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                            a-t 1993; Nr.06: 53nächster Artikel
Im Blickpunkt

POST VOM INSTITUT FÜR ARZNEIMITTELINFORMATION

... wie lange noch Ketorolac (TORATEX)?

18 Aktionen, um ein Produkt mit einem Weltumsatz "Take the matter to court" lesen wir in einem Aktionsplan von Syntex Medical Research Europe für das neue Analgetikum Ketorolac (TORATEX). Wir folgen dem Rat und stellen Strafanzeige wegen des Verdachts der vorsätzlichen Körperverletzung durch Inverkehrbringen von TORATEX und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (Inverkehrbringen eines bedenklichen Arzneimittels) gegen Dr. med. M. FREIE, Dr. med. Jutta SCHERER und Herrn Hubert ERVENS. Alle drei sind leitende Mitarbeiter der Syntex Arzneimittel GmbH in Aachen. Der Branchendienst Scrip (England) und Health Action International (Hai News) sowie Pharma Selecta (Niederlande) verbreiteten international Warnungen des arznei-telegramm vor Ketorolac "Concern voiced on Ketorolac".
In einem vertraulichen Papier der Syntex-Forschung in Maidenhead (Berkshire/England) wird ausführlich beschrieben, wie der bedrohlichen Lage für Ketorolac (vgl. S. 61) in Europa begegnet werden soll ("Our outside consultants believe we may well soon get press attention, including television coverage"). Ein Aktionsplan gegen das arznei-telegramm erläutert das Szenario I (passives Verhalten, keine Aktivität, der Konzern reagiert nur auf Fragen) und das Szenario II mit aktivem Vorgehen gegen das arznei-telegramm (siehe Faksimile). O-Ton Syntex:

  1. Verwickeln Sie den Herausgeber in eine persönliche Diskussion möglichst in Gegenwart eines Zeugen wie Rechtsanwalt/Notar oder eines Journalisten (aber Vorsicht, aus dem Gespräch könnten sich neue a-t-Publikationen ergeben!)
  2. Verklagen Sie den Herausgeber (Abzuwarten: "No real scenario because the only attackable issue does not guarantee an expected success")
  3. "Kaufen Sie ihn" (O-Ton: "Buy him")...

Um das Vertrauen der Ärzteschaft für Ketorolac wiederzugewinnen, wird die Einschaltung von Meinungsbildnern in Zeitschriften als Reaktion auf das a-t empfohlen und ein PR-Konzept vorgeschlagen. Prompt stellte die "Funkuhr" im März 1993 das verschreibungspflichtige TORATEX als "erfolgreich getestet" und "... ohne Nebenwirkungen" vor. Ungefähr 60 Journale der anzeigenabhängigen medizinischen Presse und ausgewählte Freelance-Journalisten sollen über TORATEX und über den Stand der Schmerzforschung berichten (Stichwort "Pain Report"). Der Syntex-Konzern will ein Schmerztelefon (Pain Phone) für Ärzte und Journalisten einrichten, Pressekonferenzen abhalten, darunter auf dem 7. Weltkongreß über Schmerzen in Paris, und schließlich soll ein Symposium folgen, auf dem Anästhesisten und Top-Journalisten über die postoperative Anwendung von TORATEX zu unterrichten sind. Bis November 1993 plant Syntex insgesamt 18 Aktionen, um ein Produkt mit einem Weltumsatz

Faksimile (verkleinert): Aktionsplan von Syntex Europe zur Reaktion auf Warnungen des arznei-telegramm vor Ketorolac (TORATEX)

von über 200 Millionen Dollar zu retten. In der Bundesrepublik haben die Verkäufe über öffentliche Apotheken abgenommen (im Juli 1992 60.000 Packungen, im März 1993 35.000 Packungen). Das Bundesgesundheitsamt muß entscheiden, welche Interessen schutzwürdiger sind – der Profit des Herstellers oder der Schutz der Patienten. Für Berichte über Störwirkungen von Ketorolac oder anderen Arzneimitteln verwenden Sie bitte den untenstehenden Kurzerhebungsbogen.

Jüngste Entwicklungen zu Ketorolac (TORATEX)
  • International wurden über 90 Todesfälle in Verbindung mit Ketorolac registriert, und die Zahl der Meldungen nimmt weiter zu.
  • Neue unabhängige Berichte deuten auf eine zunehdiversen mende Häufigkeit toxischer und allergischer Reaktionen inklusive Herz-, Kreislauf- und Leberschäden nach Ketorolac.
  • Die Syntex-Strategie, nur firmenevaluierte Berichte weiterzugeben und so Datenselektion zu gewährleiein sten, gerät dadurch ins Wanken.
  • In Frankreich, Schweden, Großbritannien und in vier weiteren europäischen Ländern besteht eine Aufla- genzulassung (keine festen Zubereitungen). Wegen Nutzen/Risiko-Bedenken ist dort nur die Injektionsform zugelassen.
  • Das Europäische Komitee für Arzneimittelsicherheit (CPMP) warnt die nationalen EG-Behörden. Dies führt zur verstärkten Lobbytätigkeit von Syntex.
  • Einige Behörden, wie z.B. die niederländische, die Keund torolac-Tabletten für ihr Land nicht zugelassen haben, wünschen die Marktrücknahme von Ketorolac in Europa.

© 1993 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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