Wiederholte Hypoglykämien machen einem gut auf Glibenclamid (EUGLUCON N u.a.) eingestellten 88jährigen Diabetiker zu
schaffen, seitdem er zur Blutdrucksenkung den ACE-Hemmer Quinapril (ACCUPRO) einnimmt (NETZWERK-Bericht 5440). Niedriger Blutzucker bis 20 mg% unter
Captopril (LOPIRIN u.a.) kompliziert die Behandlung einer 74jährigen ohne antidiabetische Begleittherapie, die an Herzinsuffizienz und absoluter Arrhythmie bei
Vorhofflimmern leidet (7180).
In Einzelfallberichten finden sich Hypoglykämien in Verbindung mit ACE-Hemmern und Insulin, Sulfonylharnstoffantidiabetika beziehungsweise Biguaniden
auch in der Literatur.1 Die Blutglukose-Werte normalisieren sich, sobald man die Dosis von ACE-Hemmer oder Antidiabetikum verringert oder eines der
beiden Mittel absetzt.1 Vermutet wird, daß ACE-Hemmer die Insulinempfindlichkeit von Zuckerkranken erhöhen oder die Zuckerneubildung in der
Leber verringern.1
Wird die Dimension dieser von den Herstellern in den Produktinformationen als selten bezeichneten Störwirkung unterschätzt? Knapp 14% aller
Krankenhausaufnahmen wegen Unterzuckerung könnten sich mit der Einnahme von ACE-Hemmern erklären lassen. Dies errechnen die Autoren einer
retrospektiv angelegten holländischen Fallkontrollstudie an 650 Kontrollpersonen und 94 auf Insulin bzw. orale Antidiabetika eingestellten Zuckerkranken, die
wegen Unterzuckerung stationär aufgenommen wurden. ACE-Hemmer erhöhen das Risiko von Krankenhausaufnahmen wegen Hypoglykämie bei
Personen, die seit mindestens einem Jahr Antidiabetika verwenden, um das Zwei- bis Vierfache.
Dieser Faktor könnte zu hoch angesetzt sein, wenn Diabetiker mit bereits erhöhtem Serumkreatinin oder Nephropathie ACE-Hemmer erhalten haben. Die
dann zu erwartende Verlängerung der Halbwertszeit von Insulin kann zum erhöhten Hypoglykämierisiko beitragen.3 Üblicherweise
nicht für Diabetiker empfohlene Wirkstoffe wie Betarezeptorenblocker, die das Spektrum der Symptome einer Hypoglykämie verändern können,
und Salizylate beeinflußten in der hier zitierten Studie nicht das Risiko von Unterzuckerungen.2
Eine Vielzahl von Krankenhausaufenthalten könnte folgen, wenn ACE-Hemmer bei Diabetikern breit verwendet werden. Durch dauerhafte Normalisierung des
Blutdrucks auf unter 140/90 mmHg läßt sich unabhängig von der Art der verwendeten Hochdruckmittel das Fortschreiten einer diabetischen
Nephropathie verlangsamen oder sogar stoppen (a-t 9 [1993], 91).
FAZIT: Nehmen Diabetiker, die auf Insulin oder orale Antidiabetika eingestellt sind, ACE-Hemmer ein, muß mit Hypoglykämien gerechnet werden, die
eine Verringerung der Dosis von blutzuckersenkendem Mittel bzw. des ACE-Hemmers erfordern.
1 | Bundesgesundhbl. 5 (1994), 238 |
2 | HERINGS, R. M. C. et al.: Lancet 345 (1995), 1195 |
3 | SAWICKI, P. T.: "Hemmung der Progression diabetischer Neuropathie", Verlag
Kirchheim, Mainz, 1994, Seite 73 |
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