LIMPTAR N – Werbung gespickt mit Irreführungen
2013 hat Cassella-med rund eine Dreiviertel Million Packungen LIMPTAR N über öffentliche Apotheken verkauft im Fabrikabgabewert von 11 Mio. €. Der Absatz des zur Selbstmedikation nächtlicher Wadenkrämpfe propagierten Chininpräparates könnte demnächst einbrechen, wenn es – wie vorgesehen – im Herbst dieses Jahres verschreibungspflichtig wird (a-t 2014; 45: 4). Cassella-med geht jetzt noch mal in die Werbeoffensive und scheut dabei keine manipulativen Darstellungen. So behauptet die Firma in einem Werbeprospekt,1 der kürzlich der Pharmazeutischen Zeitung beilag, dass die Verschreibungspflicht für LIMPTAR N Folge einer „Anpassung an europäische Vorgaben” sei. Das klingt nach einer bürokratischen Formalie. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bestätigt uns jedoch auf Anfrage, dass das von Cassella-med behauptete europäische Verfahren überhaupt nicht existiert.2 Cassella-med argumentiert weiter: „An dem bekannten Sicherheitsprofil und der Wirksamkeit von LIMPTAR N wird sich durch die Rezeptpflicht nichts ändern”. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Verschreibungspflicht ist Folge der Risiken von LIMPTAR N. Wegen Immunthrombozytopenien und Herzrhythmusstörungen infolge einer Verlängerung des QT-Intervalls sowie wegen des erheblichen Potenzials für Wechselwirkungen läuft beim BfArM seit Längerem ein Stufenplanverfahren.2 Als Kronzeugen für die Behauptung, die Nutzen-Schaden-Abwägung für LIMPTAR N sei „nach wie vor positiv”, zitiert Cassella-med neben einem BfArM-Schreiben ausgerechnet das arznei-telegramm (a-t 2013; 44: 84). Das grenzt für uns an Rufschädigung, denn dort lautet unser Fazit – übrigens ebenfalls mit Bezug auf verharmlosende Werbung: „Wegen lebensbedrohlicher Störwirkungen sehen wir für das als Mittel gegen Wadenkrämpfe umstrittene Chinin (LIMPTAR N) keine Indikation.” Zudem haben wir mehrfach die unzureichende Nutzendokumentation für das vom Anbieter jetzt zur „notwendigen Therapie”1 hochstilisierte Mittel beanstandet (z.B. a-t 2010; 41: 99). Angesichts der irreführenden bzw. falschen Werbebehauptungen haben wir Anzeige bei der zuständigen Überwachungsbehörde gestellt, –Red.
1 | Cassella-med: Nächtliche Wadenkrämpfe ernst nehmen! Werbung für LIMPTAR N, Beilage Pharm. Ztg. 23/2014 |
2 | BfArM: Schreiben vom 16. Juni 2014 |
© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 4. Juli 2014
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