Adjuvante autologe Vakzinierung bei Nierenzellkarzinom: Lebensverlängernde adjuvante Therapien nach Operation wegen
Nierenzellkarzinom sind nicht bekannt. Unspezifische immunmodulierende Therapien mit Interferonen und Interleukinen sind zwar wirksam, der Nutzen ist jedoch sehr
begrenzt. Bei Metastasierung ist die Prognose weiterhin schlecht: Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren liegt bei unter 10%. Eine deutsche
Arbeitsgruppe berichtet jetzt über die Ergebnisse einer offenen randomisierten Studie zur Vakzinierung mit autologen Tumorzellen nach radikaler Nephrektomie
bei Patienten mit nicht-metastasierten Karzinomen. 558 Patienten werden der Immuntherapie oder einer alleinigen Beobachtung zugeteilt. Zur Herstellung der
Vakzine werden Tumorzellen entnommen und mit Interferon-gamma inkubiert. Auf diese Weise soll die Expression spezifischer Antigenstrukturen an den
Oberflächen gefördert und ihre Immunogenität gesteigert werden. Anschließend werden die Zellen mit Kälte abgetötet. Der Impfstoff
wird sechsmal im Abstand von vier Wochen subkutan gespritzt. Bei den Patienten der Kontrollgruppe wird innerhalb von fünf Jahren signifikant häufiger
eine Progression der Erkrankung (definiert als lokales Rezidiv, Metastasierung oder Versterben; primärer Endpunkt) beschrieben als bei den geimpften (39%
gegenüber 26%; relatives Risiko 1,58; 95%-Konfidenzintervall 1,05-2,37). Mit der Vakzinierung soll eine Progression im Mittel 21 Monate später eintreten.
Es profitiert allerdings nur die nachträglich definierte Subgruppe der Patienten mit T3-Tumoren. Der Impfstoff wird gut vertragen. Unterschiede hinsichtlich
Lebensqualität ergeben sich nicht (JOCHAM, D. et al.: Lancet 2004; 363: 594-9). Wegen erheblicher methodischer Mängel sind die Ergebnisse der Studie
nicht verwertbar. Die Randomisierung wird vor der Operation durchgeführt. Nach dem Eingriff und in Kenntnis der Zuteilung werden dann 174 Patienten (32%)
von der Studie ausgeschlossen. Dieses Verfahren bedingt einen Selektions-Bias. Tatsächlich scheiden in der Impfgruppe deutlich mehr Patienten (99) aus als
in der Kontrollgruppe (75). Behandelnde und Auswertende sind nicht verblindet. Bei der Erfassung der Rezidive mit klinischen und bildgebenden Methoden, die
zudem nicht näher beschrieben werden, können somit subjektive Einflüsse zu Verzerrungseffekten führen. Mit dem Progressions-freien
Überleben ist ohnehin ein störanfälliger Endpunkt mit unklarer klinischer Bedeutung gewählt. Daten zum wichtigsten Endpunkt
Gesamtüberleben fehlen. Bereits 1996 gab es so ernste Zweifel am Konzept der Studie, dass die deutsche Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie es
ablehnte, die Studie in ihr Register aufzunehmen und Patienten die Teilnahme zu empfehlen (SZ vom 24. Febr. 2004; Seite 10). In der Publikation bleiben diese
Hintergründe unerwähnt, -Red.
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