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Kurz und bündig

US-Vergiftungszentralen - "Red Flag"1 für E-Zigaretten

Nikotinvergiftungen durch Zigaretten sind ein permanentes Problem, vor allem bei Kleinkindern. Elektrische Zigaretten (E-Zigaretten), in denen Nikotin-haltige Lösungen (Liquids) verdampft werden (a-t 2014; 45: 17-9), können das Gefährdungspotenzial erweitern und steigern. Exemplarisch ist der Bericht über einen zehn Monate alten Jungen, der "eine geringe Menge" eines 1,8%igen (18 mg/ml) Nikotinliquids geschluckt hat und mit Erbrechen, Tachykardie, Ataxie u.a. reagiert.2 Stärkere Vergiftungen können mit neuromuskulärer Blockade und Atemversagen tödlich enden. Die Letaldosis wird auf 1 mg bis 18 mg pro Kilogramm Körpergewicht geschätzt,* sodass wenige Milliliter Nikotinlösung bereits tödlich sein könnten.2 Ein Warnsignal sehen die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention in den drastisch steigenden Zahlen von Anrufen wegen E-Zigaretten und Liquids bei US-Giftzentralen:1 Von September 2010 bis Februar 2014 nahmen diese von 1 pro Monat auf 250 pro Monat zu. Anfang 2014 machen die Anrufe bereits 41,7% aller Giftzentralenkontakte zu Zigaretten und E-Zigaretten aus. Während bei Zigaretten hauptsächlich bis zu Fünfjährige (95%) betroffen sind, liegen bei E-Zigaretten die Schwerpunkte mit 51% bei den bis zu Fünfjährigen und mit 42% bei den über 20-Jährigen. Häufiger als bei Zigaretten geht es um Folgen der Inhalation (16,8% versus 2,0%), von Augenkontakt (8,5% vs. 0,1%) sowie Hautkontakt (5,9% vs. 0,1%) und weniger häufig um Folgen der oralen Aufnahme (68,9% vs. 97,8%).3 Bei den Anrufen zu E-Zigaretten wird am häufigsten über Übelkeit, Erbrechen und Augenreizung berichtet. Eine Selbsttötung durch intravenöse Injektion eines Nikotinliquids wurde von den Giftzentralen erfasst.3 Durch zunehmende Verbreitung von E-Zigaretten lagert in Haushalten eine enorme Menge potenziell toxischer Nikotinlösungen, die oft keine oder unzureichende Warnhinweise bzw. -symbole tragen und nicht durch kindersicheren Verschluss geschützt sind. Aromen und buntes Packungsdesign sprechen hingegen Kinder besonders an, diese Produkte zu erkunden. Bundesweite vergleichende Auswertungen deutscher Giftzentralen zu Nikotinintoxikationen fehlen. Nach Auskunft einzelner Giftzentralen scheinen E-Zigaretten/Liquids hierzulande im Vergleich zu Zigaretten bislang nicht auffällig geworden zu sein.

* Wahrscheinlich sind gängige Angaben zur Letaldosis - etwa von 60 mg für Erwachsene - zu niedrig angesetzt. Nach Auswertung der Quellen für solche Schätzungen ist eher von einer Letaldosis für Erwachsene von über 500 mg auszugehen, entsprechend etwa 7 mg/kg Körpergewicht und mehr.4
1 CDC (USA): Pressemitteilung vom 3. Apr. 2014;
http://www.a-turl.de/?k=feil
2 BASSETT, R.A. et al.: N. Engl. J. Med. 2014, online published 7. Mai 2014; doi: 10.1056/NEJM C1403843
3 CDC (USA): MMWR 2014; 63 (13): 292-3;
http://www.a-turl.de/?k=nsch
4 MAYER, B.: Arch. Toxicol. 2014; 88: 5-7;
http://www.a-turl.de/?k=aldh

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 6. Juni 2014

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