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Im Blickpunkt

COMET FÜR DAS MARKETING
... Carvedilol vs. Metoprolol bei Herzinsuffizienz

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Vorversion am 7. Juli 2003 als blitz-a-t veröffentlicht

Der lebensverlängernde Nutzen der Betablocker Bisoprolol (CONCOR COR u.a.) und Metoprolol in Retard-Formulierung (BELOC ZOK u.a.) bei Herzinsuffizienz ist seit Ende der 90er Jahre bekannt (a-t 1999; Nr. 2: 21-2), der von Carvedilol (DILATREND, QUERTO) wurde 2001 bestätigt (a-t 2001; 32: 62).1-3 Eine Gruppeneigenschaft scheint diese Wirksamkeit nicht zu sein: Der Betablocker Bucindolol bleibt ohne Nutzen.4 Einen direkten Vergleich des mortalitätssenkenden Effektes verschiedener Betablocker gab es bisher nicht. In vier kleinen, gemeinsam ausgewerteten und nicht primär auf Sterblichkeit angelegten plazebokontrollierten Studien sinkt die Mortalität unter Carvedilol relativ um 65%. Todesfälle in der Run-in-Phase bleiben dabei unberücksichtigt.5 In den drei großen plazebokontrollierten Studien mit Sterblichkeit als primärem Endpunkt ist die relative Risikoreduktion mit 34% unter Bisoprolol und Metoprolol sowie 35% unter Carvedilol aber annähernd gleich.1-3

In der jetzt publizierten, von den Carvedilol-Anbietern Roche und GlaxoSmithKline (GSK) finanzierten COMET**-Studie wird Carvedilol mit nichtretardiertem Metoprolol (LOPRESOR u.a.) verglichen. Die Studie beginnt im Dezember 1996 und endet im November 2002. Die Teilnehmer haben eine symptomatische Herzinsuffizienz überwiegend der NYHA-Klassen II und III (je knapp 50%). Bei gut der Hälfte liegt eine koronare Herzkrankheit zugrunde. 99% nehmen ein Diuretikum ein, 92% einen ACE-Hemmer. Carvedilol-Zieldosis ist 2 x 25 mg pro Tag, Metoprolol-Zieldosis 2 x 50 mg pro Tag. Die durchschnittliche Tagesdosis nach Abschluss der Titrationsphase beträgt 42 mg Carvedilol und 85 mg Metoprolol. Nach 4,8 Jahren sind unter Carvedilol 512 (34%) von 1.511 Patienten verstorben im Vergleich zu 600 (40%) von 1.518 unter Metoprolol. Der Unterschied ist signifikant (Number needed to treat [NNT] 4,8 Jahre = 17). Die Sterblichkeit pro Jahr beträgt 8,3% unter Carvedilol versus 10% unter Metoprolol. Ein Kombinationsendpunkt aus Gesamtmortalität und Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen unterscheidet sich nicht signifikant (74% versus 76%).6

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COMET = Carvedilol or Metoprolol Evaluation Trial

Mit täglich bis zu 100 mg nichtretardiertem Metoprolol erhält die Kontrollgruppe der COMET-Studie ein Betablockerregime, für das ein mortalitätssenkender Vorteil gegenüber Plazebo nicht belegt ist. In der einzigen 1993 veröffentlichten plazebokontrollierten Endpunktstudie mit nichtretardiertem Metoprolol bei Herzinsuffizienz (MDC***) werden klinische Verschlechterungen zwar vermindert, ein Einfluss auf die Sterblichkeit ergibt sich jedoch nicht (a-t 2002; 33: 30-1).7 Ziel- und durchschnittliche Dosis sind aber bereits in dieser Untersuchung mit täglich 100 mg bis 150 mg bzw. 108 mg höher als in COMET. Spätestens mit Publikation der MERIT-HF***-Studie im Juni 1994 ergab sich der begründete Verdacht, dass Metoprolol bei den Patienten der Kontrollgruppe fehl- und unterdosiert ist: In der MERIT-HF-Studie wird mit ZOK****-Galenik retardiertes Metoprolol geprüft, Zieldosis ist 200 mg pro Tag, die durchschnittliche Tagesdosis beträgt 159 mg. Die Sterblichkeit von Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse II-III sinkt darunter nach einem Jahr signifikant von 11% unter Plazebo auf 7,2%.2

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CIBIS = Cardiac Insufficiency Bisoprolol Study
MDC = Metoprolol Dilated Cardiomyopathy Study
MERIT-HF = Metoprolol Randomised Intervention Trial in Heart Failure

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ZOK = Zero-order Kinetic, Kinetik 0. Ordnung, (Freisetzungs-)Kinetik mit langsamer, praktisch konstanter Geschwindigkeit (vgl. a-t 2002; 33: 30).

In Kenntnis dieser und der ebenfalls 1999 publizierten Daten der CIBIS***-II-Studie mit Bisoprolol (a-t 1999; Nr. 2: 21-2) bestand die ethisch zwingende Notwendigkeit zum Handeln im Sinne des Schutzes der Patienten: Die Patienten hätten nach GCP/ICH*****-Leitlinien über den neuen Kenntnisstand und den Verdacht auf Unterdosierung im Metoprololarm aufgeklärt werden müssen, verbunden mit dem Angebot, auf retardiertes Metoprolol mit Zieldosis von täglich 200 mg, auf Bisoprolol oder auf Carvedilol zu wechseln. Einen Hinweis darauf, dass dies geschehen ist, gibt es in der Publikation der COMET-Studie nicht. Wegen des begründeten Verdachts der Gefährdung von Patienten in der Kontrollgruppe hätte das Sicherheitskomitee der Studie unseres Erachtens spätestens dann zum Abbruch raten müssen, als das in MERIT-HF geprüfte Metoprololregime auch in Leitlinien8,9 als eine der Standardtherapien mit Betablockern etabliert war. Ein Trend zu Ungunsten von 100 mg Metoprolol war zu diesem Zeitpunkt Mitte 2001 bereits erkennbar.6

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GCP/ICH = Good Clinical Practice/International Conference of Harmonisation; http://www.ich.org/ich5.html; Leitlinien zur Durchführung klinischer Studien

Die Autoren begründen die gewählten Dosierungen mit der Senkung der Herzfrequenz in Ruhe als Maß für die Betablockade, die sie aus der MDC-Studie7 einerseits und den US-amerikanischen Herzinsuffizienz-Studien mit Carvedilol1 andererseits errechnen.10 Hierbei handelt es sich jedoch um einen Surrogatparameter, der die fehlende Evidenz eines klinischen Nutzens des Metoprololregimes, das die COMET-Kontrollgruppe erhielt, nicht ersetzen kann. Kontrollgruppen klinischer Studien müssen die bestverfügbare Standardtherapie erhalten, nicht wie in COMET ein klinisch unzureichend geprüftes Regime.

Ein für die klinische Praxis relevanter Erkenntnisgewinn lässt sich aus dem nach unserer Bewertung ethisch nicht vertretbaren und wissenschaftlich fragwürdigen Design der COMET-Studie nicht ableiten. Ob eines der in der Herzinsuffizienztherapie nachweislich wirksamen und etablierten Betablockerregime den anderen überlegen ist, bleibt nach wie vor zu prüfen. Derzeit gibt es dafür keine hinreichende Evidenz.

Inzwischen wurde gegen die Verantwortlichen Strafanzeige erstattet. Roche hat eine vom Metoprolol-Anbieter AstraZeneca geforderte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung unterzeichnet, bestimmte Werbeaussagen bezüglich der COMET-Studie künftig zu unterlassen.

 In der von den Carvedilolanbietern finanzierten COMET-Studie, einem Vergleich von täglich bis zu 50 mg Carvedilol (DILATREND, QUERTO) mit täglich bis zu 100 mg nichtretardiertem Metoprolol (LOPRESOR u.a.) bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz, sind nach knapp fünf Jahren unter Metoprolol 88 Patienten mehr verstorben als unter Carvedilol (40% vs. 34%).

 Mit täglich bis zu 100 mg nichtretardiertem Metoprolol erhielt die Kontrollgruppe in COMET ein in seinem klinischen Nutzen ungeprüftes und gegenüber der mittlerweile etablierten Standardtherapie zu niedrig dosiertes Betablockerregime.

 Da Metoprolol zu niedrig dosiert wurde, lässt sich durch COMET keine spezifische, d.h. dosisunabhängige Überlegenheit von Carvedilol belegen.

 Die Studie gibt zu ethischen Bedenken Anlass, weil Patienten in der Kontrollgruppe durch Untertherapie gefährdet wurden - zum Vorteil des Produktes des Sponsors.

© 2003 arznei-telegramm

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