Mit bewährten Mitteln wie dem Parasympathomimetikum Pilokarpin (PILOMANN u.a.) und Betarezeptorenblokkern läßt sich bei vielen
Glaukompatienten der Augeninnendruck dauerhaft unter 20 mmHg senken und ein operativer Eingriff vermeiden.
APRACLONIDIN (IOPIDINE): Das im Juli 1995 in Deutschland eingeführte Apraclonidin (= para-Amino-Clonidin; IOPIDINE 0,5%) ist ausschließlich
zur kurzfristigen Zusatztherapie des chronischen Glaukoms zugelassen, wenn der Augeninnendruck trotz ausgereizter Medikation weiter zu hoch bleibt. Der
Druckabfall entspricht mit etwa 5 mmHg dem eines Betablockers.1 Die meisten Patienten profitieren wegen Tachyphylaxie2 weniger als einen
Monat von der Behandlung.3 Bei längerfristigem Gebrauch besteht dosisabhängig1 ein ausgeprägtes Risiko der Allergisierung.
Jeder zweite Anwender einer 1%igen Zubereitung setzt das Mittel wegen allergischer Reaktionen nach durchschnittlich 4,7 Monaten ab.4
Die Clonidin (ISOGLAUCON u.a.)-Variante soll die Blut-Hirn-Schranke weniger gut überwinden als die Muttersubstanz. Systemische Effekte umfassen
Bradykardie, Palpitation, Orthostase-Reaktion, Kopfschmerzen, verringerte Libido, Beeinträchtigung von Geschmacks- und Geruchssinn, Gesichtsödem
und Schmerzen in der Brust. Hohe Abbruchraten von 15% in klinischen Studien wegen Hyperämie, Juckreiz, Augentränen, Lidödem,
Mundtrockenheit und Fremdkörpergefühl stehen der breiten Anwendung entgegen. Wer MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva oder
Sympathomimetika einnimmt, darf kein Apraclonidin erhalten.
DORZOLAMID (TRUSOPT): Mit Dorzolamid (TRUSOPT) steht seit August 1995 der erste Karboanhydrasehemmer zur örtlichen Anwendung zur
Verfügung. Er kann Betablocker ergänzen sowie als Einstofftherapeutikum dienen, wenn diese nicht wirken oder kontraindiziert sind. Dreimal täglich
eingeträufelt senkt Dorzolamid den Augeninnendruck ganztägig etwa gleich stark wie Betarezeptorenblocker6 oder Pilokarpin um 3 bis
5 mmHg5.
Die Pupillenweite bleibt unbeeinflußt. Das Sulfonamidderivat verursacht häufig allergische Reaktionen am Auge (10%) und oberflächliche
Hornhautstippung mit punktförmigen Infiltraten (bis 15%).5 Die zur besseren Wirksamkeit leicht sauer gepufferten Augentropfen brennen und stechen
bei jedem Dritten. Jeder Vierte verspürt bitteren Geschmack. Konjunktivitis und Lidreaktionen führen am häufigsten zum Abbruch der Behandlung
(3%).7 Sulfonamidtypische systemische Störeffekte kommen vor.7
FAZIT: Erstmals seit 15 Jahren ergänzen zwei neue Glaukommittel die Behandlung des erhöhten Augeninnendrucks. Die Clonidin (ISOGLAUCON
u.a.)-Variante Apraclonidin (IOPIDINE) und der erste örtlich anwendbare Karboanhydrasehemmer Dorzolamid (TRUSOPT) senken den Augeninnendruck, wenn
bewährte Mittel wie Pilokarpin (PILOMANN u.a.) und Betarezeptorenblocker wie Timolol (CHIBRO-TIMOPTOL u.a.) nicht ausreichen oder nicht verwendet
werden können. Ausgeprägte Immunogenität vor allem des Apraclonidin und vielfältige örtliche und systemische Störeffekte lassen
die Neuerungen zu Mitteln der Reserve werden. Auf Hornhautschädigung ist zu achten. Die Wirkung von Apraclonidin ist auf wenige Wochen
begrenzt.
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