logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 1992; Nr.11: 116 
Warnhinweis

SEHNENRISS DURCH GYRASEHEMMER

Glieder-, Gelenk- und Muskelschmerzen sind bekannte Störwirkungen der Behandlung von Infektionen mit Gyrasehemmern (vgl. Arzneimittelkursbuch '92/93, Seite 856). Störungen der Knorpelzellen sind im Tierversuch nachweisbar. In der Schwangerschaft, bei Kindern und Heranwachsenden sind diese Antibiotika wegen des Risikos von Knorpel- und Gelenkschäden kontraindiziert.

Seltener beschrieben sind Tendopathien bis hin zum Sehnenriß. Bei einem über 60jährigen Mann traten unter der Behandlung mit täglich 800 mg Pefloxacin (PEFLACIN) Knöchelödeme und Schmerzen im Bereich der Achillessehne auf, die in Ruhe abklangen. Palpation und passive Mobilisation waren bei fehlender Bewegungseinschränkung im Knöchel schmerzhaft. Die Intensität der Entzündungszeichen erinnert an eine Phlebitis.1

Schwellungen und Schmerzen an beiden Achillessehnen, die drei Tage nach Einnahmebeginn von Ciprofloxacin (CIPROBAY) einsetzten, machten bei einem 67jährigen Mann Treppensteigen unmöglich. Die Beschwerden der Tendosynovitis klangen erst 6 Wochen nach Absetzen des Gyrasehemmers ab.2

Französische Rheumatologen berichten über 7 Tendinitiden der Achillessehne unter Pefloxacin und Ofloxacin (TARIVID). Bei drei Personen kam es zum Sehnenriß, von dem einer histologisch dokumentiert ist.3 Bei zwei Patienten wurden die Beschwerden zunächst als Entzündungszeichen einer venösen Thrombose verkannt. Mindestens drei weitere Achilles-Tendinitiden sind literaturbekannt, je eine nach Ciprofloxacin, Enoxacin (GYRAMID) und Pefloxacin (mit Ruptur).3

Als Schädigungsmechanismus der Gelenk- und Knorpelschäden durch Gyrasehemmer werden ein direkter Einfluß auf Chondrozyten und Zytokin- vermittelte Effekte diskutiert. Für Sehnenschäden fehlen Erklärungsmodelle. Die Achillessehne ist wahrscheinlich wegen ihrer hohen physikalischen Belastung besonders verletzlich.

FAZIT: Schäden am Sehnenapparat sind eine bisher wenig dokumentierte unerwünschte Stoffeigenschaft der Gyrasehemmer. Vor allem die Achillessehnen sind – ein- oder beidseitig – betroffen. Die Beschwerden können schon wenige Tage nach Einnahmebeginn einsetzen und dauern Wochen nach Abbruch der Behandlung an. Sie werden bisweilen als Thrombosen oder Phlebitiden verkannt. Gyrasehemmer-bedingte Tendopathien betreffen anscheinend vorwiegend Personen über 60 Jahre. Bei Verdacht sind Gyrasehemmer sofort abzusetzen.

1

La Revue Prescrire 12 (1992), 543

2

MC EWAN, S. R., P. G. DAVEY: Lancet 2 (1988), 900

3

RIBARD, P. et al.: J. Rheumatol. 19 (1992), 1479


© 1992 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 1992; Nr.11: 116