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Intestinales Angioödem unter Enalapril (XANEF, Generika)

Bei einer 49-jährigen Frau treten in etwa zweiwöchigen Abständen stärkste krampfartige Schmerzen im Mittel- und Oberbauch auf, dazu Erbrechen und Durchfall. Die Attacken sind mehrfach so heftig, dass die Patientin einen Notarzt ruft. Im Rahmen der Ursachensuche werden Verwachsungen festgestellt, eine Intoleranz auf verschiedene Substanzen sowie eine Pankreasinsuffizienz. Die veranlassten therapeutischen Maßnahmen einschließlich einer Operation zur Behandlung der Verwachsungen lindern die Beschwerden jedoch nicht wesentlich. Erst als bei Verdacht auf ein intestinales Angioödem der ACE-Hemmer Enalapril (XANEF, Generika) versuchsweise abgesetzt wird, bessert sich das Befinden der Patientin, die insgesamt 10 kg an Gewicht verloren hat. Zum Berichtszeitpunkt acht Wochen nach Absetzen ist sie beschwerdefrei und hat bereits wieder 1 kg zugenommen (NETZWERK-Bericht 15.046). Durch ACE-Hemmer ausgelöste Angioödeme manifestieren sich vor allem im Bereich des Gesichts bzw. der oberen Atemwege. In der Literatur sind aber für verschiedene ACE-Hemmer auch intestinale Angioödeme beschrieben (CHASE, M. P. et al.: J. Clin. Gastroenterol. 2000; 31: 254-7; SHAHZAD, G.: Mt. Sinai J. Med. 2006; 73: 1123-5). Patienten mit dieser seltenen Form eines Angioödems werden mitunter ohne Erfolg operiert oder leiden jahrelang an wiederkehrenden Bauchschmerzen, bevor der Verdacht auf das Medikament fällt (BYRNE, T.J. et al.: Mayo Clin. Proc. 2000; 75: 1201-4; MULLINS, R. J. et al.: Med. J. Aust. 1996; 165: 319-21). Die Diagnose ist erschwert, wenn Magen-Darm-Beschwerden erst längere Zeit nach Therapiebeginn auftreten (ORR, K. K., MYERS, J. R.: Ann. Pharmacother. 2004; 38: 825-7). Auch Angiotensin (AT)-II-Blocker wie Losartan (LOZAAR) können Angioödeme auslösen. Sie sind daher keine sichere Alternative bei Patienten mit Angioödem unter ACE-Hemmern. Erneutes Auftreten nach Umstellung von einem ACE-Hemmer auf einen AT-II-Blocker ist auch für das intestinale Angioödem beschrieben (BUCCA, C.: Lancet 2004; 364: 1285). Bei Patienten, die über Abdominalschmerzen, Erbrechen oder Durchfall klagen und einen ACE-Hemmer oder AT-II-Antagonisten einnehmen, sollte differenzialdiagnostisch auch an ein medikamentös ausgelöstes intestinales Angioödem gedacht werden.

© 2008 arznei-telegramm, publiziert am 12. September 2008

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