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Kurz und bündig

Kortikoide erhöhen Mortalität bei akutem Schädel-Hirn-Trauma: Bis Anfang der 90er Jahre wurden bei Schädel-Hirn- Trauma verbreitet Kortikoide zur Prophylaxe von Hirnödem und Hirndruckanstieg verwendet. Eine 1997 publizierte Metaanalyse von 13 randomisierten Studien mit ca. 2.000 Patienten lässt jedoch keinen Nutzen erkennen (ALDERSON, P.: BMJ 1997; 314: 1855-9). Wegen positiver Studien mit Methylprednisolon (URBASON u.a.) in hoher, membranstabilisierender Dosierung bei akuter Rückenmarksverletzung wurden ausreichend große kontrollierte Studien gefordert. In der vom britischen Medical Research Council koordinierten CRASH*-Studie erhalten 10.008 Patienten zwischen 1999 und 2004 randomisiert und doppelblind Methylprednisolon (2 g i.v. in der ersten Stunde, dann 48 Stunden lang 0,4 g pro Stunde) oder Plazebo. Sie müssen einen Glasgow Coma Score** unter 15 aufweisen, das Trauma darf maximal acht Stunden zurückliegen und der Notarzt keine sichere Indikation oder Kontraindikation für ein Kortikoid sehen ("uncertainty principle"). Die Teilnehmer sind im Mittel 37 Jahre alt, 70% haben eine mäßige oder schwere Schädel-Hirn-Verletzung, in 64% ist ein Verkehrsunfall die Ursache. Die Studie wird vorzeitig beendet, weil die Sterblichkeit (primärer Endpunkt) in einer geplanten Zwischenauswertung unter dem Steroid erhöht ist (21,1% versus 17,9%; relatives Risiko 1,18; 95% Vertrauensbereich 1,09 bis 1,27). Gemäß vordefinierter Subgruppen- Analysen ist das Ergebnis unabhängig von der Schwere des Traumas und vom Zeitverzug bis zum Studieneinschluss. Weitere Analysen finden zudem keinen Zusammenhang mit der Art der CT-Befunde oder dem Vorliegen relevanter extrakranieller Verletzungen. Neurochirurgische Eingriffe, Krämpfe sowie infektiöse und andere Komplikationen sind unter Methylprednisolon nicht häufiger als unter Plazebo (CRASH trial collaborators: Lancet 2004; 364: 1321-8). Der Grund für die Übersterblichkeit unter dem Kortikoid bleibt somit unklar. Dennoch gibt die Studie auch nach Einschätzung des begleitenden Editorials eine verlässliche Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert von Kortikoiden beim Schädel-Hirn-Trauma (SAUERLAND, S., MAEGELE, M.: Lancet 2004; 364: 1291-2). Die Auswertung der Sechs-Monatsdaten zu Sterblichkeit und Behinderung steht noch aus, -Red.

*

CRASH = Corticosteroid Randomisation After Significant Head Injury

**

Glasgow Coma Score = Skala von 3 bis 15. Werte über 13 entsprechen leichter, 9 bis 12 mäßiger und unter 8 schwerer Hinschädigung.

© 2004 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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