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Therapiekritik

ANGINA PECTORIS – MONO-, DUO- ODER TRIPELTHERAPIE?

Bei einer organisch bedingten Angina pectoris werden Patienten durch alleinige Einnahme eines Betarezeptorenblockers nicht immer vollständig beschwerdefrei. Weitere Medikamente sollen dann Zusatznutzen bringen. Eine kardiologische Arbeitsgruppe am Guy's Hospital in London untersuchte in einer gekreuzten Doppelblindstudie an Angina-pectoris-Kranken, ob eine Dreifachkombination aus Atenolol (TENORMIN u.a.), Isosorbidmononitrat (ISMO u.a.) und Nifedipin (ADALAT u.a.) beziehungsweise eine Zweifachkombination von Atenolol plus Nifedipin der Monotherapie überlegen ist. Bei Auftreten von Angina- pectoris-Anfällen war den Patienten die Anwendung von Niroglyzerin erlaubt.

Alle drei Wirkstoffe gehören zu den Standardtherapeutika zur Behandlung der Angina pectoris, wenngleich sie unterschiedliche Wirkungen entfalten. So werden Nifedipin gefäßerweiternde Eigenschaften auf die Koronarien im Ruhezustand und eine Verminderung der Nachlast zugeschrieben. Mononitrate besitzen antianginöse Effekte, indem der myokardiale Sauerstoffbedarf durch Reduktion der Vorlast gesenkt wird, wohingegen die Betablockade den kardialen Sauerstoffbedarf durch Senkung von Herzfrequenz, Blutdruck und Kontraktilität vermindert. Da komplementäre Wirkungen der einzelnen Wirkstoffe anzunehmen sind, liegt es nahe, sie gemeinsam zu verschreiben, wenn die alleinige Betablockade versagt. Nicht eindeutig geklärt ist die Frage, welcher zweite Schritt der Betablockade folgen soll, Nitrate oder Kalziumantagonisten.

Im Vergleich standen täglich 100 mg Atenolol allein oder Atenolol plus 40 mg retardiertes Nifedipin (ADALAT RETARD u.a.) und/oder 40 mg Isosorbidmononitrat (z.B. MONO MACK u.a.) – jeweils zur Hälfte morgens um 9 Uhr bzw. 21 Uhr am Abend über 4 Wochen. Zielkriterium war der Einfluß auf die ST-Streckensenkung unter Belastung. Der Versuch wurde abgebrochen, wenn die ST-Absenkung 3 mm überschritt, Brustschmerzen auftraten, der Blutdruck abfiel oder Ermüdung eintrat. Vier der ursprünglich am Versuch beteiligten 22 Patienten schieden vorzeitig aus, weil das Mononitrat allein oder in Kombination mit Nifedipin unerträgliche Kopfschmerzen bewirkte. Bei einem Patienten trat unter alleiniger Atenolol-Einnahme ein Herzinfarkt auf.

Im Mittel bestanden die Angina-pectoris-Beschwerden bei den Patienten etwa drei Jahre. Die Anfallshäufigkeit lag bei etwa 9 Attacken pro Woche. Durchschnittlich wurden wöchentlich etwa 13 Tabletten Nitroglyzerin verbraucht. Unter alleiniger Atenolol-Medikation nahm der Nitroglyzerin-Verbrauch leicht zu. Die Kombination aus Atenolol und Mononitrat verminderte den Zusatzbedarf an Nitroglyzerin. Die Zahl der Angina-pectoris-Anfälle war unter den unterschiedlichen Therapieregimes etwa gleich. Der Zusatz des Kalziumantagonisten und/oder des Mononitrats ließ die Herzfrequenz sowohl in Ruhe als auch unter Belastung im wesentlichen unbeeinflußt. Auch im Langzeit-EKG über 24 Stunden fanden sich keine auffälligen Unterschiede der Einfach- bis Dreifachbehandlung.

Nach den Ergebnissen der sorgfältig geplanten und kontrollierten Untersuchungen sind Angina-pectoris-Kranke unter der Kombination des Betarezeptorenblokkers Atenolol mit Mononitrat besser belastbar als unter alleiniger Atenolol-Einnahme oder der Kombination von Atenolol mit Nifedipin. Ein dritter hinzugefügter Wirkstoff beinhaltet gegenüber der Zweifachkombination keinen weiteren Nutzen.

FAZIT: Für die Übermedikation bei hartnäckigen Angina-pectoris-Beschwerden mit Doppel- und Dreifachkombination von Wirkstoffen fehlt der überzeugende Nachweis des Nutzens. Theoretische Überlegungen zum Vorteil von Nitraten und Nifedipin (ADALAT u.a.) auf die Vorlast resp. Nachlast werden durch klinische Befunde nicht bestätigt. Somit scheint es besser, beim Versagen einer Behandlung einen Wirkstoff durch einen anderen zu ersetzen und klinisch zu überprüfen, ob Kombinationspartner tatsächlich einen zusätzlichen Nutzen erbringen.

AKHRAS, F., G. JACKSON: Lancet 338 (1991), 1036


© 1992 arznei-telegramm

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