Das "TEICHMANN-Syndrom" - die Verbreitung von Firmenbotschaften unter der falschen Flagge einer wissenschaftlichen Stellungnahme von
habilitierten Meinungsbildnern (a-t 2002; 33: 97-8) - ist eine international verbreitete Marketingstrategie. So wundern
sich europäische Kardiologen über ein persönlich aufgemachtes Anschreiben mit schwedischer Briefmarke, das sie vom federführenden Autor
der LIFE*-Studie erhalten, einer von MSD finanzierten Langzeituntersuchung mit dem Angiotensin-II-Antagonisten Losartan (LORZAAR). Mit Briefkopf der
Göteborg-Universität und ohne Hinweis auf Beteiligung eines Pharmaherstellers erinnert es an die "aufregenden Neuigkeiten" der LIFE-
Studie.1,2
Wie im Fall TEICHMANN will der Absender DAHLÖF von nichts gewusst haben: Die Briefe seien ohne korrekten Absender und ohne sein Einverständnis
versendet worden.3 Die dünne Erklärung, die Firma habe sich für den "Fehler""förmlich entschuldigt" und die
Aktion nicht bezahlt, überzeugt nicht. Lässt sich das Finanzielle doch diskret über "Beraterhonorare" für Studienleiter,
"Forschungsförderung" oder Ähnliches verschleiern. Inzwischen tragen die Marketingbemühungen Früchte. Trotz der
Ungereimtheiten der LIFE-Studie (a-t 2002; 33: 35-6) will die Hochdruckliga4 Sartane jetzt auf die erste Stufe
der medikamentösen Therapie heben.
Auch das a-t ist Ziel von Hersteller/Chefarzt-Aktionen. Ein Leser macht uns auf eine als "fachwissenschaftliche Stellungnahme"5 bezeichnete
Sottise mit Bezug auf die Bewertung des Tacrolimus-Externums PROTOPIC in a-t 2002; 33: 50-1 aufmerksam,
die von Pharmareferenten der Firma Fujisawa verteilt wird. Wer diesen mit Prof. SCHÖPF unterzeichneten so genannten offenen Brief geschrieben hat, wird
schnell klar: Ganze Passagen des mit "schlechter Journalismus oder wissentliche Falschmeldung?"5 überschriebenen Textes sind
wortidentisch mit einer vom Hersteller Fujisawa im Internet verbreiteten Stellungnahme.6 Formulierungen wie, das a-t fühle sich "moralisch
verpflichtet, Ärzte und Patienten mit einer Mischung aus Falschmeldung und Desinformation in Panik zu versetzen", entsprechen der im Pharma-Marketing
üblichen Diktion - vor allem, wenn Belege für Behauptungen fehlen oder diese erst durch Fehlzitate ermöglicht werden. Beispielsweise sei "die
Behauptung, Tacrolimus-Salbe besitze fototoxisches und kanzerogenes Potenzial ... weder durch Laborexperimente noch durch klinische Studien belegt". Die
tierexperimentellen Befunde zum fotokanzerogenen Potenzial und zur erhöhten Häufigkeit von Lymphomen im Tierversuch sind jedoch im
europäischen Beurteilungsbericht klar beschrieben.7
Verfälschungen von Sachverhalten und wissenschaftlichen Daten durch das Pharma-Marketing nehmen zu. Noch bedenklicher ist aber die
Willfährigkeit mancher Professoren und Meinungsbildner, die diese Korrumpierung der Wissenschaft erst ermöglichen (s. auch Seite 117). Als Handlanger
der Pharmaindustrie schädigen sie den gesamten ärztlichen Berufsstand.
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