Vor Beginn der Pollensaison kommen zwei Histamin-Antagonisten als Augentropfen zur symptomatischen Behandlung der saisonalen allergischen
Konjunktivitis auf den Markt: Olopatadin (OPATANOL) und Epinastin (RELESTAT).
Olopatadin
In den USA gibt es Olopatadin-Augentropfen bereits seit 1997. Das Antiallergikum wurde ursprünglich für die systemische Behandlung von allergischer
Rhinitis, Asthma und Urtikaria entwickelt und ist in Japan auch als Tabletten-Zubereitung erhältlich.
EIGENSCHAFTEN: Olopatadin bindet an H1-Rezeptoren in der Bindehaut und verhindert so die Produktion
entzündungsfördernder Zytokine.1 Dass es, wie in der Fachinformation angedeutet, zusätzlich Mastzellen-stabilisierende Eigenschaften wie
beispielsweise Cromoglizinsäure (OPTICROM u.a.) aufweist, ist nicht belegt.2 Das Antiallergikum wird zweimal täglich in beide Augen getropft und
ist auch für Kinder ab drei Jahren zugelassen. Nach topischer Anwendung wird es in geringem Maß systemisch absorbiert.1
WIRKSAMKEIT: Neben Untersuchungen, in denen Olopatadin im Provokationstest mit anderen antiallergischen Augentropfen verglichen wird, gelten
zwei plazebokontrollierte und zwei verumkontrollierte Studien unter Umweltbedingungen als zulassungsrelevant.2 Olopatadin, sechs Wochen lang zweimal
täglich in beide Augen getropft, lindert demnach Juckreiz und Rötung bei 185 Patienten mit mäßiger bis schwerer saisonaler allergischer
Konjunktivitis genauso gut wie Cromoglizinsäure viermal täglich,3 ist dem Mastzellenstabilisator aber insgesamt nicht überlegen.2 In
einer unveröffentlichten sechswöchigen Studie wird der Nachweis einer Überlegenheit gegenüber Levocabastin-Augentropfen (LIVOCAB u.a.)
verfehlt. Die europäische Zulassungsbehörde EMEA geht von Gleichwertigkeit der beiden Antiallergika aus.2
Im Vergleich zu Plazebo lässt sich für die Neuerung in einer von zwei Studien kein Vorteil hinsichtlich vorbeugender oder therapeutischer Effekte
belegen.2 In der zweiten Untersuchung4 wird für den primären Endpunkt eine nicht validierte Analyse verwendet,2 sodass auch
sie unseres Erachtens nicht aussagekräftig ist. Ein präventiver Effekt ist für Olopatadin nach Einschätzung der EMEA nicht
nachgewiesen.2
In einer weiteren einfachblinden (nur Prüfer) einwöchigen Studie lässt sich für die Anwendung von Olopatadin-Tropfen zusätzlich zu
täglich 10 mg Loratadin per os (LISINO S u.a.) kein eindeutiger Zusatznutzen belegen.2,5 Ob das topische Antiallergikum Heuschnupfenbeschwerden
verringert, bleibt ebenfalls widersprüchlich.2
STÖRWIRKUNGEN: Mit örtlichen unerwünschten Effekten am Auge wie Brennen, Juckreiz, Hyperämie, Keratitis, Trockenheit und
Lichtscheu ist gelegentlich (unter 1%) zu rechnen, ebenso häufig mit systemischen Störwirkungen wie Kopfschmerz, Schwäche und
Schwindel.1 In einer Studie klagen 3% über Trockenheit von Augen und Nase sowie 1,5% über Kopfschmerzen.4
Verschwommensehen, Mundtrockenheit, Rhinitis, Erythem und Geschmacksstörungen kommen ebenfalls vor.2
KOSTEN: Die Linderung allergischer Beschwerden mit Olopatadin (OPATANOL, 2 x täglich ein Tropfen in beide Augen) kostet monatlich 21 €
und damit etwa das Vierfache einer Behandlung mit Cromoglizinsäure (4 x täglich ein Tropfen; ALERG AT: 5 €, OPTICROM: 6 €) und etwa
gleich viel wie Levocabastin (LIVOCAB u.a.: 22 € für 2 x täglich einen Tropfen in beide Augen, s. Tabelle).
Epinastin
Epinastin (RELESTAT) ist in Japan seit zehn Jahren als systemisches Antihistaminikum erhältlich und gehört dort zu den Marktführern. Die
Augentropfen-Zubereitung ist in den USA lediglich zur Vorbeugung von Juckreiz bei allergischer Konjunktivitis zugelassen. Offenbar wurde eine ursprünglich
geplante weitergehende Indikation von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA abgelehnt.6
EIGENSCHAFTEN: Das Antiallergikum bindet vorzugsweise an H1-Rezeptoren, geringer aber auch an H2-,
α- und Serotonin-Rezeptoren. Es soll 6- bis 22-mal stärker antihistaminerg als α-blockierend wirken.6 Epinastin ist für Erwachsene und
Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen und wird zweimal täglich angewendet.7
WIRKSAMKEIT: Klinische Studien mit Epinastin-Augentropfen finden wir per Datenbankrecherche (PubMed, Cochrane) nicht. Laut US-amerikanischem
Beurteilungsbericht verringert der H1-Blocker nur Juckreiz klinisch bedeutsam,6 nicht aber andere Beschwerden bei allergischer Konjunktivitis.
Über- oder Unterlegenheit gegenüber Levocabastin lässt sich nicht reproduzierbar belegen.6
STÖRWIRKUNGEN: Bis zu 10% der Anwender klagen über Augenbrennen. Weitere örtliche Störeffekte wie allergische Konjunktivitis,
Ödem oder Hyperämie der Bindehaut, Hängen des Oberlids, Absonderungen oder trockene Augen, Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen u.a.
kommen gelegentlich vor, ebenso Kopfschmerz, Asthma, Rhinitis, Mundtrockenheit und Geschmacksstörungen.7
KOSTEN: Epinastin-Augentropfen (RELESTAT, 2 x täglich ein Tropfen in beide Augen) kosten im Monat 23 € und damit das 4- bis 5fache von
Cromoglizinsäure (4 x täglich ein Tropfen; ALERG AT: 5 €, OPTICROM: 6 €) und 7% mehr als Levocabastin-Tropfen (LIVOCAB u.a.: 22 €
für 2 x täglich ein Tropfen).
Der neue Histamin-Antagonist Olopatadin (OPATANOL Augentropfen) lindert
Juckreiz und Rötung bei saisonaler allergischer Konjunktivitis nicht besser als Cromoglizinsäure (OPTICROM u.a.), kostet aber etwa das
Vierfache.
Das ebenfalls neue Epinastin (RELESTAT Augentropfen) ist in den USA im
Gegensatz zu Deutschland lediglich für die Vorbeugung von Juckreiz bei allergischer Bindehautentzündung zugelassen. Wegen fehlender
veröffentlichter Daten entzieht es sich einer Beurteilung.
Wir können für die beiden neuen Augentropfen-Zubereitungen keinen
Wirkvorteil erkennen (Scheininnovationen). Cromoglizinsäure bleibt Mittel der Wahl.
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