Mit 1,7 Millionen Packungen im Wert von 31 Millionen DM (Apothekenverkaufspreis) stehen die Etofenamat-Externa RHEUMON-Creme und Gel hinter
VOLTAREN EMULGEL auf Rang 2 der meistverordneten Rheumaeinreibungen. Seit April 1990 ist Etofenamat auch in öliger Lösung (RHEUMON i.m.) zur
systemischen Anwendung erhältlich. Die intramuskuläre Injektion soll Beschwerdelinderung für mehr als 24 Stunden
gewährleisten.1
Einfachblindstudien an wenigen Patienten belegen den therapeutischen Nutzen der intramuskulären Injektion von 1000 mg Etofenamat in Vergleich mit 50 mg
Indometacin (AMUNO u.a.), 75 mg Diclofenac (VOLTAREN u.a.) oder 30 mg Pentazocin (FORTRAL).
Etofenamat ist ein Ester der Flufenaminsäure (SASTRIDEX Tabletten), die früher auch als ARLEF und SURIKA zur Einnahme per os angeboten wurde.
Der Abbau von Etofenamat verläuft über Flufenaminsäure und ihre Derivate. Aufgrund der Verstoffwechselung von Etofenamat ist mit den typischen
unerwünschten Wirkungen von Fenamaten zu rechnen. Von Flufenaminsäure und Meclofenaminsäure ist eine hohe Inzidenz gastrointestinaler
Symptome (bis 60% der Patienten) bekannt. Störwirkungen führen bei 7-30% der Patienten zum Abbruch der Behandlung. Nierenschäden bis zum
Nierenversagen sind beschrieben sowie Thrombozytopenien und häufig Hautausschlag.2
Wenn nach Herstellerangaben Kopfschmerz, Schwindel, Müdigkeit, Ödeme, Hautausschlag, Miktions- und Magen-Darm-Störungen unter
Etofenamat lediglich "selten" vorkommen sollen, mag dies der geringen Erfahrung mit der parenteralen Zubereitung zuzuschreiben sein, die außer in
der Bundesrepublik Deutschland lediglich in Österreich (RHEUMON DEPOT) und Portugal im Handel ist. Oralzubereitungen existieren nicht. In einer Studie
kommt es bei 5 (21%) von 24 Patienten zu Schmerzen an der Injektionsstelle, die bei zwei Personen so unangenehm waren, daß diese eine Folgeinjektion
ablehnten.3 Dies kontrastiert mit der Herstellerangabe, daß Lokalreaktionen wie Schmerz, Schwellung und Verhärtungen "selten"
seien.
Die vorliegenden Studien vermögen u.E. nicht die These des Herstellers zu belegen, die langsame Freisetzung von Etofenamat aus dem Öldepot
verringere das Risiko systemischer Nebenwirkungen, insbesondere das der Fenamat-typischen Nierenschäden. Mehrfach haben wir vor der Anwendung
nichtsteroidaler Antirheumatika mit langer Wirkdauer gewarnt (vgl. a-t 4 [1988], 40). Gefährdet sind vor allem Patienten über 60 Jahre sowie Multimorbide
mit eingeschränkter Organfunktion (Leber, Nieren oder Herz/Kreislauf).

Bei gegebener Indikation und nach Ausschluß von Kontraindikationen verdienen bewährte Antirheumatika mit kurzer Wirkdauer den Vorzug. Von der
parenteralen Anwendung nichtsteroidaler Entzündungshemmer ist im allgemeinen abzuraten (vgl. a-t 6 [1987], 52). Unter diesen Gesichtspunkten erscheint uns
RHEUMON i.m. als entbehrlich. Die uneingeschränkte Zulassung der Injektion für akute starke Schmerzen bei verschiedenen rheumatischen
Erkrankungen bis hin zu postoperativen Schwellungen oder Entzündungen gefährdet Patienten. Wegen drohenden Nierenversagens erachten wir die
Anwendung nichtsteroidaler Antirheumatika bis zu vier Tage nach Operation als kontraindiziert (vgl. a-t 11 [1989], 102, 2
[1990], 25).
FAZIT: Das in Externa erhältliche nichtsteroidale Antirheumatikum Etofenamat, ein Ester der Flufenaminsäure (SASTRIDEX u.a.), gibt es seit einigen
Monaten in öliger Injektionslösung (RHEUMON i.m.) für die systemische Therapie. Erfahrungen mit einer Etofenamat-Oralzubereitung fehlen. Auch
der Hauptmetabolit Flufenaminsäure findet weltweit nur beschränkt Verwendung, so daß die Neuerung insgesamt unbefriedigend dokumentiert
erscheint.
Wir halten daher RHEUMON i.m. für entbehrlich, zumal die Injektion eines nichtsteroidalen Antirheumatikums die Ausnahme bleiben sollte. Die für die
Depot-Injektion behauptete gute Verträglichkeit ist nicht hinreichend belegt. Die Zulassung für postoperative Schwellungen widerspricht dem Stand der
Kenntnis und ist für Traumapatienten lebensbedrohend.
1 | RHEUMON i.m.: wiss. Broschüre der Troponwerke, Stand 1. April 1990 |
2 | DUKES, M. N. G. (ed.): "MEYLER's Side Effects of Drugs", 11. Aufl. 1988, S.
189 |
3 | HENSLER, G.: Z. Allg.-Med. 66 (1990), 255 |
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