BLEIBENDE SCHÄDEN DURCH WIMPERNVERLÄNGERUNG, LIDSTRICH-TATTOO U.A.
Eine Vielzahl von Augenkosmetika kann von den Anwendenden leicht selbst aufgetragen und auch wieder entfernt werden.1 Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) warnt nun vor kosmetischen Behandlungen wie Wimpernverlängerungen („Extensions“) und Lidstrich-Tattoos (Permanent-Make-up), die das Äußere lang anhaltend oder sogar dauerhaft verändern.2
Bei Wimpernverlängerungen gehört laut DOG ein allergisches Kontaktekzem am Lidrand zu den häufigsten Störwirkungen. Es wird meist durch den Klebstoff ausgelöst,2 mit dem Kunststoff- oder Echthaare einzeln an den eigenen Wimpern fixiert werden.1 Darauf deutet auch eine japanische Beobachtungsstudie hin, in der von 107 Frauen mit Augenbeschwerden nach Wimpernverlängerung 64 eine Keratokonjunktivitis durch Eindringen von Klebstoff oder Klebstoffentferner ins Auge haben und 42 eine durch Klebstoff verursachte allergische Blepharitis (davon 4 beides gleichzeitig).3 Auch Infektionen von Lidrand und Bindehaut, Verkalkungen der Wimpernbasis sowie Verlust eigener Wimpern durch Verletzungen am Haarschaft sind möglich, selten Hornhauterosionen und -infektionen.2 Zudem ist bei Operationen Vorsicht geboten: In einem australischen Bericht wird eine 38-jährige Frau mit Wimpern-Extensionen beschrieben, die nach einem Kaiserschnitt in Vollnarkose, bei dem die Augen mit Gaze abgedeckt werden, durch die künstlichen Wimpern hervorgerufene Hornhautabschabungen im rechten Auge aufweist.4 Ein anderer Bericht betrifft eine 64-jährige Patientin, bei der während einer Augenoperation infolge thermischer Blutstillung die Kunstwimpern am linken Oberlid in Flammen aufgehen.5 Laut DOG müssen Wimpernverlängerungen daher vor Augenoperationen entfernt werden.2
Lidstrich-Tattoos können ebenfalls zu allergischen Ekzemen, Entzündungen und Infektionen (vor allem bei unhygienischem Arbeiten) führen. Auch Verätzungen und mechanische Verletzungen sind möglich. Durch Schädigung der Talgdrüsen am Lidrand kann sich ein trockenes Auge entwickeln.2 Dazu passen die Ergebnisse einer koreanischen Beobachtungsstudie: Bei 10 Frauen mit tätowiertem Lidstrich ist die Talgdrüsenzahl signifikant geringer als in der Kontrollgruppe ohne derartiges Tattoo (n = 30). Zudem reißt bei ihnen der Tränenfilm beim Öffnen des Auges (Maß für dessen Stabilität) schneller als bei den Kontrollen (im Mittel nach 4,3 versus 11,0 Sekunden; p < 0,001), und Erosionen der Kornea sind signifikant stärker ausgeprägt.6 Zu beachten ist auch, dass Tätowier-Farben regelmäßig potenziell toxische Substanzen wie Cadmium, Chrom, Nickel oder Arsen enthalten.1,2,7
Dringend gewarnt wird vor kosmetischen Prozeduren an Horn- und Bindehaut.2 Resektionen der Konjunktiva, die beispielsweise bei chronisch geröteter Bindehaut die Sklera wieder weiß erscheinen lassen sollen, können schwerwiegende Folgen wie Ulzera an Kornea und Konjunktiva, Ausdünnen der Sklera und Augenmuskelschäden mit Doppelbildern haben.2,8 In Verbindung mit farbigen Tätowierungen der gesamten Bindehaut sind schwere Verletzungen mit Augenverlust beschrieben.2
Zahlreiche Risiken birgt auch ein chirurgischer Eingriff zur Änderung der Augenfarbe, bei dem Farbpigmente in die Hornhaut eingebracht werden.2 Neben Problemen mit der Pigmentierung (z.B. ungleichmäßige Verteilung, Farbstoff-Lecks ins Augeninnere) kann es dabei unter anderem zu erhöhter Lichtempfindlichkeit, trockenem Auge, Verlust kornealer Endothelzellen sowie Neovaskularisationen in der Hornhaut kommen. Verletzungen der Kornea können zum Beispiel zu Trübung und Verkrümmung sowie Sehverlust führen.2,9 Die American Academy of Ophthalmology warnte bereits 2024 vor der Prozedur. Ihrer Ansicht nach sind rein kosmetisch begründete Operationen am Auge das Risiko einer möglichen Sehbeeinträchtigung „einfach nicht wert“.9
Wir raten von Wimpernverlängerungen und Lidstrich-Tattoos sowie vor allem von kosmetischen Prozeduren an Horn- und Bindehaut ab.
Bestehende Wimpern-Extensionen sollten – wenn immer möglich – nicht nur vor Augenoperationen, sondern generell vor operativen Eingriffen, insbesondere in Vollnarkose, entfernt werden.
| 1 | SULLIVAN, D.A. et al.: Ocul Surf. 2023; 29: 77-130 |
| 2 | Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft: Pressemitteilung vom 7. Juli 2025; https://a-turl.de/xw8a |
| 3 | AMANO, Y. et al.: Cornea 2012; 31: 121-5 |
| 4 | COPE, E. et al.: Cureus 2024; 16: e72061 (4 Seiten) |
| 5 | MICHAELS, J.P.S., MACDONALD, P.: Ophthalmic. Plast. Reconstr. Surg. 2014; 30: e61-2 |
| 6 | LEE, Y.B. et al.: Cornea 2015; 34: 750-5 |
| 7 | LAUX, P. et al.: Lancet 2016; 387: 395-402 |
| 8 | MOSHIRFAR, M. et al.: Clin. Ophthalmol. 2015; 9: 445-51 |
| 9 | American Academy of Ophthalmology: Presseerklärung vom 29. Jan. 2024; https://a-turl.de/mxc2 |
© 2025 arznei-telegramm, publiziert am 29. August 2025
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