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Schwere Leberschäden unter Antibiotikum Telithromycin (KETEK): Eine 50-Jährige mit Pneumonie entwickelt wenige Tage nach 18-tägiger Einnahme des als Ketolid bezeichneten Makrolidanalogons Telithromycin (KETEK) eine schwere Leberschädigung mit histologisch nachgewiesenen Nekrosen, die als medikamentös-toxischer Leberzellschaden diagnostiziert wird. Auch einen Monat nach Symptombeginn ist die Patientin nicht wiederhergestellt (NETZWERK-Bericht 12.594). In einer Vorveröffentlichung berichten jetzt auch US-amerikanische Ärzte aus einem medizinischen Zentrum in North Carolina über schwere Leberschäden bei drei sonst gesunden Patienten nach drei- bis fünftägiger Behandlung eines Infektes mit dem Antibiotikum. Die Betroffenen entwickeln innerhalb weniger Tage Symptome einer akuten Hepatitis mit Dunkelfärbung des Urins, Gelbsucht und Anstieg der Leberwerte. Nur bei einem Patienten bessern sich die Beschwerden nach Absetzen, bei einer 51-Jährigen wird eine Lebertransplantation erforderlich. Ein 26-Jähriger verstirbt trotz intensiver Therapie unter dem Bild des Multiorganversagens. Auch hier finden sich histologisch bei zwei der drei Patienten massive Lebernekrosen, die mit einer arzneimittelinduzierten Schädigung vereinbar sind. Dem Hersteller Sanofi Aventis und den Behörden liegen weitere Berichte zu Leberschäden in Verbindung mit Telithromycin vor (CLAY, K.D. et al.: Ann. Intern. Med. 2006; 144 (6), zu finden unter: http://www.acponline.org/journals/annals/hepatotoxicity.htm). Ein niedergelassener Kollege schreibt uns, dass in seiner Praxis KETEK nicht mehr beworben wird und er keine Muster mehr erhält, seitdem er der Firma über einen Patienten mit Stuhlverfärbung und dunklen Urin nach Einnahme von Telithromycin berichtet hat (NETZWERK-Bericht 13.991). In der deutschen Fachinformation wird bislang bei eingeschränkter Leberfunktion zur Vorsicht geraten und cholestatischer Ikterus und Hepatitis als seltene bzw. sehr seltene Störwirkungen erwähnt (Sanofi-Aventis: Fachinformation KETEK, Stand Juni 2005). Die europäische Arzneimittelbehörde EMEA will jetzt die Formulierungen verschärfen (EMEA, Presseerklärung vom 27. Jan. 2006 http://www.emea.eu.int/pdfs/human/press/pr/2938606eu.pdf). Da wir keine klinisch relevanten Vorteile gegenüber herkömmlichen ambulant verwendeten Antibiotika ausmachen können, sehen wir für Telithromycin keine Indikation in der ambulanten Versorgung (a-t 2001; 32: 99-100).

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Vorversion am 20. Januar 2006 als blitz-a-t veröffentlicht.

© 2006 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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