In unserem Krankenhaus wird immer häufiger das Präparat ORGARAN (unterschiedliche Heparinoide mit insgesamt 750 I.E.
Anti-Xa-Faktor pro 0,6 ml) zur Thromboseprophylaxe bei heparininduzierter Thrombozytopenie eingesetzt.
Wie kann man den Faktor Xa kontrollieren?
Wie ist die Verläßlichkeit der antithrombotischen Wirkung gegenüber den Vergleichspräparaten?
Ist die Wahrscheinlichkeit, Kreuzreaktionen auszulösen, bei ORGARAN geringer als bei niedermolekularen Heparinen, und welche
anderen Substanzen empfehlen Sie, wenn Kumarine auszuschließen sind?
E. LUKATS (Ltd. Apothekerin)
D-21008 Hamburg
Das in Deutschland nicht zugelassene* Heparinoid Danaparoid (Niederlande: ORGARAN) besteht aus einem Gemisch von Nicht-Heparin-
Glukosaminoglykanen, die aus der Darmschleimhaut des Schweines gewonnen werden. Wichtigster meßbarer antikoagulatorischer Effekt ist wie bei
niedermolekularen Heparinen der hemmende Einfluß auf den aktivierten Faktor X.1 Die Anti-Faktor-Xa-Aktivität kann mit einem Test der Firma
Chromogenix überwacht werden, der hierzulande von der Firma Haemochrom Diagnostica, Essen, vertrieben wird.
Gegenüber Plazebo senkt Danaparoid die Häufigkeit tiefer Venenthrombosen bei knapp 200 an der Hüfte operierten Patienten von 57% auf
16%.2 Der antithrombotische Schutz scheint im Bereich von Standardheparinen zu liegen. Eine hinreichende Dokumentation fehlt. Vergleichsstudien mit
Heparin an chirurgischen Patienten liegen zumeist lediglich als Abstract vor. Ein randomisierter Vergleich mit 200 Patienten, dem zufolge hochdosiertes Danaparoid
bei Venenthrombosen gemessen an neu auftretenden Defekten im Ventilations-Perfusions-Szintigramm besser vor Lungenembolien schützt als
unfraktioniertes Heparin, bedarf der Bestätigung durch größere Untersuchungen mit klinischen Studienendpunkten.3
Bei bis zu 98% der Patienten mit immunogener Heparin-induzierter Thrombozytopenie (HIT Typ II) wird eine Kreuzreaktivität der
Antikörper gegen niedermolekulare Heparine nachgewiesen (vgl. a-t 6 [1994], 51),4 gegen das niedrig-
sulfatierte Danaparoid jedoch nur bei bis zu 12%.5 Einige Erfahrungsberichte lassen einen klinischen Nutzen des Heparinoids bei HIT Typ II vermuten, wenn
Grunderkrankung oder thromboembolische Komplikationen weitere Antikoagulation erfordern. Vor Anwendung ist eine Kreuzreaktivität
auszuschließen.6 Engmaschige Kontrolle der Antifaktor-Xa-Aktivität soll Blutungskomplikationen unter der hochdosierten intravenösen
Danaparoid-Behandlung vorbeugen.5
Bei Kreuzreaktionen gegen unfraktionierte und niedermolekulare Heparine sowie gegen Danaparoid und Kontraindikation oraler Antikoagulantien werden als
Alternative zwei für das Anwendungsgebiet nicht zugelassene Mittel genannt: der Prostazyklinabkömmling Iloprost (ILOMEDIN) und der Fibrinogen-
spaltende Schlangengiftauszug Ancrod (ARWIN).6 Nach Ansicht eines unserer Berater bleibt diese Empfehlung spekulativ, da der therapeutische Nutzen dieser
Mittel für die Indikation nicht hinreichend belegt ist.7
FAZIT: Für Patienten mit Heparin-induzierter Thrombozytopenie Typ II, die eine Antikoagulation benötigen, kommt das Heparinoid Danaparoid
(Niederlande: ORGARAN) in Betracht, sofern zuvor eine Kreuzreaktivität ausgeschlossen wurde. Für die breite Anwendung zur Thromboseprophylaxe
fehlen hinreichende Nutzenbelege.
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Das Bundesgesundheitsamt lehnte 1993 einen Zulassungsantrag wegen unzureichend belegter therapeutischer Wirksamkeit und
Verdacht auf unvertretbare Risiken ab.
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