Die Datenlage zu Stör- und Wechselwirkungen von Johanniskraut-Produkten (JARSIN u.a.) wird bedenklicher.1 Bei acht Patienten wird
Johanniskraut (JARSIN u.a.) mit Auslösung von Manie beziehungsweise Hypomanie in Verbindung gebracht.2-5 Auftreten des manischen
Zustandes kurz nach der Einnahme des Phytopharmakons und Abklingen der manischen Phase nach Dosisreduktion lassen einen kausalen Zusammenhang
vermuten.2 Patienten über 50 Jahre mit manifester oder latenter affektiver Störung sowie Personen mit vorausgegangenem
zerebrovaskulärem Ereignis könnten - bedingt durch reduzierten Metabolismus und erhöhte Empfindlichkeit des ZNS - ein größeres Risiko
eines (hypo)manischen Zustandes tragen.2,3,5 Allerdings ist die Störwirkung auch ohne vorangegangene bipolare Erkrankung
aufgetreten.5
Bestandteile von Johanniskraut gelten als starke Induktoren arzneimittelverstoffwechselnder Enzyme (Zytochrom P450). Die Plasmaspiegel von Ciclosporin
A (SANDIMMUN), Digoxin (LANICOR u.a.), Theophyllin (SOLOSIN u.a.), Warfarin (COUMADIN) und anderen Medikamenten
können sinken. Andererseits steigen die Konzentrationen nach Absetzen von Johanniskraut möglicherweise in den toxischen Bereich.6
In einer Studie an gesunden Freiwilligen verringert Johanniskraut die Blutspiegel des Proteasehemmers Indinavir (CRIXIVAN) beträchtlich (Fläche
unter der Konzentrationszeitkurve -57%) - ein Gefährdungspotenzial für HIV-Infizierte: Niedrige Plasmaspiegel des Proteasehemmers können mit
Resistenzbildung und Versagen der Behandlung einhergehen.7 Möglicherweise gelten entsprechende Interaktionen auch für andere
Proteasehemmer beziehungsweise antiretrovirale Mittel. Untersuchungen hierzu fehlen.6
Wechselwirkung mit dem Immunsuppressivum Ciclosporin A erwähnen wir in a-t 2000; 31: 15. Jetzt
werden konkret akute Abstoßungsreaktionen bei zwei herztransplantierten Patienten als Folge einer metabolischen Interaktion von Johanniskraut und
Ciclosporin beschrieben.8 Unter der Einnahme des Phytopharmakons fallen die Spiegel des Immunsuppressivums unter den therapeutischen Bereich. Nach
Absetzen steigen sie wieder auf das erforderliche Niveau und Abstoßungsreaktionen bleiben aus.8
In Schweden sind seit 1998 in Verbindung mit Johanniskraut sieben Berichte über Verringerung der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin
sowie acht Meldungen zu intermenstruellen Blutungen erfasst. Die Blutungsunregelmäßigkeiten setzen eine bis fünf Wochen nach Beginn
der Einnahme von Johanniskraut ein.9
Schwedische Johanniskraut-Präparate sollen jetzt den Hinweis tragen, diese generell nicht gleichzeitig mit anderen Arzneimitteln einzunehmen.9
Deutsche Produktinformationen geben den Kenntnisstand zu den Risiken allenfalls bruchstückhaft und je nach Anbieter unterschiedlich wieder. Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte will "Ergänzungen" anordnen,10 setzt aber keinen Zeitrahmen.
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