Ernsthafte medizinische Zwischenfälle sind bei Flugreisen glücklicherweise selten und können oft durch ärztliche Beratung und
rechtzeitige Planung vermieden werden.
Je nach Flughöhe herrscht in der Kabine ein Druck, der einer Höhe von ca. 2.000 m über dem Meeresspiegel entspricht. Dabei sinkt die
alveoläre Sauerstoffspannung von 105 mmHg auf etwa 77 mmHg. Die arterielle Sauerstoffsättigung nimmt um bis zu 10% ab. Während diese
Veränderungen Gesunde nicht beeinträchtigen, können sie Personen mit koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, chronischen
Lungenerkrankungen und Anämie gefährden. Bei ausgeprägter Ruhedyspnoe, instabiler Angina pectoris, medikamentös nicht beherrschter
Herzinsuffizienz oder Rhythmusstörung sowie schwerer Blutarmut (Hämoglobin unter 7,5 g/dl) sollen Flugreisen besser unterbleiben. Glei-ches gilt bis
mindestens zehn Tage nach unkompliziertem Herzinfarkt. Für Personen mit schwerer chronischer Atemwegserkrankung empfiehlt es sich, die Blutgase vor
Reiseantritt zu bestimmen, um einen möglichen Sauerstoffbe-darf bereits vor Flugbeginn zu erkennen. Transportable Sauerstoffgeräte dürfen mit an
Bord genommen werden.
Trockene Kabinenluft und Aufregung begünstigen Asthmaanfälle. Bei schwerer Erkrankung kann die vorbeu-gende Einnahme von 5 bis 10 mg
Prednisolon (DECORTIN H u.a.) ab zwei Tage vor dem Flug hilfreich sein. Notfallmedikamente wie Asthmasprays oder Nitroglyzerin (NITROLINGUAL u.a.)
gehören ins Handgepäck.
Durch den niedrigen Kabinendruck in der Höhe dehnen sich Gase um etwa 30% aus. Dieser auch am Knakken in den Ohren feststellbare Effekt verursacht
Schmer-zen, wenn die Ohrtrompete z.B. bei Infektionen verschlos-sen ist und einen Druckausgleich verhindert. Im Extremfall droht eine Trommelfellperforation.
Abschwellende Nasentropfen verschaffen Linderung. Aus einem Pneumothorax kann sich ein Spannungspneu entwickeln. Dehnt sich in den Darm eingebrachte
Luft (z.B. nach Kolonoskopie) oder freie abdominelle Luft nach einer Bauchoperation aus, können Schmerzen, Blutungen und Nahtüberdehnung bis zur -
ruptur resultieren. Eine Flugreise ist deshalb frühestens zehn Tage nach Operation eines Hohlorgans und drei bis vier Wochen nach unkompliziertem
Thoraxeingriff inklusive erfolgreicher Drainage eines Pneumothorax erlaubt. Wurde während einer Augenoperation Gas injiziert, muß ein Augenarzt die
vollständige Absorption zuvor bestätigen.
Die Enge im Flugzeug bietet wenig Bewegungsmöglichkeiten. Zur Vorbeugung einer tiefen Venenthrombose empfiehlt es sich, auf langen Flügen
regelmäßig umherzugehen, Wadenübungen zu machen und gegebenenfalls Kompressionsstrümpfe zu tragen. Besonders gefährdet sind
Personen mit Risikofaktoren wie Herzschwäche oder Frauen, die die "Pille" einnehmen (vgl. a-t 6 [1989], 58). Schwangere sollen ab der 37.
Schwangerschaftswoche nicht mehr fliegen, Frauen mit Mehrlingsschwangerschaft, Zervixinsuffizienz, Blutungen, verstärkter Gebärmutteraktivität
oder durchgemachter Frühgeburt nicht im letzten Schwangerschaftsdrittel. Bis zum siebten Lebenstag können Neugeborene auf Flügen in
bedrohliche Sauerstoffnot geraten, weil ihre Alveolen oft noch nicht voll entfaltet sind.
Die Zeitverschiebung durch Fernreisen bringt nicht nur den Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander ("Jet Lag"; s. auch a-t 12 [1995], 114; 9 [1986], 81), sondern z.B. auch eine Insulin- oder Antiepileptikatherapie. Eine Anpassung des
Behandlungskonzepts ist rechtzeitig zu planen. Ein Typ-1-Diabetiker beispielsweise, der im Rahmen einer intensiven Insulintherapie morgens Basalinsulin
angewendet hat, wird bei seiner Ankunft in New York um 15 Uhr Ortszeit (21 Uhr MEZ) eine weitere Dosis Verzögerungsinsulin zur Überbrückung der
nächsten sechs Stunden spritzen (ca. 1 I.E./h, zusätzlich Normalinsulin bei Mahlzeiten) und beim Zubettgehen dann die übliche Nachtdosis.
Sollen Betäubungsmittel (Opioidanalgetika u.a.) in ein EU-Land mitgenommen werden, das dem Schengener Abkommen beigetreten ist,* reicht ein vom
Arzt ausgefüllter Vordruck der Bundesopiumstelle aus. Für andere Ziele muß der Patient neben einer ärztlichen Bescheinigung eine
Einfuhrgenehmigung des Reiselandes vorweisen.
FAZIT: Ernsthafte Zwischenfälle bei Flugreisen sind selten. Die geringere Sauerstoffsättigung des Blutes aufgrund des niedrigen Kabinendrucks
bedroht Herz- und Lungenkranke sowie Personen mit schwerer Blutarmut. Bei Risikoschwangerschaft (Mehrlingsschwangerschaft, Zervixinsuffizienz u.a.) sollen
Flugreisen im letzten Trimenon unterbleiben.
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Drug Ther. Bull. 34 (1996), 30 / ati d
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Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien, Österreich, Portugal
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