Seit Anfang der 80er Jahre ist bekannt, dass Prostaglandin F2α im Auge vorkommt und den Augeninnendruck senkt. Jetzt sind Augentropfen mit
Latanoprost (XALATAN) erhältlich, dem ersten Prostaglandin F2α-Analogon zur Behandlung des primären Offenwinkelglaukoms.
EIGENSCHAFTEN: In der Hornhaut wird das Phenyl-substituierte Prostaglandin-Analogon zur freien Säure, der Wirkform, hydrolysiert. Diese diffundiert
in das Kammerwasser und fördert dessen Abfluss auf uveoskleralem Weg über mittlere Augenhaut und Lederhaut, während andere Glaukommittel
den Abfluss über das Trabekelwerk erhöhen oder die Bildung von Kammerwasser senken (Tabelle). Der Effekt einer Einzeldosis Latanoprost hält 20
bis 24 Stunden an. Einmal tägliches Einträufeln reicht aus.1,2
KLINISCHE ERFAHRUNGEN: In vier randomisierten Doppelblindstudien an über 900 Patienten senkt einmal täglich 0,005%iges Latanoprost den
Augeninnendruck ebenso gut (um 27% bis 35%) wie zweimal täglich 0,5%iges Timolol (TIM-OPHTAL u.a.; um 19% bis 33%).1,3 Kombinierte
Anwendung mit Dipivefrin (GLAUCOTHIL u.a.), Pilokarpin (SPERSACARPIN u.a.) oder Timolol verstärkt in kleinen Studien die Wirksamkeit im Vergleich zur
Monotherapie.1 Verdoppelung der Anwendungshäufigkeit auf zweimal täglich Latanoprost allein oder in Kombination mit Timolol verschlechtert
hingegen eher den Behandlungserfolg.3,4 Abendliches Einträufeln bringt bessere Ergebnisse als morgendliches. Vergleiche mit neueren
Glaukommitteln wie dem Karboanhydrasehemmer Dorzolamid (TRUSOPT; a-t 1 [1996], 2) fehlen.2
STÖRWIRKUNGEN: Durch Stimulation der Melaninbildung in den Melanozyten der Iris verändert sich unter der Anwendung allmählich die
Augenfarbe, nach sechs Monaten bei 7% der Patienten, nach zwölf Monaten bei 16%. Dies trifft vor allem Personen mit gemischtfarbiger Iris (grün-braun
und gelb-braun zu etwa 50% sowie grau-braun, blau-braun), seltener mit homogen blauer, grauer oder grüner Regenbogenhaut. Der Hersteller tut die
bräunliche Pigmentierung, die vor allem bei einseitiger Therapie auffällt, als unbedenkliches "kosmetisches Phänomen"2,5 ab.
Die Verfärbung schreitet nach Absetzen des Mittels nicht weiter fort, bildet sich jedoch anscheinend auch nicht zurück. Langzeitfolgen lassen sich bei den
auf zwei Jahre beschränkten Erfahrungen nicht abschätzen, zumal Prostaglandine eine Rolle bei Entzündungsreaktionen spielen. Bei
verfärbten Irides finden sich nach sechsmonatigem Gebrauch von Latanoprost keine histologischen Auffälligkeiten.6
Verschwommenes Sehen, Brennen, Hyperämie der Bindehaut, Fremdkörpergefühl und punktförmige Oberflächendefekte des
Hornhautepithels betreffen 5% bis 15% der Anwender, Augentrockenheit, Tränenfluss, Augen- und Lidschmerzen, Lidödem und Lichtscheu 1% bis
4%.4,5 Im Gegensatz zu anderen Glaukommitteln wie Pilokarpin und Betablockern bleiben systemische Effekte auf Blutdruck und Bronchien anscheinend
aus. Bei etwa 4% der Behandelten ist mit Symptomen wie Infektionen der oberen Atemwege, bei 1% bis 2% mit Schmerzen im Muskel-, Gelenk-, Rücken- und
Brustbereich sowie allergischen Reaktionen zu rechnen.5
KOSTEN: Im Vergleich zu Betarezeptorenblockern und Pilokarpin verteuert Latanoprost mit monatlichen Kosten von 31 DM pro Auge die Glaukomtherapie
um das 5- bis 14fache (Tabelle).
FAZIT: Latanoprost (XALATAN Augentropfen), das erste Prostaglandin zur Behandlung des Weitwinkelglaukoms, senkt den Augeninnendruck ebenso gut
wie die Standardtherapie mit dem Betablocker Timolol (TIM-OPHTAL u.a.). Wegen der häufigen, anscheinend irreversiblen bräunlichen Verfärbung
der Iris und der im Vergleich zu Betablockern zehnfach höheren Kosten ist das Prostaglandin Mittel der Reserve, wenn Timolol und die anderen Wirkprinzipien
gegen den grünen Star nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden.
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