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Nebenwirkungen

LEBERSCHÄDEN DURCH NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL MIT ASHWAGANDHA

In den vergangenen Jahren ist Ashwagandha*, das in Indien als ayurvedisches Heilmittel verwendet wird, zunehmend auch in westlichen Ländern als Bestandteil zahlreicher Nahrungsergänzungsmittel populär geworden. Da die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA für Ashwagandha keine Health Claims zugelassen hat, dürfen Anbieter keine gesundheitsbezogenen Aussagen machen. Im Internet werden hingegen für das auch Schlafbeere, indischer Ginseng oder Winterkirsche genannte Nachtschattengewächs Beeinflussung von Stress, Stärkung des Nervensystems und Besserung der geistigen Klarheit sowie schlaffördernde, Anti-Tumor-, Anti-Aging- und weitere Effekte versprochen.1

*Withania somnifera (Ashwagandha) wird in Indien und im mittleren Osten kultiviert und ist in Ostafrika zu finden. Für die Nahrungsergänzungsmittel werden Blätter und Wurzeln des Strauches verwendet. Die neben Alkaloiden enthaltenen Triterpenlaktone (Withanolide) sind strukturell verwandt mit Ginsenosiden, was die verbreitete Bezeichnung „Indischer Ginseng“ stützt.2

In den vergangenen Monaten wurden international wiederholt Leberschäden in Verbindung mit Ashwagandha berichtet, beispielsweise vier Ereignisse vom niederländischen Pharmakovigilanzzentrum Lareb2 und zwölf von einer europäischen Arbeitsgruppe.3 Die Datenbank VigiBase der Weltgesundheitsorganisation WHO4 dokumentiert aktuell 14 Verdachtsberichte über hepatobiliäre Ereignisse. Doppelerfassungen sind nicht auszuschließen. Symptome wie Gelbsucht, Übelkeit, Pruritus und Abdominalschmerzen sowie Hepatitis haben sich überwiegend drei bis zehn Monate nach Beginn der Einnahme von Kapseln oder Pulver mit Tagesdosierungen zwischen meist 450 mg und 1.350 mg entwickelt.1-3 Die Leberschädigung bessert sich überwiegend ein bis zwei Wochen nach Absetzen und ist nach zwei bis drei Monaten abgeklungen. Allerdings ist auch ein akutes Leberversagen beschrieben, dass eine Lebertransplantation erforderte.5 Der Schädigungsmechanismus ist nicht bekannt.

Wie hoch das Risiko ist, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Zum einen ist die Zahl der Anwender nicht bekannt, zum anderen ist bei den Meldungen mit einer beträchtlichen Dunkelziffer nicht berichteter Ereignisse zu rechnen, da Nahrungsergänzungsmittel allgemein als harmlos erachtet werden und zumindest hierzulande etablierte Strukturen für die Erfassung von Störwirkungen der insbesondere über das Internet vertriebenen Produkte fehlen.

Angesichts fehlender Nutzenbelege für die Vielzahl der propagierten „therapeutischen Wirkungen“1 und des in der Dimension ungeklärten Risikos schwerer unerwünschter Leberschäden sollte unseres Erachtens auf Nahrungsergänzungsmittel mit Ashwagandha – wie allgemein auf Nahrungsergänzungsmittel (a-t 2023; 54: 63 u.a.) – verzichtet werden, –Red.

1z.B. REHBERG, C.: Ashwagandha: Wirkung und Anwendung der Schlafbeere, 16. Okt. 2023; https://a-turl.de/k7tg
2Lareb: Liver toxicity of products containing Ashwagandha, 11. Sept. 2023; https://a-turl.de/igsr
3BOKAN, G. et al.: Pharmaceuticals 2023; 16: 1129 (8 Seiten)
4WHO: Vigibase, Zugriff 17. Okt.2023; https://www.vigiaccess.org
5SURYAWANSHI, G. et al.: Am. J. Ther. 2023; 30: e80-3

© 2023 arznei-telegramm, publiziert am 20. Oktober 2023

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