Phytoöstrogene und Endometriumkarzinom: Phytoöstrogene sind eine inhomogene Gruppe von Pflanzeninhaltsstoffen mit
Östrogen-ähnlicher oder antiöstrogener Wirkung. Sie werden hierzulande sowohl als Arzneimittel (z.B. REMIFEMIN mit Cimicifugaextrakt) als auch als
Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Vielfach gelten Phytoöstrogene als "natürliche" Alternative zu steroidalen Östrogenen in der
Hormonbehandlung der Frau in und nach den Wechseljahren (s. Seite 81). "Natürlich" darf jedoch nicht mit
"unbedenklich" verwechselt werden. Daran erinnert ein Einzelbericht: Bei einer 39-jährigen Frau wird ein Adenokarzinom des Endometriums
festgestellt. Klassische Risikofaktoren wie Adipositas oder anovulatorische Zyklen bestehen nicht. In den vorausgegangenen vier bis fünf Jahren - davon in
den letzten zwei Jahren in exzessivem Ausmaß - hat sie täglich Nahrungsergänzungsmittel aus Vitaminen und Kräutern, die Phytoöstrogene
wie Mönchspfeffer (Agni casti fructus) und chinesisches Engelwurz (Dong Quai; Angelica sinensis) enthalten, zu sich genommen. Nach dem Rat eines
"Naturopathen" wollte sie so eine Milchallergie lindern und die Gesundheit im Allgemeinen bessern. Andere Hormone, wie z.B. orale Kontrazeptiva, hat sie
nicht verwendet. Die Kausalität bleibt offen. Die Autoren geben aber zu bedenken, dass Phytoöstrogene das Risiko endometrialer Hyperplasie und
Neoplasie erhöhen können (JOHNSON, E.B. et al.: Obstet. Gynecol. 2001; 98: 947-50). Experimentelle Daten weisen in dieselbe Richtung: Bei Ratten
verstärkt Coumestrol, ein zu den Isoflavonoiden gehörendes Phytoöstrogen, durch steroidales Östrogen induziertes uterines Wachstum
(WHITTEN, P.L. et al.: J. Nutr. 1995; 125: 771S-6S). Die Nebenwirkungen von Phytoöstrogenen erscheinen unkalkulierbar. Da darüber hinaus klinische
Belege für einen Nutzen fehlen (a-t 2001; 32: 110-1), sollte auf die Verwendung solcher Pflanzenprodukte
verzichtet werden.
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