Anthrazyklin-Abkömmlinge wie Daunorubicin (DAUNOBLASTIN u.a.) oder Doxorubicin (ADRIBLASTIN u.a.) gehören zu den bewährten
Zytostatika z.B. bei kindlicher Leukämie. Die seit über 20 Jahren bekannte ausgeprägte Kardiotoxizität setzt ihrer Anwendung jedoch Grenzen.
Neben frühen Herzschäden nach einzelnen Injektionen oder Behandlungszyklen und einer im Jahr nach der Therapie auftretenden Herzinsuffizienz durch
dosisabhängige Anthrazyklin-induzierte Kardiomyopathie gewinnt wegen der verbesserten Langzeitprognose die spät einsetzende
Kardiotoxizität Bedeutung.
Zuvor symptomfreie Personen erkranken Jahre bis Jahrzehnte nach der Chemotherapie an Herzschwäche und Rhythmusstörungen oder sterben
plötzlich. Ein bis zehn Jahre nach Anwendung von Anthrazyklinen leiden über 4% an Herzinsuffizienz. Viel häufiger und mit der Dauer der Nachsorge
zunehmend lassen sich echokardiographisch fortschreitende Einschränkungen der Kammerfunktion nachweisen, die ein Ansteigen auch klinischer
Dekompensationen erwarten lassen. Belastungen wie Virusinfektionen oder Schwangerschaft triggern möglicherweise die Manifestation. Histologisch fällt
ein Untergang von Myofibrillen mit späterer Fibrosierung auf, der u.a. auf freie Radikale oder toxische Metaboliten zurückgeführt wird. Versuche der
Vorbeugung mit dem bisher nur bei Frauen mit metastasiertem Brustkrebs klinisch geprüften Chelatbildner Dexrazoxan (z. B. Italien: CARDIOXANE) oder mit
verlangsamter Infusion von Doxorubicin über 48 bis 96 Stunden stehen in Verdacht, die antineoplastische Wirkung abzuschwächen. Ob Anthrazyklin-
Zubereitungen mit Liposomen weniger kardiotoxisch sind, bleibt abzuwarten.
Vor allem bei Risikofaktoren wie hoher Gesamtdosis und Bestrahlung der Herzregion ist die Kammerfunktion regelmäßig echokardiographisch zu
überwachen. Abgeleitet von den allgemeinen Empfehlungen bei Herzinsuffizienz wird bereits für Patienten im subklinischen Stadium die vorbeugende
Einnahme eines ACE-Hemmers empfohlen. In Einzelbeobachtungen wirkt der Betablocker Metoprolol (BELOC u.a.) günstig bei Anthrazyklin-bedingter
Kardiomyopathie.
FAZIT: Krebskranke, die mit Anthrazyklinen wie Doxorubicin (ADRIBLASTIN u.a.) erfolgreich behandelt wurden, sind Jahre bis Jahrzehnte später durch
Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen und plötzlichen Tod gefährdet. Patienten mit Risikofaktoren wie hoher Gesamtdosis oder Bestrahlung der
Herzregion sind regelmäßig echokardiographisch zu überwachen. Analog dem Vorgehen bei Herzinsuffizienz wird die frühzeitige vorbeugende
Einnahme eines ACE-Hemers empfohlen.
SHAN, K. et al.: Ann. Intern. Med. 125 (1996), 47/ati d
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