Herzinsuffizienz kompliziert den Erkrankungsverlauf bei 30% bis 60% der Patienten mit akutem Myokardinfarkt.1 Besonders nach transmuralem
Infarkt und erfolgloser Lysetherapie geht Muskelgewebe unter und wird durch Bindegewebe ersetzt, das durch die Druckbelastung gedehnt wird die
sogenannte Infarktexpansion. Während der nachfolgenden Umformung des Herzens ("remodelling") hypertrophiert die verbliebene intakte
Muskulatur. Je nach Ausmaß des Infarkts nimmt die Kammer an Größe zu, und die Herzleistung läßt nach. Langzeitbehandlung mit ACE-
Hemmern kann aufgrund der Nachlastsenkung sowohl die Ventrikelvergrößerung als auch die fortschreitende Funktionseinschränkung
mindern.2,3 In der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz haben ACE-Hemmer deshalb seit längerem einen festen Platz (vgl. a-t 8 [1993], 81).
Zwei Untersuchungen dokumentieren nun auch eine Lebensverlängerung durch Captopril (LOPIRIN, TENSOBON)2 und Ramipril (DELIX, VESDIL)
3 für Infarktpatienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion. In der SAVE-Studie erhielten 2.200 Patienten mit Auswurffraktion von
40% oder weniger, aber ohne manifeste Herzinsuffizienz oder Ischämiezeichen Captopril oder Plazebo, mit Beginn der Zusatzbehandlung 3 bis 16 Tage nach
Infarkt. Innerhalb von dreieinhalb Jahren starben in der Verumgruppe fünf Prozent weniger als unter Plazebo (20% vs. 25%).1,2
In der AIRE-Studie erhielten 2.000 Patienten mit klinischen und/oder radiologischen linksventrikulären Insuffizienzzeichen, nicht aber solche mit schwerer
Herzinsuffizienz ab dem dritten bis zehnten Tag nach Myokardinfarkt zusätzlich zur Standardtherapie Ramipril oder ein Scheinmedikament. Nach Intention-to-
treat-Analyse war die Sterblichkeit innerhalb von 15 Monaten in der Behandlungsgruppe um 6% geringer als in der Kontrollgruppe (17% vs. 23%).1,3
Drei weitere große Studien mit früh (innerhalb von 24 Stunden) nach Infarkt einsetzender ACE-Hemmer-Behandlung schlossen auch Patienten ohne
Herzschwäche ein.1 CONSENSUS II wurde nach sechs Monaten wegen erhöhter Sterblichkeit unter Enalapril (XANEF) gestoppt.4
Vorläufige Ergebnisse nach fünf bzw. sechs Wochen Studiendauer deuten dagegen einen geringen, aber signifikanten Nutzen in den Verumgruppen der
beiden anderen Untersuchungen (GISSI 3, ISIS 4) an. Es scheint plausibel, daß auch hier vor allem Infarktpatienten mit Herzinsuffizienz oder herabgesetzter
Funktion der linken Kammer von der Captopril- bzw. Lisinopril (ACERBON, CORIC)-Therapie profitieren.1
Die schwedische Arzneimittelbehörde empfiehlt auf der Grundlage dieser Studien für Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer
Funktion (Auswurffraktion unter 35% bis 40%) und/oder Insuffizienzzeichen nach Herzinfarkt die Zusatzbehandlung mit einem ACE-Hemmer wie Captopril oder
Ramipril. Wichtig: Die Anwendung soll erst beginnen, wenn sich der Zustand des Patienten stabilisiert hat, frühestens jedoch ein bis drei Tage nach
dem akuten Ereignis.1
FAZIT: Zusatzbehandlung mit Captopril (TENSOBON, LOPIRIN) oder Ramipril (DELIX, VESDIL) senkt wie es scheint die Sterblichkeit von
Infarktpatienten mit Herzmuskelschwäche. In Schweden wird die ergänzende Therapie mit ACE-Hemmern bei verminderter linksventrikulärer
Auswurffraktion oder manifester Insuffizienz nach überstandenem Herzinfarkt jetzt offiziell empfohlen.
1 | Läkemedelsverket: Läkartidningen 91 (1994), 61 |
2 | PFEFFER, M. A. et al.: N. Engl. J. Med. 327 (1992), 669 |
3 | BALL, S. G. et al.: Lancet 342 (1993), 821 |
4 | COHN, J. N.: N. Engl. J. Med. 327 (1992), 725 |
|