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Verstärkte Cumarinwirkung durch Hustenmittel Noskapin (CAPVAL)

Eine 81-jährige Frau wird mit akutem Atemnotsyndrom und Blutungen stationär aufgenommen. Bei einem bedrohlich hohen INR-Wert von 7,9 entsteht der Verdacht, dass das aktuell von der antikoagulierten Patientin eingenommene Hustenmittel Noskapin (CAPVAL) die Metabolisierung von Phenprocoumon (MARCUMAR, Generika) gehemmt und so zu einer Überdosierung des Cumarins geführt haben könnte (NETZWERK-Bericht 17.437). Noskapin (oder Narkotin) ist ein Bestandteil von Opium, das aus dem Milchsaft unreifer Samenkapseln des Schlafmohns gewonnen wird.1 Laut Fachinformation von CAPVAL2 hemmt Noskapin in vivo die CYP-Enzyme 2C9 und 2C19 sowie in vitro CYP 3A4. Da die Cumarine Phenprocoumon und Warfarin (COUMADIN) mit Hilfe von CYP 2C9 und CYP 3A4 verstoffwechselt werden, ist mit einer verstärkten Antikoagulation bzw. erhöhter Blutungsneigung zu rechnen und wegen der geringen therapeutischen Breite eine engmaschige Überwachung des INR-Wertes erforderlich.2-4 Auch für andere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite wie Phenytoin (PHENHYDAN, Generikum) dürfte die Enzymhemmung durch Noskapin von Bedeutung sein.3 Es ist zu befürchten, dass die Wechselwirkung insbesondere mit Cumarinen häufig zu wenig beachtet wird, zumal das Alkaloid aus der Papaverinreihe 2016 mit 7,4 Millionen Tagesdosierungen das am häufigsten verordnete Antitussivum ist.1 Bei akutem Husten, der meist viral bedingt ist und von selbst abklingt (a-t 2015; 46: 107-8), kann unseres Erachtens aber häufig auf Antitussiva wie Noskapin, für das zudem Genotoxizität diskutiert wird (z.B. a-t 1991; Nr. 7: 61 oder 1999; Nr. 2: 26), verzichtet werden. Noskapin fiel kürzlich der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge auch durch insgesamt 130 Störwirkungsberichte zu Kopf-, Brust- bzw. Bauchschmerzen auf, wobei mehrere Patienten insbesondere über die Schwere der Schmerzen klagten.5

1LEMMER, B. in SCHWABE, U. et al. (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2017, Springer-Verlag Berlin 2017; Seite 385-7
2Infectopharm: Fachinformation CAPVAL, Stand Jan. 2015
3ROSENBORG, S. et al.: Clin. Pharmacol. Ther. 2010; 88: 343-6
4Meda Pharma: Fachinformation MARCUMAR, Stand Febr. 2017
5EDERVEEN, E.: WHO Pharm. Newsl. 2017; No. 5: 15

© 2018 arznei-telegramm, publiziert am 13. April 2018

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