ANTIARRHYTHMIKUM DRONEDARON (MULTAQ): INDIKATIONSEINSCHRÄNKUNG STATT MARKTRÜCKNAHME
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat ihre Neubewertung von Dronedaron (MULTAQ) abgeschlossen. Als Konsequenz aus den Sicherheitsbedenken, die sich unter anderem aus der nach Markteinführung bekannt gewordenen Leberschädlichkeit und der Zunahme von kardiovaskulären Komplikationen und Mortalität unter dem Antiarrhythmikum in der PALLAS-Studie ergeben hatten (a-t 2011; 42: 65-6), will die Behörde die Indikation einschränken: Danach soll Dronedaron nur noch zur Aufrechterhaltung eines Sinusrhythmus nach erfolgreicher Kardioversion bei Patienten mit nichtpermanentem Vorhofflimmern verordnet werden dürfen, und erst, nachdem alternative Therapien in Betracht gezogen wurden. Das Mittel soll zukünftig unter anderem anscheinend bei jeglicher Herzinsuffizienz und linksventrikulärer Dysfunktion kontraindiziert sein. Bislang gehörte nur schwere Herzinsuffizienz zu den Gegenanzeigen. Die Behörde räumt ein, dass die Risiken, die in der PALLAS-Studie bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern beobachtet wurden, auch für einige Patienten mit nichtpermanentem Vorhofflimmern Bedeutung haben könnten. Nach Einschätzung der EMA könnten dennoch einige Patienten mit nichtpermanentem Vorhofflimmern von Dronedaron profitieren (1).
Angesichts der fließenden Grenzen zwischen nichtpermanentem und permanentem Vorhofflimmern scheint es uns zweifelhaft, dass mit der empfohlenen eingeschränkten Indikation eine sichere Anwendung von Dronedaron gewährleistet ist, zumal bei erneutem Auftreten von Vorhofflimmern Absetzen des Mittels nur "in Betracht gezogen werden soll" (1). Ein Zusatznutzen von Dronedaron ist für diese Patienten ohnehin nicht belegt. Im direkten Vergleich verhindert das Mittel Wiederauftreten von Vorhofflimmern nach Kardioversion deutlich schlechter als das ältere Amiodaron (CORDAREX, Generika). Die Verträglichkeit der beiden Antiarrhythmika unterscheidet sich dagegen insgesamt nicht (a-t 2010; 41: 17-9) (2).
Zu den Risikosignalen von Dronedaron neu hinzugekommen ist jetzt auch pulmonale Toxizität (1), die in Verbindung mit dem verwandten Amiodaron ebenfalls bekannt ist. In die US-amerikanische Produktinformation wurde ein Hinweis auf die nach Markteinführung von Dronedaron gemeldeten Berichte über interstitielle Lungenerkrankung einschließlich Pneumonitis und Lungenfibrose bereits aufgenommen (3).
Führende amerikanische Kardiologen stellen unterdessen Nutzen und Sicherheit von Dronedaron insgesamt infrage ("I think, the drug is dangerous", "It just doesn't work") und sprechen sich gegen die Verordnung aus. Sie erhöhen damit den Druck auf die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, deren neuerliche Sicherheitsbewertung von Dronedaron bisher nicht abgeschlossen ist (4,5).
Auch für das jetzt von der EMA empfohlene eingeschränkte Anwendungsgebiet erscheint uns die Nutzen-Schaden-Bilanz von Dronedaron negativ. Wir erachten die Marktrücknahme des Antiarrhythmikums als einzige sinnvolle Konsequenz.
1 | EMA: European Medicines Agency recommends restricting use of MULTAQ, Presseerklärung vom 22. Sept. 2011; http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2011/09/ news_detail_001344.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1&murl=menus/news_and_events/news_and_events.jsp |
2 | Le HEUZEY, J.Y. et al.: J. Cardiovasc. Electrophysiol. 2010; 21: 597-605 |
3 | Sanofi-Aventis: US-amerikanische Produktinformation MULTAQ, Stand Aug. 2011; http://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2011/022425s012lbl.pdf |
4 | O'RIORDAN, M.: Heartwire vom 22. Sept. 2011; http://www.theheart.org/article/1283205.do (kostenloser Login erforderlich) |
5 | BURTON, T. M.: Wallstreet Journal vom 22. Sept. 2011 |
© Redaktion arznei-telegramm, blitz-a-t 23. September 2011
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