Bei jeder Form der lokalen Antibiotikatherapie (z.B. bei Verbrennungen, Ulcera cruris) entwickeln sich überdurchschnittlich häufig Resistenzen.
Bisher wurde wiederholt für die selektive Darmdekontamination (SDD) behauptet, daß keine Resistenzentwicklung entstehe durch Applikation einer
Mischung verschiedener Antibiotika in den Nasen-Rachenraum und gleichzeitige intravenöse Gabe eines Breitspektrum-Cephalosporins zur Reduktion der
Häufigkeit einer Pneumonie bei Beatmung. Eine Untersuchung aus der Neurologischen Universitätsklinik Göttingen bestätigt nun
anderslautende Befürchtungen.
Die lokale Gabe von Polymyxin E, Amphothericin B und Tobramycin sowie die gleichzeitige intravenöse Gabe von Cefuroxim (ZINACEF u.a.) bei ca. 40% der
Patienten der neurologischen Intensivstation führte innerhalb kurzer Zeit zu einer bedenklichen Resistenzentwicklung bei Staphylococcus aureus,
Staphylococcus epidermidis und Pseudomonas aeruginosa. Dabei kam es bei Staphylokokken zu einem Anstieg der Oxacillin (STAPENOR)-Resistenz von 1,6% auf
10,1%. Bei Pseudomonas aeruginosa stieg die Gentamicin (REFOBACIN u.a.)-Resistenz von 1,9% auf 16,2%. Bei den Staphylokokken betraf der Resistenzanstieg
gleichzeitig Cefuroxim und Cefotaxim (CLAFORAN).1 In vielen Intensivstationen wird die selektive Darmdekontamination unkritisch angewendet, wobei dort
jederzeit die Gefahr der akuten Ausbreitung von polyresistenten Erregern besteht.2
Auch die Infektionsprophylaxe bei Lebertransplantation gilt als Indikation für die SDD. Nun wird bei 5 von 10 Lebertransplantationen über schwere
Superinfektionen mit Enterokokken, hauptsächlich Peritonitis, berichtet. 2 der 5 Patienten starben an der Infektion.3 Die zur SDD verwendeten
Antibiotika sind bekanntlich gegen Enterokokken nicht wirksam, so daß auch Enterokokken zu den Erregern gehören, die unter SDD selektiert werden
können.
1 | NAU, R. et al.: J. Antimicrob. Chemother. 25 (1990), 881 |
2 | DASCHNER, F., persönl. Mitteilung |
3 | VAN ZEJL, J. H. et al.: Infection 18 (1990), 146 |
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