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Warnhinweis

ANTIMYKOTIKUM TERBINAFIN (LAMISIL) – CAVE:
LEBER- UND HAUTSCHÄDEN SOWIE GESCHMACKSVERLUST

Das dem Lokalantimykotikum Naftifin (EXODERIL) chemisch nahestehende per os anwendbare Terbinafin (LAMISIL) unterscheidet sich mit seiner Allylamin-Struktur von Azol-Antimykotika wie Ketoconazol (NIZORAL), hemmt jedoch ebenfalls die Ergosterol-Synthese in der Zellwand der Pilze. Nach bisheriger Kenntnis scheint es bei Dermatophyten-Infektionen der Nägel Griseofulvin (FULCIN S u.a.) überlegen zu sein. Kürzere Behandlungszyklen, geringere Rezidivraten und die einmal-tägliche Einnahme werden als Vorteile angesehen.1

Die Produktinformation des im März 1992 eingeführten Antimykotikums räumt "in seltenen Fällen ... allergische Hautreaktionen (Ausschlag, Urtikaria), Kopfschmerzen oder gastrointestinale Beschwerden wie z.B. Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit, leichte Bauchschmerzen oder Diarrhoe" ein.2 Durchfall und Bauchkrämpfe wurden uns berichtet (NETZWERK-Bericht 6082).

Nach der Markteinführung häufen sich Berichte über Geschmacksverlust oder erhebliche Geschmacksbeeinträchtigungen wie unangenehmes metallisches oder salziges Geschmacksempfinden, die innerhalb von zwölf Wochen nach Einnahmebeginn auftreten und zwei bis zwölf Wochen nach Absetzen andauern können.3,4,5 – Der lang anhaltende Effekt kann unter anderem mit der langsamen Freisetzung aus dem Fettgewebe (terminale Halbwertszeit 90 bis 100 Stunden) in Verbindung stehen. Bei einer Frau verfärbte sich zudem die Zunge von grün über blau und gelb nach orange. Ursächlich wird eine Interferenz mit der mikrobiellen Flora des Mundes diskutiert.5 Die Häufigkeit solcher Reaktionen liegt nach klinischen Studien schätzungsweise bei 0,25% bis 1% der Behandlungen.6 Die britischen Überwachungsbehörden erhielten bislang 32 Berichte über partiellen oder kompletten Geschmacksverlust bzw. Geschmacksbeeinträchtigungen. Vier Personen verloren gleichzeitig das Geruchsvermögen.6

Bedrohlicher erscheinen 7 Berichte über Leberschäden einschließlich Transaminasenanstieg, Hepatitis, Gelbsucht und einen Todesfall in Verbindung mit Terbinafin. Die Symptome beginnen innerhalb von 6 Wochen nach Therapiebeginn und klingen 4 bis 5 Wochen nach Absetzen ab. Beim verstorbenen 76jährigen Patienten mit insulinabhängigem Diabetes entwickelte sich eine intrahepatische Cholestase mit nachfolgendem hepatorenalem Versagen. Histologisch bestehen Hinweise auf einen Medikamenten-induzierten Schaden.6

Bei den 65 in Großbritannien in Verbindung mit Terbinafin beschriebenen Hautausschlägen handelt es sich überwiegend um erythematöse oder makulopapulöse Reaktionen. Schwerere Störwirkungen an der Haut sind Erythema multiforme (4 Berichte), Angioödem (2) und Photosensibilisierung (1).6 Auch 9 Meldungen über Arthralgien und Arthritiden sowie Myalgien oder Muskelschwäche (3) und Gelenkschwellungen (3)6 deuten auf ein bislang unterschätztes immunallergisches Potential des neuen Antimykotikums hin.

FAZIT: Potentiell tödliche Leberschäden, wie sie von Ketoconazol (NIZORAL) und anderen Azol-Antimykotika bekannt sind, kommen auch unter der noch gering erprobten Neuerung Terbinafin (LAMISIL) vor. Bei Hinweisen auf die wahrscheinlich immunogenen Leberfunktionsstörungen ist das Antimykotikum abzusetzen. Weitere immunogene Störwirkungen schließen Erythema multiforme, Angioödem und Photosensibilisierung ein. Terbinafin-bedingte Geschmacksbeeinträchtigungen bis hin zum totalen Geschmackverlust können bis zu 3 Monate nach Absetzen anhalten. Wir bitten um Berichte unerwünschter Wirkungen von Terbinafin an das NETZWERK.


© 1993 arznei-telegramm

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