Thrombosen unter Drospirenon-haltigen Antibabypillen: Eine 29-Jährige, die mit der Hormonkombination aus Ethinylestradiol und
Drospirenon YASMIN verhütet, bricht plötzlich im Kaufhaus zusammen. In den Wochen zuvor war bei Belastung häufiger Herzrasen mit Dyspnoe
aufgetreten. Im Krankenhaus werden eine beidseitige Lungenembolie sowie eine Infarktpneumonie rechts festgestellt (NETZWERK-Bericht 14.117). Unserem
NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION gingen drei weitere Berichte über thromboembolische Ereignisse unter den Drospirenon-haltigen
Kontrazeptiva YASMIN und PETIBELLE zu (14.194, 12.267, 12.131). Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft dokumentiert inzwischen 124
entsprechende Berichte, davon 33-mal Lungenembolie und achtmal ein zerebrales Geschehen. 44 geschädigte Frauen sind 25 Jahre und jünger
(AkdÄ: Datenstand vom 18. Sept. 2006). Venöse Thromboembolien (VTE) kommen bei jungen Frauen selten vor. Für unter 45-Jährige, die
keine oralen Kontrazeptiva anwenden, wird mit 5 bis 10 Ereignissen pro 100.000 Frauenjahre gerechnet. Die Einnahme der "Pille" erhöht das Risiko, wobei
mehrere epidemiologische Studien eine besondere Gefährdung durch orale Kontrazeptiva der 3. Generation mit Desogestrel (MARVELON u.a.) und mit
Gestoden (FEMOVAN u.a.) gegenüber Zweitgenerationspillen z.B. mit Levonorgestrel (MICROGYNON u.a.) erkennen lassen. Die Inzidenz thromboembolischer
Komplikationen wird für orale Kontrazeptiva der 2. Generation auf 20/100.000 Frauenjahre geschätzt und für solche der 3. Generation auf 30-
40/100.000 Frauenjahre (vgl. a-t 2001; 32: 84). Für neuere Gestagene wie Drospirenon fehlen
valide Daten zur Thrombogenität. Schwedische Autoren errechnen aus den der schwedischen Arzneimittelbehörde gemeldeten Spontanberichten
unerwünschter Ereignisse und den Verkaufszahlen für YASMIN eine Inzidenz thromboembolischer Komplikationen von 46/100.000 Frauenjahre und
schließen auf eine den Drittgenerationspillen vergleichbare Häufigkeit (KIELER, H. et al.: Läkartidningen 2003; 100: 3050-2 [zit. nach Abstract]). In
Norwegen wurden Drospirenon-Kontrazeptiva 2002 wegen der dort beobachteten Störwirkungen unter besondere Beobachtung gestellt (a-t 2002; 33: 54). Eine britische Postmarketingstudie, in der Drospirenon-Anwenderinnen mit Hilfe von
Verordnungsdaten identifiziert und deren behandelnde Ärzte bezüglich aufgetretener Schadeffekte angeschrieben werden, dokumentiert 13 tiefe
Venenthrombosen bzw. Lungenembolien pro 9.482 Frauenjahre. Dies entspricht einer Inzidenz von 137/100.000 Frauenjahre (PEARCE, H.M. et al.: Brit. J Clin.
Pharmacol. 2005; 60: 98-102). Die Erhebung birgt mehrere Verzerrungsmöglichkeiten, beispielsweise liegt nur von der Hälfte der Ärzte eine Antwort
vor, sodass die Erkrankungsrate überschätzt sein könnte. Trotz eingeschränkter Validität weisen die Daten aber auf ein deutliches
Risikosignal für Drospirenon-haltige Kontrazeptiva hin. Dies gilt unseres Erachtens auch die Neuerungen AIDA und YASMINELLE (siehe Seite 93) mit reduziertem Östrogen-, aber unverändertem Drospirenon-Gehalt.
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