Die Firma UCB Chemie bewirbt ihr Präparat NOOTROP für die Indikation akute und zerebrale Ischämie mit einer
Doppelblindstudie (56 Patienten), in der zusätzlich zur Hämodilution mit Piracetam behandelt wurde (Med. Welt 2/92, Autor: Prof. PLATT, Nürnberg).
In dieser Studie zeigte sich neben verbesserter Durchblutung (SPECT) auch eine signifikante Besserung der neurologischen Ausfälle (Motorik, Aphasie,
Psychosyndrom).
Kann die Therapie mit Piracetam bei ischämischem Schlaganfall inzwischen als gesichertes Behandlungsverfahren angesehen werden, bzw. enthält man
den Patienten eine wirksame Therapie vor, wenn man kein Piracetam gibt?
Dr. med. M. HEINZ (Internist)
W-8000 München 60
Der therapeutische Nutzen der Hämodilution bei der Behandlung akuter zerebraler Insulte ist nicht belegt (BACK, T., R. VON KUMMER: Dtsch. med. Wschr.
114 [1989], 350). Die Zumischung von Piracetam (NOOTROP u.a.) zu solchen Hämodilutionsverfahren geht auf HERRSCHAFT zurück, der Mitte der
80er Jahre zunächst über eine positive Erfahrung berichtet hatte. Die Studie weist Mängel auf. Faßt man die Datenlage auch von Folgestudien
zusammen, läßt sich der Nutzen von Piracetam beim akuten zerebralen Insult nicht fassen. Deshalb ist auch in der Monographie des
Bundesgesundheitsamtes nicht von Wirksamkeit, sondern nur von unterstützender Wirkung (was immer das bedeuten soll) die Rede.
Piracetam wirkt schwach zentralerregend und verändert Testparameter, die vigilanzabhängig sind. Unter hohen Dosierungen tritt das gleiche
Folgespektrum auf wie bei Amphetamin-artig wirkenden Substanzen (Agitation, Erregung, Schlafstörungen, psychomotorische Reaktionen, sexuelle Stimulation).
Die Effekte mögen symptomatisch mit Verbesserungen in Leistungsparametern einhergehen, eine Beeinflussung des Ablaufs der Erkrankung läßt sich
damit jedoch nicht erzielen. Deshalb fehlt eine rationale Begründung für die Verwendung von Piracetam beim zerebralen Insult. Es mag dahingestellt
bleiben, ob eine symptomatische Beeinflussung der Vigilanz durch zerebrale Stimulation im Einzelfall wünschenswert ist. Diese läßt sich mit
Methylxanthinen (0,2-0,6 g Koffein [COFFEINUM COMPRETTEN N u.a.] morgens und mittags) oder mit Amphetamin-artigen Substanzen wie Pemolin (TRADON u.a.;
10-30 mg morgens und mittags) erreichen. Nicht jeder Patient spricht auf eine solche Behandlung an, jedoch sind die Verläufe bemerkenswert, in denen
Durchgangssyndrome nach Insulten oder Traumen symptomatisch positiv beeinflußt werden, Red.
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