunität haben;


  • alle Kinder und Jugendliche sowie medizinisches Personal bei der Einstellung, die ihre erste Impfdosis lege artis erhalten haben;


  • sofern diese Personen ungeimpft sind, sollten zwei MM- oder MMR-Impfungen im Abstand von mindestens vier Wochen erfolgen.

Als Impfstoff wird generell für beide Impfungen in den USA eine Masern-Mumps-Röteln-Vakzine empfohlen, gelten doch für Mumps und Röteln ähnliche Überlegungen hinsichtlich primären Impfversagens und Dauer der Immunität. Eine zuvorige Titerbestimmung ist nicht erforderlich.

MMWR 38 (1989), 1 / ati d

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