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Nebenwirkungen

Z-DRUGS: FDA WARNT VOR AUCH TÖDLICHEN FOLGEN VON SCHLAFWANDELN

Komplexes Schlafverhalten wie Schlafwandeln oder „Schlaffahren“, an das sich Betroffene oft nicht erinnern, ist eine ungewöhnliche unerwünschte Wirkung von Benzodiazepinrezeptoragonisten („Z-Drugs“) wie Zolpidem (BIKALM, Generika) oder Zopiclon (XIMOVAN, Generika; a-t 2007; 38: 31-2).1,2 Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA warnt aktuell vor schwerwiegenden und tödlichen Folgen des Schlafwandelns nach Einnahme von Z-Drugs und ordnet hervorgehobene Warnhinweise („Boxed Warnings“) für die Produktinformationen der dort erhältlichen Abkömmlinge Eszopiclon (wirksames Enantiomer des Razemats Zopiclon), Zaleplon (SONATA; hierzulande außer Handel) und Zolpidem an.3 Für Patienten, die in der Vorgeschichte bereits eine Episode mit komplexem Schlafverhalten hatten, sind Z-Drugs in den USA jetzt kontraindiziert.3

*Vorversion am 2. Mai 2019 als blitz-a-t veröffentlicht.

Die Behörde überblickt für den Zeitraum von 26 Jahren insgesamt 66 schwere Ereignisse, darunter 20 mit tödlichem Ausgang. Die Schlafwandelepisoden haben Stürze mit schweren (n = 22) oder tödlichen (6) Verletzungen zur Folge. Zudem sind unbeabsichtigte Überdosierungen (5), Unterkühlung (5) einschließlich Verlust einer Gliedmaße durch extrem niedrige Temperaturen, Suizidversuche (5), vollendete Suizide (4), tödliche Autounfälle (4) sowie Schusswunden, Kohlenmonoxidvergiftungen, Ertrinken oder beinahe Ertrinken, Verbrennungen, Totschlag u.a. erfasst.3 Die Ereignisse sind bei Patienten mit und ohne komplexes Schlafverhalten in der Vorgeschichte aufgetreten, auch unter der geringsten empfohlenen Dosis sowie bereits nach nur einer Tablette. Die meisten Vorfälle ereigneten sich – entsprechend der höheren Verordnungshäufigkeit in den USA – in Verbindung mit Zolpidem (n = 61).3

Hierzulande wird am häufigsten Zopiclon verordnet (43,3 Mio. definierte Tagesdosen [DDD]; 2017), gefolgt von Zolpidem (24,4 Mio. DDD).4 Die chemisch nicht mit Benzodiazepinen verwandten Z-Drugs haben somit Benzodiazepin-Hypnotika wie Lormetazepam (NOCTAMID, Generika; 6,6 Mio. DDD4) weitgehend verdrängt, besitzen jedoch einige den Benzodiazepinen ähnliche Risiken: In Europa musste 2014 ein Hinweis in die Produktinformation von Zolpidem aufgenommen werden, mindestens acht Stunden lang nach der Einnahme nicht Auto zu fahren, um das Risiko von Verkehrsunfällen am Morgen nach der Anwendung zu senken (a-t 2014; 45: 80). In Frankreich darf Zolpidem seit 2017 wie ein Betäubungsmittel nur noch auf speziellen Rezepten verordnet werden. Damit sollen Abhängigkeit und Missbrauch eingeschränkt und auch die Verwendung als K.o.-Mittel eingedämmt werden (a-t 2017; 48: 23).

Deutliche Hinweise auf die seltenen, aber bedrohlichen Folgen von Schlafwandeln unter Z-Drugs wie Zolpidem (BIKALM, Generika) sowie komplexes Schlafverhalten in der Vorgeschichte als Gegenanzeige sollten zügig auch in die hiesigen Produktinformationen aufgenommen werden.

1Sanofi: Fachinformation BIKALM, Stand März 2019
2Sanofi: Fachinformation XIMOVAN, Stand März 2019
3FDA: Safety Announcement vom 30. April 2019; http://www.a-turl.de/?k=alks
4LOHSE, M.J., MÜLLER-OERLINGHAUSEN, B., in: SCHWABE, U. et al. (Hrsg.): „Arzneiverordnungs-Report 2018“, Springer-Verlag, Berlin 2018, Seite 557-9

© 2019 arznei-telegramm, publiziert am 10. Mai 2019

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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