Das Arzneimittelkomitee (CHMP) der Europäischen Arzneimittelbehörde EMEA hat seine Bewertung der Neurodermitis-Externa Pimecrolimus (DOUGLAN, ELIDEL) und Tacrolimus (PROTOPIC) hinsichtlich eines potenziellen Krebsrisikos (a-t 2005; 36: 32)
abgeschlossen. Das Ergebnis: Das CHMP kann einen Zusammenhang zwischen den beiden Externa und den unter der Anwendung beobachteten
Krebserkrankungen zwar nicht belegen, aber auch nicht ausschließen. Da es Jahre dauern kann, bis Ergebnisse aus Langzeitstudien vorliegen, rät die
Behörde zu größerer Vorsicht bei der Anwendung als bisher.1 Gleichzeitig wird die Indikation von Pimecrolimus eingeschränkt: Das
topische Immunsuppressivum erhält nun auch in Europa Reservestatus und darf nur noch verwendet werden, wenn örtliche Kortikosteroide nicht
vertragen werden, nicht hinreichend wirken oder eine längere Behandlung, beispielsweise im Gesicht, nicht ratsam ist. Die Anwendung soll intermittierend, so
kurz wie möglich und keinesfalls dauerhaft erfolgen.2 Konsequenterweise wurde endlich der frühere Hinweis gestrichen, demzufolge es keine
Beschränkung hinsichtlich Tagesdosis, maximal behandelbarer Körperoberfläche und Behandlungsdauer gäbe. Tacrolimus hatte bereits zuvor
Reservestatus.
In den Fachinformationen von ELIDEL und DOUGLAN werden künftig auch die Daten aus einer Untersuchung zur oralen Anwendung von Pimecrolimus bei
Affen beschrieben, die zu den Warnungen der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA vergangenes Jahr beigetragen haben. Dort war ein
dosisabhängiger Anstieg von Lymphomen aufgefallen, und zwar unter allen geprüften Dosierungen. "Das Fehlen eines NOAEL (No
Observed Adverse Effect Level, also einer Dosis, bei der kein Effekt auftritt, -Red.) verhindert die Abschätzung eines
Sicherheitsabstands zwischen einer nicht-karzinogenen Konzentration beim Affen und der Exposition der Patienten."2 Die Blutspiegel unter der
niedrigsten geprüften karzinogenen Dosis entsprechen laut geänderter Fachinformation dem 31fachen der höchsten beim Menschen beobachteten
Konzentration.2 In der Praxis dürften jedoch auch beträchtlich höhere Blutspiegel vorkommen.
Das CHMP folgt mit seiner Einschätzung der Bewertung der FDA. Diese hatte bereits vergangenes Jahr vor einem möglichen Krebsrisiko unter
Pimecrolimus und Tacrolimus gewarnt. Dies war bei dermatologischen Fachgesellschaften weltweit auf Ablehnung gestoßen. Wie die Hersteller der topischen
Immunsuppressiva verwiesen sie darauf, dass ein erhöhtes Krebsrisiko nicht "belegt" sei. Der Präsident der Europäischen Akademie
für Dermatologie und Venerologie, gleichzeitig Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie, befürchtete
gar, dass Patienten wegen der Warnungen unter anderem wieder häufiger mit systemischen Immunsuppressiva behandelt würden3 - was vor
allem bei Pimecrolimus angesichts der Zulassung nur bei leichtem bis mittelschwerem atopischen Ekzem und des dürftig dokumentierten Nutzens (a-t 2004; 35: 42-3) schlicht absurd erscheint. Seit Jahresbeginn tragen die US-amerikanischen Produktinformationen
beider Neurodermitis-Externa einen besonders hervorgehobenen Warnhinweis ("black box"), in dem auf die fehlenden Kenntnisse zur langfristigen
Sicherheit der Mittel und die beobachteten Erkrankungen an Hautkrebs und Lymphomen hingewiesen wird.4
Pikant: Am selben Tag, an dem das CHMP die Änderungen der europäischen Fachinformationen beschließt, droht ELIDEL-Hersteller Novartis der
SECURVITA Krankenkasse mit einer Strafe von 10.000 €, wenn sie weiterhin verbreiten würde, "dass ELIDEL im Verdacht stehe, Krebs
auszulösen und dass die US-Arzneimittelbehörde wegen Krebsverdacht einen offiziellen Warnhinweis gegen die Wirkstoffe dieser Cremes erlassen
habe."5 Die Krankenkasse hatte die Zeitschrift Öko-Test kritisiert, weil diese ELIDEL als "sehr gut" bewertet hatte, ohne den
Krebsverdacht hinreichend zu berücksichtigen.
Die Europäische Arzneimittelbehörde kann einen
Zusammenhang zwischen den Neurodermitis-Externa Pimecrolimus (DOUGLAN, ELIDEL)
und Tacrolimus (PROTOPIC) und den unter der Anwendung beobachteten
Krebserkrankungen weder belegen noch ausschließen.
Im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes rät die Behörde
deshalb zu größerer Vorsicht.
Pimecrolimus ist jetzt auch in Europa nur noch als Mittel der zweiten Wahl
zugelassen. Tacrolimus hatte zuvor bereits Reservestatus.
Leitlinien wie die der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft6, in
denen Pimecrolimus als Mittel der ersten Wahl eingestuft wird, sind entsprechend anzupassen.7
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