logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 1996; Nr. 3: 29-30nächster Artikel
Korrespondenz

WIRKEN LIPIDSENKER KREBSERREGEND?

Einer meiner Patienten mit Hypercholesterinämie sorgte sich nach Lektüre einer Hamburger Tageszeitung, wonach Lovastatin (MEVINACOR) ... im Tierversuch kanzerogen sei. Beipackzettel, Standardnachschlagewerke und publizierte Studien geben hierzu keine Auskunft...

Dr. med. J. BEYER
D-13353 Berlin

Kalifornische Autoren eröffnen zu Jahresbeginn erneut die Diskussion über potentiell krebsfördernde Eigenschaften von Lipidsenkern (vgl. a-t 10 [1993], 98). Nach tierexperimentellen Daten, die in den amerikanischen Produktinformationen summarisch veröffentlicht werden, verursachen alle in den USA eingeführten Fibrinsäure-Derivate und Cholesterinsynthesehemmer, darunter Lovastatin (MEVINACOR), gut- oder bösartige Tumoren – vor allem der Leber und des Verdauungstraktes – bei Ratten und Mäusen (s. auch a-t 10 [1989], 91). Die Blutspiegel, unter denen die Nager der Prüfgruppe deutlich häufiger Tumoren entwickeln als das Kontrollkollektiv, liegen zum Teil in der Größenordnung der bei Menschen nach der empfohlenen Höchstdosis erreichten Werte. Wie die Lipidsenker Krebs auslösen, ist nicht geklärt. Direkte Schädigungen des Erbguts (genotoxische Effekte) scheinen keine Rolle zu spielen. Langfristige klinische Beobachtungen können die Bedenken nicht ausräumen: Es fehlen kontrollierte Studien über Zeitspannen bis zu 20 Jahren, wie sie die Entstehung von Krebs bei Menschen nach Kontakt mit einem potentiellen Karzinogen benötigen kann.1

Ein erhöhtes Krebsrisiko durch Lipidsenker hätte vor allem für sonst Gesunde mit erhöhten Blutfettwerten Bedeutung, die die Mittel u.U. jahrzehntelang einnehmen.1,2 Ein Nutzen dieser "Primärprophylaxe" der koronaren Herzkrankheit im Sinne einer verringerten Sterblichkeit ist bisher nicht hinreichend belegt. Die Ende vergangenen Jahres publizierte "West of Scotland Coronary Prevention Study" mit Pravastatin dokumentiert erstmals deutlich weniger kardiovaskuläre Todesfälle bei einem Trend zu geringerer Gesamtmortalität nach fünf Jahren.3 In den beiden größten Primärpräventionsstudien mit Fibraten liegt die Gesamtsterblichkeit unter Verum jedoch höher als unter Scheinmedikament. Die kalifornischen Autoren empfehlen, Lipidsenker gezielt einer kleinen Gruppe vorzubehalten, die – etwa nach überstandenem Herzinfarkt – ein sehr hohes Risiko trägt, an koronarer Herzkrankheit zu sterben,1 –Red.

1

NEWMAN, T. B., S. B. HULLEY: J. Am. Med. Ass. 275 (1996), 55

2

KOCH, K.: Dtsch. Ärztebl. 93 (1996), C-375

3

West of Scotland Coronary Prevention Study Group: N. Engl. J. Med. 333 (1995), 1301


© 1996 arznei-telegramm

Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 1996; Nr. 3: 29-30nächster Artikel