Sexuelle Verhaltensstörung unter Bromocriptin (PRAVIDEL u.a.): Bei einem 21jährigen, der seit Geburt mäßiggradig geistig behindert ist, wird ein Prolaktinom festgestellt, an dem er vermutlich schon seit Jahren leidet. Unter dem Dopaminagonisten Bromocriptin (PRAVIDEL u.a., täglich rund 5 mg) verkleinert sich der Tumor. Der Prolaktinspiegel fällt ab. Parallel steigt das zuvor unterdrückte Testosteron auf hochnormale Werte. Ein Jahr später fallen bei dem jungen Mann Triebhaftigkeit, sexuelle Verhaltensstörungen und Aggressivität auf, die sich erst unter Thioridazin (MELLERIL) bessern. Prolaktin steigt darunter jedoch erneut an, Testosteron fällt wiederum ab. Die Tumorgröße verändert sich nach kernspintomographischem Befund nicht (Bremer Modell/NETZWERK-Bericht 8830). Unter Bromocriptin sind psychotische Reaktionen und sexuelle Verhaltensstörungen wie unter amphetaminartigen Stimulantien beschrieben. Sie treten häufiger nach hohen Dosierungen auf und können nach Absetzen einige Wochen anhalten. Neuroleptika wie Thioridazin erhöhen durch dopaminantagonistische Wirkung den Prolaktinspiegel. Falls die Bromocriptinbehandlung fortgeführt und auf eine Operation verzichtet werden soll, ist daher ein Wechsel auf ein "atypisches" Neuroleptikum wie Clozapin (LEPONEX) mit anderer Rezeptoraffinität zu erwägen (REYNOLDS, J. E. F.: "MARTINDALE, The Extra Pharmacopoeia", The Pharmaceutical Press, Amsterdam, 31. Aufl., 1996, Seite 1155/ati d). |
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