ERHÖHTE MORTALITÄT: AUS FÜR APROTININ (TRASYLOL)
* Vorversion am 5. Nov. 2007 als blitz-a-t veröffentlicht.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit sofortiger Wirkung das Ruhen der Zulassung für das Antifibrinolytikum Aprotinin (TRASYLOL) angeordnet.1 Auch andere Behörden wie die US-amerikanische FDA und Health Canada fordern den Hersteller Bayer zur Marktrücknahme auf.2,3 Gleichzeitig erklärt Bayer, die Vermarktung weltweit auszusetzen.4 Grund für die zunächst als vorläufig bezeichnete Marktrücknahme ist eine Zwischenauswertung der kanadischen BART**-Studie, die soeben nach Einschluss von 2.400 Patienten (geplant 3.000) vorzeitig abgebrochen worden ist. In diesem mit herzchirurgisch behandelten Risikopatienten durchgeführten randomisierten Vergleich von Aprotinin mit Tranexamsäure (CYKLOKAPRON) und Aminocapronsäure (hierzulande nicht im Handel) ist die Mortalität unter Aprotinin numerisch deutlich höher als in den Vergleichsgruppen (relatives Risiko jeweils 1,5; p = 0,06 bzw. p = 0,08), obwohl schwere postoperative Blutungen unter Aprotinin seltener auftreten.5 Noch im September dieses Jahres erläuterte ein Mitarbeiter der FDA während der Sitzung eines Beratergremiums, dass die BART-Studie unverändert fortgesetzt werde.6
** | BART = Blood conservation using antifibrinolytics: A randomised Trial in a cardiac surgery population study |
Bereits 2006 wiesen epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Risiko renaler Schäden und Gefäßkomplikationen unter Aprotinin hin (a-t 2006; 37: 23-4).7,8 Sie führten zu einer Einschränkung der Indikation auf Patienten mit aortokoronarer Bypassoperation und erhöhtem Risiko für Blutverlust oder Transfusionsbedarf. Eine von Bayer selbst in Auftrag gegebene Sicherheitsstudie errechnete nach Auswertung von etwa 78.000 Patientenakten ebenfalls ein erhöhtes Mortalitätsrisiko unter Aprotinin (relatives Risiko 1,7; 95% Konfidenzintervall 1,53-1,84).6
Das BfArM erachtet die Nutzen-Schaden-Abwägung für Aprotinin auf Grundlage der derzeitigen Studienlage als "ungünstig". Das Präparat darf ab sofort nicht mehr in Verkehr gebracht werden, und Ärzte werden aufgefordert, "TRASYLOL nicht mehr anzuwenden".
1 | BfArM: Pressemitteilung 29/07 vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.bfarm.de/ | |
2 | FDA News, 5. Nov. 2007 http://www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2007/NEW01738.html | |
3 | Health Canada: Information Update, 5. Nov. 2007 http://www.hc-sc.gc.ca/ahc-asc/media/advisories-avis/2007/2007_157_e.html | |
4 | Bayer AG: Pressemitteilung vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.press.bayer.com | |
5 | BfArM: Bescheid vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.bfarm.de | |
6 | FDA: http://www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/07/briefing/2007-4316b1-01-FDA.pdf | |
7 | MANGANO, D.T. et al.: N. Engl. J. Med. 2006; 354: 353-65 | |
8 | KARKOUTI, K. et al.: Transfusion 2006; 46: 327-38 |
© 2007 arznei-telegramm, publiziert am 9. November 2007
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