Aus Furcht vor zentralnervösen Schadwirkungen wie Krampfanfällen und Hirnschäden (vgl. a-t
2 [1990], 21) zögern viele Eltern, ihre Kinder gegen Keuchhusten impfen zu lassen, auch wenn die Pertussis-Impfung seit Juli 1991 von der Ständigen
Impfkommission wieder empfohlen wird. In Japan hatte man die Impfung mit Ganzkeimvakzine (hierzulande PERTUVAC, in DPT-Impfstoffen) wegen
Verträglichkeitsproblemen vorübergehend gestoppt und erst wieder mit der Schutzimpfung von Kindern unter zwei Jahren begonnen, als azelluläre
Impfstoffe zur Verfügung standen. Diese enthalten nur noch einzelne Komponenten des Bakteriums, verschiedene Pertussisantigene mit deutlich weniger
Pertussistoxin und Endotoxin als die klassische Ganzkeimvariante aus inaktivierten Bordetella-pertussis-Bakterien.1
In den USA ist seit gut einem Jahr eine Impfstoffkombination (Diphtherie-, Tetanus-, azelluläre Pertussis-Vakzine [DTaP], ACEL-IMUNE) ausschließlich als
4. und 5. Auffrisch-Dosis für Kinder zwischen 15 Monaten und 6 Jahren zugelassen. Bei besserer Verträglichkeit gilt die Immunogenität der 4. und 5.
Dosis mit der des Ganzkeimimpfstoffes als vergleichbar.2 Nun sehen sich hierzulande Eltern und Ärzte in Kliniken und Praxen mit dem Wunsch
konfrontiert, Kinder an der klinischen Erprobung neuer azellulärer Impfstoffe (Lederle, Mérieux, SmithKline Beecham) teilnehmen zu
lassen.3
WIRKSAMKEIT: Antikörperbestimmungen lassen keinen Vorteil für eine der beiden Impfstoffvarianten erkennen.1 Die Ergebnisse
kontrollierter vergleichender Studien zur Wirksamkeit stehen aus. Nach epidemiologischen Beobachtungen aus Japan an Kindern über zwei Jahren sind
azelluläre Pertussisimpfstoffe wirksam. In einer retrospektiven japanischen Haushaltkontakt-Studie erkrankten 43 von 62 nicht geimpften Kindern mit
pertussiskranken Angehörigen, aber nur eines der 62 zuvor mit azellulärer Vakzine geimpften über Zweijährigen (Wirksamkeitsrate 98%).
Für den Ganzzellenimpfstoff wird die Vorbeugungsrate schwerer Infektionen auf 95% beziffert.1
Weder nach Erkrankung noch nach Impfung hält die Immunität anscheinend lebenslang an. Erwachsene gelten daher als wesentliches Reservoir für
die Infektion, ohne daß sie die typischen Symptome aufweisen. Bei 118 Erwachsenen stiegen die Antikörperspiegel nach Impfung mit azellulärer
Vakzine deutlich, sanken innerhalb eines Jahres jedoch um 50%.4
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Nach Impfung mit der azellulären Variante ist seltener als nach Ganzkeimimpfstoff mit Rötungen,
Verhärtungen, Schmerz und Überwärmung an der Injektionsstelle, Fieber, Reizbarkeit und Schwindel zu rechnen. Schwerwiegende systemische
Effekte werden jedoch auch nach Verwendung des neuen Impfstoffes beobachtet, beispielsweise Hypotonie mit ungewöhnlich andauerndem Weinen und
fokale Enzephalitis mit EEG-Anomalien nach einer Auffrischimpfung sowie eine hypotone Episode bei einem sechs Monate alten Kind.1 Die Häufigkeit
solcher Störwirkungen läßt sich aufgrund unzureichender Vergleichsdaten für beide Impfstofftypen nicht beurteilen.
FAZIT: Bisherige Erfahrungen weisen auf eine zufriedenstellende Wirksamkeit der azellulären Pertussisimpfung hin. Diese scheint deutlich besser
verträglich zu sein als die klassische Ganzkeimvakzine. Kontrollierte Vergleichsstudien zur Wirksamkeit beider Impfstoffvarianten dauern an.
1 | Med. Letter 34 (1992), 69 |
2 | HERWALDT, L. A.: J. Am. Med. Ass. 269 (1993), 93 |
3 | z.B. APV-039 II, Studie der SmithKline Beecham GmbH |
4 | EDWARDS, K. M. et al.: J. Am. Med. Ass. 269 (1993), 53 |
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