Leitlinien im Interessenkonflikt: Leitlinien sollen zur Qualitätsverbesserung der Therapie beitragen. Vorbehalte bestehen, weil ihre Zahl
unüberschaubar und die Qualität sehr unterschiedlich ist (a-t 2000; 31: 89-90). Interessenkonflikte
können zur Minderqualität beitragen. Mit "Evidenz-Schönung" ist besonders dann zu rechnen, wenn Leitlinienautoren finanzielle
Verflechtungen mit Herstellern haben. So lässt sich beispielsweise die sonst nicht nachvollziehbare positive Bewertung von Pestwurz (PETADOLEX) als Mittel
der zweiten Wahl zur Migräneprophylaxe in der Migräneleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erklären (a-t 2004; 35: 43 und 2005; 36: 82-3). Eine Studie zu finanziellen
Interessenkonflikten bei 200 Leitlinien aus aller Welt, die dem US-amerikanischen National Guideline Clearinghouse 2004 zugegangen sind, veranschaulicht jetzt
erneut die Dimension des Problems. Nur 90 Arbeiten (45%), an denen insgesamt 685 Autoren beteiligt sind, enthalten Angaben zu Interessenkonflikten. 240 Autoren
(35%) geben diese an. 153 (22%) haben Beraterverträge, 143 (21%) erhalten Forschungsgelder, 103 (15%) halten Vorträge und 16 (2%) haben Aktien -
jeweils bezogen auf Firmen, deren Produkt(e) in den Leitlinien behandelt werden. 10 (1%) haben "andere" Interessenkonflikte (Nature 2005; 437: 1070-1).
Da Leitlinien speziell dafür geschrieben werden, die Therapie von Ärzten zu beeinflussen, können sich Interessenkonflikte verheerend auswirken
und die Qualität der Therapie verschlechtern. In der Untersuchung werden lediglich Eigenangaben der Autoren ausgewertet. Daher ist davon auszugehen,
dass Interessenkonflikte eine noch größere Rolle spielen, als sich aus der Nature-Veröffentlichung ergibt. Erfahrungsgemäß werden selbst
relevante Beeinflussungsfaktoren verschwiegen, -Red.
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