AROMATASEHEMMER IN DER ADJUVANTEN | ||||||||
Als Mittel der Wahl zur hormonellen adjuvanten* Therapie des Brustkrebses gilt bislang das Antiöstrogen Tamoxifen (NOLVADEX u.a.; a-t 2002; 33: 65). Die empfohlene fünfjährige Einnahme wirkt lebensverlängernd und besser als eine
kürzere Anwendungsdauer. Seit vor zweieinhalb Jahren die ersten Ergebnisse aus der ATAC**-Studie mit Anastrozol (ARIMIDEX) publiziert wurden (a-t 2002; 33: 93-4),1 wird diskutiert, ob neuere Aromatasehemmer dem Tamoxifen in dieser Indikation
möglicherweise überlegen sind. Bei mehr als 9.000 Frauen nach den Wechseljahren mit überwiegend Hormonrezeptor-positivem operablen
Brustkrebs, die zur adjuvanten Therapie fünf Jahre lang entweder täglich 1 mg Anastrozol, 20 mg Tamoxifen oder eine Kombination aus beiden
einnehmen, ergibt sich in einer Zwischenanalyse nach 33 Monaten (2,8 Jahre) unter dem Aromatasehemmer eine signifikant höhere Rate krankheitsfreien
Überlebens, jedoch kein Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit.1 Weil der Nutzen von Tamoxifen während einer bis zu fünfjährigen
Einnahme mit der Dauer der Anwendung zunimmt, ließ sich aus den 33-Monats-Daten das Abschneiden von Anastrozol bei Studienende (nach fünf
Jahren) nicht vorhersagen.2 Der Kombinationsarm Tamoxifen plus Anastrozol wurde wegen fehlender Vorteile gegenüber Tamoxifen allein
gestoppt.3
In ihrer neuesten Leitlinie4 empfiehlt die amerikanische Gesellschaft für klinische Onkologie (ASCO) jetzt, in die adjuvante hormonelle Therapie des Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms bei Frauen nach den Wechseljahren*** zur Senkung des Rezidivrisikos einen Aromatasehemmer aufzunehmen. Eine klare Indikation für die initiale Therapie mit einem Aromatasehemmer ist gegeben, wenn bei diesen Frauen eine Kontraindikation für Tamoxifen besteht. Alle anderen können entweder eine fünfjährige Aromatasehemmertherapie wählen oder - auf der Basis der IES****-Studie5 mit Exemestan (AROMASIN; a-t 2004; 35: 37-8) bzw. der MA****-17-Studie6 mit Letrozol (FEMARA; a-t 2003; 34: 99-100) - nach zwei- bis drei- bzw. fünfjähriger Tamoxifeneinnahme jeweils auf einen Aromatasehemmer wechseln. Exemestan und Letrozol haben in diesen Studien ebenfalls die Chance für das krankheitsfreie Überleben signifikant verbessert. Durch adjuvante Therapie mit Letrozol im Anschluss an eine fünfjährige Tamoxifeneinnahme soll nach vorläufigen Daten in der Subgruppe der Frauen mit initialem Lymphknotenbefall auch die Gesamtsterblichkeit signifikant gesenkt worden sein.4 Eine vollständige Publikation dieser Nachauswertung der MA-17-Studie fehlt bisher jedoch.
Aromatasehemmer haben ein anderes Störwirkungsprofil als Tamoxifen. Knochenbrüche sowie Muskel- oder Gelenkbeschwerden nehmen im Vergleich mit Tamoxifen bzw. Plazebo zu.4 Dagegen sind unter Anastrozol und Exemestan weniger Endometriumkarzinome und Thromboembolien,1,3,5 unter Anastrozol auch weniger zerebrovaskuläre Ischämien als unter Tamoxifen dokumentiert.1,3 Kardiovaskuläre Komplikationen kommen möglicherweise häufiger vor. Die Langzeittoxizität ist nicht bekannt. Unklar ist auch, ob und inwieweit sich das Störwirkungsprofil der Aromatasehemmer untereinander unterscheidet.4 Eine Zulassung in der adjuvanten Therapie des Brustkrebses hat in Deutschland unter den Aromatasehemmern derzeit nur Anastrozol (ARIMIDEX) und zwar nur bei Kontraindikation gegen Tamoxifen (NOLVADEX u.a.).7 Während der therapeutische Stellenwert von Anastrozol hier unbestritten ist, lässt sich unseres Erachtens aus den vorliegenden Daten für die anderen potenziellen Indikationen von Aromatasehemmern in der adjuvanten Therapie bislang kein neuer Therapiestandard ableiten. Frauen nach den Wechseljahren mit Hormonrezeptor-positivem operablen Brustkrebs sollten über den Kenntnisstand - die gleichsinnige Senkung des Rezidivrisikos unter Aromatasehemmern in drei großen Studien - sowie den Stand des Nichtwissens - die offenen Fragen vor allem zum Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit, zur optimalen Einnahmedauer, zum Verlauf nach Abschluss der Aromatasehemmertherapie, zur Behandelbarkeit von Rezidiven nach adjuvanten Aromatasehemmern sowie zur Langzeittoxizität der neuen Mittel - informiert werden und auf dieser Basis entscheiden. |
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(R = randomisierte Studie) | |
R | 1 | The ATAC (Arimidex, Tamoxifen Alone or in Combination) Trialists' Group: Lancet 2002; 359: 2131-9 |
2 | WINER, E.P. et al.: J. Clin. Oncol. 2002; 20: 3317-27 | |
R | 3 | ATAC Trialists' Group: Lancet 2005; 365: 60-2 |
4 | American Society of Clinical Oncology: http://www.jco.org/cgi/reprint/JCO.2005.09.121v1.pdf | |
R | 5 | COOMBES, R.C. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 350: 1081-92 |
R | 6 | GOSS, P.E. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 349: 1793-802 |
7 | AstraZeneca: Fachinformation ARIMIDEX, |
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