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Schwere depressive Reaktion nach Metoclopramid (PASPERTIN u.a.): Eine 40jährige Frau erhält nach Operation eines Mammakarzinoms neben adjuvanter Chemotherapie mit Cyclophosphamid (ENDOXAN u.a.), Methotrexat (METHOTREXAT LEDERLE u.a.) und Fluorouracil (FLUOROURACIL R.P. u.a.) 50 mg Metoclopramid (PASPERTIN u.a.) parenteral zur antiemetischen Prophylaxe. Unmittelbar nach der Infusion setzt eine zehn Stunden anhaltende ausgeprägte depressive Symptomatik ein mit dem Gefühl, psychisch krank zu sein, nicht mehr richtig denken zu können, mit manifesten Suizidphantasien ("in einem Hochhaus wäre ich aus dem Fenster gesprungen"), emotionaler Gleichgültigkeit gegenüber Bezugspersonen, sehr starkem Leidensdruck, Unruhe, Appetitlosigkeit und Schluckstörungen. Die Patientin, die keine psychischen Auffälligkeiten in der Vorgeschichte hat, führt die Beschwerden zunächst auf die psychische Verarbeitung der Chemotherapie zurück. Nach erneuter Infusion von Metoclopramid eine Woche später wiederholt sich die Symptomatik für sieben Stunden. Wegen Verdachts auf Metoclopramid-Störwirkung wird die Chemotherapie ohne antiemetische Prophylaxe fortgesetzt, und die Patientin bleibt beschwerdefrei (NETZWERK-Bericht 6515).

Metoclopramid ist wie Sulpirid (DOGMATIL u.a.) ein Benzamid und gehört zur Wirkgruppe der Neuroleptika. Dementsprechend kann es eine pharmakogene Depression auslösen. In US-amerikanischen Produktinformationen für Metoclopramid findet sich ein deutlicher Warnhinweis auf Depression einschließlich Suizidgedanken und Suizid auch bei Patienten ohne Depression in der Vorgeschichte. In deutschsprachigen Arzneimittelverzeichnissen (Austria Codex, Codex Galenica, Rote Liste) fehlt der Hinweis. Die meldenden Kliniker kommentieren: "Wir finden es gefährlich und irreführend, daß diese offensichtlich gut bekannte schwere Nebenwirkung (laut unserer Patientin: 'Das waren die schlimmsten zwei Tage meines Lebens, ich hätte nicht gedacht, daß man so krank sein kann.') in den Arzneimittelinformationen hierzulande verschwiegen werden darf. Auch bei seltenem Auftreten der Nebenwirkung ist bei dem weiten Gebrauch von Metoclopramid dieses Beschwerdebild relevant, da es offensichtlich zu Suiziden oder zum Abbruch von indizierten Therapien führen kann."


© 1993 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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