VENLAFAXIN (TREVILOR) - | ||||
Gibt es eine eindeutige therapeutische Überlegenheit von Venlafaxin (TREVILOR) gegenüber selektiven Serotonin-
Wiederaufnahmehemmern (SSRI)?
Wyeth hat in den vergangenen Jahren diverse Metaanalysen gesponsert, nach denen das Firmenprodukt Venlafaxin (TREVILOR), ein Serotonin- und
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, bei Depression besser wirken soll als selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin (FLUCTIN
u.a.).1-9 Allein die gemeinsame Auswertung von acht randomisierten Vergleichsstudien mit insgesamt gut 2.000 Patienten ist bis heute mindestens siebenmal
unter verschiedenen Gesichtspunkten wie Ansprechrate oder "Tage ohne Depression" publiziert worden.1-7 Auch in der Werbung beruft sich der
Hersteller auf diese Auswertung.10 Eine von Wyeth gesponserte systematische Übersicht von 20029 hat inzwischen Eingang gefunden in
eines der wichtigsten Nachschlagewerke der evidenzbasierten Medizin, "Clinical Evidence", ohne dass hier noch auf den Sponsor der Arbeit
hingewiesen wird.11 Wyeth hat aber nicht nur die Erstellung der Arbeit finanziert. Zwei der Autoren haben auch Vortragshonorare im Zusammenhang mit der
Übersicht erhalten,9 sich also offenbar die Präsentation der Daten bezahlen lassen. Mitarbeiter des nordischen COCHRANE-Zentrums in
Kopenhagen folgern aus einem Vergleich von unabhängigen und industriefinanzierten Metaanalysen, dass systematische Übersichten zu Arzneimitteln
nicht von der Industrie gesponsert werden sollten. Werden Reviews dennoch von der Industrie finanziert, sollte man diesen keinen Glauben
schenken.12
Nach überwiegend vom Hersteller Wyeth finanzierten Metaanalysen von zumeist ebenfalls firmengesponserten vergleichenden Studien soll der Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin (TREVILOR) bei Depression einen geringfügigen, aber signifikanten Vorteil haben gegenüber selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) wie Fluoxetin (FLUCTIN u.a.), nicht aber gegenüber Trizyklika. Einen überzeugenden Beleg für den Vorteil von Venlafaxin gegenüber SSRI sehen wir nicht. Der geringfügige Unterschied ist mit den erheblichen potenziellen Verzerrungen in den zu Grunde liegenden Studien erklärbar. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat der Firma Wyeth Anfang 2004 verboten, mit einer Überlegenheit von Venlafaxin gegenüber SSRI zu werben. |
| (M = Metaanalyse)
| |
M | 1 | THASE, M.E. et al.: Brit. J. Psychiatry 2001; 178: 234-41 |
M | 2 | ENTSUAH, A.R. et al.: J. Clin. Psychiatry 2001; 62: 869-77 |
M | 3 | STAHL, S.M. et al.: Biol. Psychiatry 2002; 52: 1166-74 |
M | 4 | MALLICK, R. et al.: J. Clin. Psychiatry 2003; 64: 321-30 |
M | 5 | ENTSUAH, R., GAO, B.: CNS Spectr. 2002; 7: 882-8 |
M | 6 | TRIVEDI, M.H. et al.: J. Clin. Psychopharmacol. 2004; 24: 497-506 |
M | 7 | THASE, M.E. et al.: J. Women's Health 2005; 14: 609-16 |
M | 8 | EINARSON, T.R. et al.: Clin. Ther. 1999; 21: 296-308 |
M | 9 | SMITH, D. et al.: Brit. J. Psychiatry 2002; 180: 396-404 |
10 | Wyeth: Werbung für Venlafaxin, Akt. Neurol. 2004; 31: 110a | |
11 | BUTLER, R. et al.: Clin. Evid. 2005; 13: 1238-76 | |
12 | JØRGENSEN, A.W., GØTZSCHE, P.C.: Fifth International Congress on Peer Review and Biomedical Publication, Chicago, Sept. 2005; http://www.ama-assn.org/public/peer/prc2005prog.pdf | |
13 | SIMON, G.E.: EBM 2002; 7: 177 | |
14 | FDA: Schreiben an Wyeth Pharmaceuticals, USA, vom 26. März 2004; http://www.fda.gov/cder/warn/2004/Effexor.pdf | |
M | 15 | HANSEN, R.A. et al.: Ann. Intern. Med. 2005; 143: 415-26 |
16 | Committee on Safety of Medicines: Questions and answers on findings of CSM expert working group, 6. Dez. 2004; http://www.mhra.gov.uk/home/ groups/pl-p/documents/drugsafetymessage/ con019471.pdf |
© 2005 arznei-telegramm |
Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten
Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.