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Mit Vibegron (OBGEMSA) ist hierzulande seit Oktober 2024 nach Mirabegron (BETMIGA, a-t 2014; 45: 68-70 u.a.) ein zweiter Beta-3-Rezeptoragonist zur symptomatischen Behandlung der überaktiven Blase bei Erwachsenen im Handel. In den USA ist Vibegron bereits seit Dezember 2020 zugelassen, in Japan in niedrigerer Dosierung (50 mg, in Europa 75 mg pro Tag) seit 2018.
Die überaktive Blase ist durch imperativen Harndrang gekennzeichnet, der mit oder ohne Dranginkontinenz auftreten kann und meist von erhöhter Miktionsfrequenz und Nykturie begleitet wird, bei Fehlen von Harnwegsinfektionen oder anderen Erkrankungen mit Auswirkung auf den unteren Harntrakt.
EIGENSCHAFTEN: Wie Mirabegron ist Vibegron ein selektiver Beta-3-Rezeptoragonist, der nur eine sehr geringe Affinität zu Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren haben soll. Aktivierung des Beta-3-Rezeptors im Detrusormuskel erhöht die Blasenkapazität, indem während der Blasenfüllung die glatte Detrusormuskulatur entspannt wird.
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Ausführliche Bewertung gleichzeitig als e a-t 3/2025a veröffentlicht.
Seit Juni 2024 steht mit dem unter anderem bei atopischer Dermatitis und Asthma bronchiale zugelassenen, gegen Interleukin (IL)-4 und -13 gerichteten monoklonalen Antikörper Dupilumab (DUPIXENT,
a-t 2018; 49: 2-4, 13) das erste Biologikum zur Behandlung Erwachsener mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zur Verfügung. Es ist zugelassen als Zusatztherapie bei Patienten, die unter einer inhalativen Therapie mit einem langwirkenden Betamimetikum (LABA) plus einem langwirkenden Anticholinergikum (LAMA) und – sofern angebracht – einem Glukokortikoid (ICS) unzureichend kontrolliert sind und eine erhöhte Anzahl an Eosinophilen im Blut haben. Ein allgemein akzeptierter Grenzwert besteht jedoch nicht. Die europäische Arzneimittelagentur EMA hat Dupilumab daher allgemein bei erhöhter Anzahl an Eosinophilen zugelassen mit Verweis auf die Daten der Zulassungsstudien, die Patienten ab einer Eosinophilenzahl von 300 Zellen/µl Blut eingeschlossen haben. In Beobachtungsstudien hat etwa jeder fünfte Patient mit COPD eine entsprechende Anzahl an Eosinophilen im Blut.
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Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse untersucht Nutzen und Sicherheit häufig angewendeter Interventionen zur Behandlung chronischer, von der Wirbelsäule ausgehender Rückenschmerzen. Einbezogen sind 81 randomisierte Studien, die Injektionen von Lokalanästhetika und/oder Glukokortikoiden (epidural , intramuskulär, in Facetten- bzw. Iliosakralgelenke), Radiofrequenzverfahren oder deren Kombination prüfen und diese untereinander, mit Scheinbehandlung oder üblicher Therapie (z.B. Physiotherapie, Analgetika) vergleichen. Insgesamt nehmen 7.977 Patienten teil (im Median n = 64 pro Studie), die seit mindestens zwölf Wochen an nichtradikulären oder radikulären Schmerzen (43 bzw. 36 Studien, 2 ohne genaue Angaben) leiden, die nicht auf Krebs, Infektionen oder Spondylarthritis zurückzuführen sind.
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Eine Patientin mit einem Fibromyalgie-Syndrom hat mir von sehr positiven Effekten einer Low-Dose-Naltrexon-Einnahme (bei ihr 1,5 mg täglich) berichtet. Sie sei deutlich leistungsfähiger, könne sich besser konzentrieren und würde besser schlafen. Das Mittel scheint gerade en vogue zu sein. Gibt es valide Daten zu dem Medikament, das, soweit ich weiß, in dieser Dosis und in dieser Indikation in Deutschland gar nicht zugelassen ist?
N.N. (Name etc. in a-t 3/2025 genannt)
Naltrexon (NALTREXON-HCL NEURAXPHARM u.a.) ist ein Opioidantagonist, der in Deutschland bei Opioid- und Alkoholabhängigkeit in einer peroralen Tagesdosis von 25 mg bis 150 mg bzw. 50 mg zugelassen ist. 2009 erschien eine einfachblinde (nichtrandomisierte) Pilotstudie mit zehn an Fibromyalgie erkrankten Frauen, die jeweils nach zweiwöchiger Plazeboanwendung acht Wochen lang niedrigdosiertes Naltrexon (4,5 mg/Tag) einnehmen und darunter eine mehr als 30%ige relative Reduktion ihrer Symptomatik beschreiben. Diskutiert wird, dass die niedrige Dosis anders als die Standarddosis immunmodulierend wirken und über eine Feed-back-vermittelte gesteigerte Expression von Opioidrezeptoren und Produktion endogener Opioide eine Schmerzreduktion durch das körpereigene Endorphinsystem hervorrufen könnte.
Inzwischen liegen unseres Wissens fünf kleine randomisierte kontrollierte Studien zu Low-dose-Naltrexon bei Fibromyalgie vor.
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In den USA werden aktuell einige Chargen Benzoylperoxid-haltiger Akne-Externa wegen erhöhten Gehalts an Benzol aus dem Einzelhandel zurückgerufen. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA fand in 6 von 95 getesteten Präparaten erhöhte Mengen des Karzinogens (offenbar über dem Grenzwert von 2 ppm). Die betroffenen Präparate standen teilweise kurz vor ihrem Verfallsdatum.
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Kürzlich hat unsere französische Schwesterzeitschrift La Revue Préscrire über starke Menstruationsblutungen unter Antikoagulation berichtet. Anlass sind zwei prospektive Kohortenstudien mit 98 bzw. 57 Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren, die eine Behandlung mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK), Vitamin-K-Antagonisten oder niedermolekularen Heparinen beginnen, vorwiegend wegen einer venösen thromboembolischen Erkrankung (VTE). Jeweils etwa zwei Drittel der Frauen sind dort von einer Hypermenorrhö betroffen (versus ein Drittel in einer Kontrollgruppe), in einer der beiden Studien auch 60% der Frauen, die zuvor eine normalstarke Menstruationsblutung hatten. Andere Beobachtungsstudien kommen je nach Definition des Endpunktes und bei Heterogenität der Studien (bezogen auf z.B. das angewandte Antikoagulans, Alter der Frauen, Indikation) auf ca. 20% bis 70% mit Hypermenorrhö.
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In die Fach- und Gebrauchsinformationen von Atomoxetin (ATOMOXETIN AL u.a.), das zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) angeboten wird, müssen neue Warnhinweise aufgenommen werden. Für das dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Fluoxetin (FLUOXETIN BETA u.a.) chemisch ähnliche Mittel wird ein kausaler Zusammenhang mit Serotoninsyndrom sowie Mordgedanken für möglich erachtet – aufgrund von Verdachtsberichten, Daten aus der Literatur und eines plausiblen Wirkmechanismus.
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Die gleichzeitige Einnahme eines nichtsteroidalen Antirheumatikums (NSAR) wie Diclofenac (VOLTAREN, Generika) und eines Cholinesterasehemmers wie Donepezil (ARICEPT, Generika) erhöht nach Daten einer schwedischen Beobachtungsstudie das Risiko für peptische Ulzera. In der Untersuchung im Self-Controlled-Case-Series-Design (siehe Glossar a-t 2024; 55: 81) werden in nationalen Registern 1.500 Patienten im Alter ab 65 Jahren (medianes Alter 80 Jahre, 58% Frauen) identifiziert, denen zwischen Januar 2007 und Dezember 2020 sowohl NSAR als auch Cholinesterasehemmer neu (nicht zwingend gleichzeitig) verschrieben werden und bei denen im selben Zeitraum erstmalig ein Magen-Darm-Geschwür diagnostiziert wird.
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Im Juni 2024 hatten wir uns wegen unseres Erachtens irreführender Werbung der Firma Recordati für das Methocarbamol-haltige Muskelrelaxans ORTOTON z.B. im Deutschen Ärzteblatt an die für die Firma zuständige Landesbehörde gewandt (e a-t 6/2024a). Im Dezember 2024 erfahren wir auf Nachfrage beim Regierungspräsidium Stuttgart, dass der Anbieter nach Anhörung wegen des Verdachts der irreführenden Werbung die beanstandete Reklame gestoppt hat. Die Behörde sah sich jedoch nicht veranlasst, auf die Löschung der Anzeige im Deutschen Ärzteblatt hinzuwirken. Wir kontaktierten daher den Verlag, der die Anzeige schließlich aus der elektronischen Ausgabe entfernt hat. freier Zugang
Wie ist es zu rechtfertigen, dass das Zirbeldrüsenhormon Melatonin für jedermann als Nahrungsergänzungsmittel in beliebiger Dosierung frei verkäuflich angeboten werden darf? Schließlich ist das Hormon als Arzneimittel (CIRCADIN u.a.) generell verschreibungspflichtig und lediglich für begrenzte Altersgruppen und Indikationen in Tagesdosierungen bis maximal 5 mg zugelassen. Während in den Gebrauchsinformationen der Arzneimittel Vorsichtsmaßnahmen, Gegenanzeigen und unerwünschte Wirkungen deklariert werden müssen, gibt es für Nahrungsergänzungsmittel, die rechtlich Lebensmittel sind, keine entsprechenden Vorgaben für Risikohinweise. Sie enthalten stattdessen lediglich eher verschleiernde Formulierungen wie „in der Regel gut verträglich“. In einer repräsentativen Verbraucherbefragung fühlt sich jedoch mindestens jeder Zweite (55%) generell eher schlecht oder sehr schlecht über mögliche Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln informiert. Eine Meldestelle für die systematische Erfassung unerwünschter Folgen dieser Produkte fehlt.
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Seit 2021 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) zur Grippeprophylaxe für Personen ab 60 Jahren standardmäßig den Hochdosisimpfstoff EFLUELDA (a-t 2021; 52: 17-8 u.a.). Der adjuvantierte Impfstoff FLUAD (a-t 2000; 31: 75 u.a.) galt bislang hingegen nur als Reserve. Seit Ende 2024 werden beide nun gleichrangig empfohlen.
Zum Nutzen von FLUAD lagen 2021 sieben Beobachtungsstudien mit widersprüchlichen Daten zur Wirksamkeit gegen testgesicherte Influenza im Vergleich mit Standardvakzinen vor (relative Wirksamkeit -30% bis +88%), überwiegend ohne signifikante Effekte. Ihre Neubewertung stützt die STIKO nun auf drei seitdem publizierte retrospektive Beobachtungsstudien zu laborbestätigter Influenza bei Personen ab 65 Jahren.
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Das Risiko eines Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (MS), im Verlauf eine schwere Behinderung zu entwickeln, hat in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. Um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, wenden Betroffene über Jahre oder unter Umständen gar Jahrzehnte eine verlaufsmodifizierende Therapie an. Diese bei anhaltend stabilem Verlauf auch wieder abzusetzen, könnte ein folgerichtiger Schritt sein. Ob und wenn ja, für welche Patienten ein Therapiestopp eine sichere Option sein könnte, ist bislang jedoch unklar.
Aktuell wird die randomisierte Bewerter-verblindete DOT-MS-Studie publiziert, die Absetzen und Fortführen einer Immuntherapie der Wirksamkeitskategorie 1 gemäß deutscher S2k-Leitlinie bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS (90%) oder sekundär progredientem Verlauf (10%) vergleicht.
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Ausführliche Bewertung inkl. Literatur gleichzeitig als e a-t 2/2025 veröffentlicht.
Die Validität der Ergebnisse der PLATO-Studie, die beim akuten Koronarsyndrom eine Überlegenheit des Thrombozytenaggregationshemmers Ticagrelor (BRILIQUE) gegenüber Clopidogrel (PLAVIX, Generika), jeweils in Kombination mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN N, Generika), gezeigt hat, wird seit ihrer Publikation 2009 infrage gestellt (a-t 2011; 42: 1-3). Unter anderem soll der Sponsor beim Monitoring und Klassifizieren von Ereignissen Einfluss auf die Daten zugunsten von Ticagrelor genommen haben. Zulassungsbehörde und Justizministerium der USA halten die Vorwürfe jedoch für unzureichend belegt.
Wie eine kürzlich publizierte Übersicht im British Medical Journal (BMJ) zeigt, ist die Debatte damit allerdings nicht beendet.
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Mehrfach sind mir Informationen der Firma Hennig Arzneimittel aufgefallen, in denen ARLEVERT (Cinnarizin + Dimenhydrinat) zur Behandlung der so genannten Presbyvestibulopathie beworben wird. Obwohl in meiner täglichen Praxis das Thema „Schwindel bei Älteren“ sehr häufig anzutreffen ist, scheint die genannte Diagnose in meinem medizinischen Umfeld bislang keine Rolle zu spielen. Liegen unabhängige Arbeiten vor, die Nutzenbelege für die Kombination Cinnarizin/Dimenhydrinat zur Behandlung von Schwindelbeschwerden bei älteren Patienten aufweisen?
N.N. (Name etc. in a-t 2/2025 genannt)
Im höheren Lebensalter ist Schwindel ein häufiges Symptom. Nach Daten einer prospektiven Kohortenstudie aus den Jahren 2004 bis 2006 erleben etwa 29% aller Personen im Alter ab 65 Jahren innerhalb eines halben Jahres mindestens einmal eine Schwindelepisode. Bei 80- bis 89-Jährigen liegt der Anteil bei 38%, ab 90 Jahren bei 54%. Das ursächliche Diagnosespektrum unterscheidet sich nicht von dem jüngerer Menschen und umfasst zentral- und peripher-vestibuläre, nichtvestibuläre und funktionelle Störungen, wobei allerdings die Häufigkeiten anders verteilt sind – auch in Abhängigkeit von der Spezialisierung der Untersucher. Begleiterkrankungen mit Einfluss auf Gleichgewicht und Gangsicherheit sowie Polypharmazie sind bei Älteren häufig und tragen zu chronischen Schwindelbeschwerden bei.
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Von Mai bis September 2024 erhielt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) 149 Verdachtsberichte zu Qualitätsmängeln des erst im Mai 2024 in den Handel gebrachten Fertigpens des Twincretins Tirzepatid (MOUNJARO KwikPen). Beanstandet wird, dass sich die vierte (also letzte) – zum Teil auch schon die dritte – wöchentliche Dosis des bei Typ-2-Diabetes bzw. Adipositas zugelassenen Pens nicht auslösen ließ.
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Ein 62-jähriger Mann mit normalen Gerinnungswerten wird bei benigner Prostatahyperplasie mit dem temporär implantierbaren Nitinol-Körbchen iTIND behandelt, das für sieben Tage in der prostatischen Harnröhre einliegt. Direkt nach Entfernung kommt es zu einer schweren Blutung in die Harnblase mit Harnverhalt. Die Anlage eines Blasenkatheters ist erforderlich. Im weiteren Verlauf entwickelt der Patient eine Kreislaufschwäche. Nach notfallmäßiger stationärer Aufnahme bildet sich innerhalb weniger Tage insgesamt dreimal ein blutiger Harnverhalt aus, Spülkatheter werden angelegt.
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Ein 12-jähriger Junge mit emotionaler Instabilität wird nach Diagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis unter anderem mit dem Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-alpha-Hemmer Adalimumab (HUMIRA, Biosimilars) behandelt. Darunter fällt er durch zunehmend instabile Stimmung, depressive Gefühle, Selbstverletzungen, Reizbarkeit und impulsives Verhalten auf. Die Symptome werden als manische Episode interpretiert. Nach Absetzen des Biologikums und unter psychiatrischer Medikation treten sie nicht mehr auf. Die Autoren vermuten, dass der Antikörper die manischen Episoden bei vorbestehender affektiver Erkrankung getriggert haben könnte.
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Seit Mitte 2024 lassen das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales und die dortige Arzneimittelbehörde PMDA in den Packungsbeilagen von Brimonidin-haltigen Augentropfen (ALPHAGAN, Generika; z.B. in COMBIGAN) auf das Risiko einer Hornhauttrübung mit Neovaskularisation u.a. sowie diesbezügliche Vorsichtsmaßnahmen hinweisen. Hintergrund sind 19 aus Japan stammende Berichte über derartige Veränderungen in Verbindung mit dem Glaukommittel, von denen bei 11 ein kausaler Zusammenhang als möglich erachtet wird. Eine durch die Augentropfen ausgelöste Entzündungsreaktion wird als Ursache angenommen.
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Ende letzten Jahres wurde die randomisierte, offene EPIC-CAD-Studie aus Südkorea publiziert. Sie findet bei Patienten mit Vorhofflimmern und begleitender stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK) Vorteile der Monotherapie mit dem NOAK Edoxaban (LIXIANA) in der für die Rhythmusstörung zugelassenen Dosierung gegenüber der Kombination mit einem Thrombozytenaggregationshemmer:
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Die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV; CERVARIX, GARDASIL 9) verringert in Beobachtungsstudien die Häufigkeit von Zervixkarzinomen (a-t 2020; 51: 80 und 2021; 52: 103). Jetzt gibt es einen ersten Hinweis, dass die Immunisierung auch die Sterblichkeit an Gebärmutterhalskrebs beeinflusst: Eine aktuelle ökologische Studie (siehe S. 1) wertet Daten zur Mortalität an Zervixkarzinom bei US-amerikanischen Frauen unter 25 Jahren zwischen 1992 und 2021 aus.
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„Stärken Sie das Immunsystem Ihrer Patienten“, wirbt Wörwag Pharma aktuell für das Zinkpräparat ZINKOROT 25 mg. Zugelassen sind die Tabletten zum Einnehmen allerdings nur bei Zinkmangelzuständen, die durch übliche Ernährung nicht behoben werden können. Dennoch schreibt die Firma in „Tipps für die Beratung“, dass sich in Metaanalysen plazebokontrollierter Studien zeigte, „dass eine Zinksubstitution die Dauer eines grippalen Infekts signifikant verkürzen kann, wenn innerhalb der ersten 24 Stunden nach Symptombeginn damit begonnen wird. Die größten Effekte zeigten sich bei hochdosierter Gabe“. Auch ein aktuelles Cochrane Review bestätige, dass Zink die Dauer einer Erkältung verkürzen könne.
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Ein Patient wies mich auf eine randomisierte Doppelblindstudie über die Wirksamkeit von Vitamin K2 zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe hin. Die tägliche Einnahme habe in der Studie zu einer signifikanten Abnahme sowohl der Häufigkeit als auch von Intensität und Dauer der Krämpfe geführt. Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten. Wie beurteilen Sie diese Studie? Wie darf ich mir den Wirkmechanismus vorstellen? Gibt es endlich ein gut wirksames und gut verträgliches Mittel gegen dieses häufig geklagte, viele Patientinnen und Patienten stark quälende Beschwerdebild?
N.N. (Name etc. in a-t 1/2025 genannt)
Vitamin K kommt natürlicherweise als Vitamin K1 (Phyllochinon) und Vitamin K2 vor. Als Vitamin K2 wird die Gruppe der Menachinone (MK) bezeichnet, die sich wiederum durch die Zahl der Isoprenoidreste in der Seitenkette (MK-4 bis MK-13) unterscheiden (a-t 2018; 49: 28-9). Anders als Vitamin K1 (KONAKION MM, KA-VIT) sind Menachinone hierzulande nicht als Arzneimittel im Handel, sondern nur als Nahrungsergänzungen, die ohne behördliche Zulassung und Qualitätskontrollen vermarktet werden dürfen.
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Seit Oktober 2024 ist mit KELZY eine weitere Ethinylestradiol (EE)-Dienogest-Kombination zur Empfängnisverhütung auf dem Markt. Sie enthält 20 µg EE – wie auch andere EE-Gestagen-Kombinationen (z.B. mit Levonorgestrel [LEIOS u.a.]) – und damit weniger als bislang verfügbare Dienogest-haltige Kontrazeptiva (30 µg; VALETTE, Generika). KELZY wird als erste Verhütungspille als Retardzubereitung angeboten, muss aber trotzdem täglich eingenommen werden. Die verzögerte Wirkstofffreisetzung soll hormonelle Schwankungen reduzieren und dadurch die Zykluskontrolle verbessern.
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Nachdem die Firma Sanofi 2023 die Produktion von Humaninsulin eingestellt hat, lässt jetzt auch Novo Nordisk den Vertrieb ab 2025 sukzessive auslaufen (a-t 2024; 55: 87): Betroffen sind das Verzögerungsinsulin PROTAPHANE ab 2. Quartal 2025 bis Ende 2025 und die kurzwirkenden und Misch-Humaninsuline (außer NOVORAPID PUMPCART) ab 1. Quartal 2026 bis Ende 2026. Wie der letzte verbliebene Produzent von Humaninsulin, Lilly, in Zukunft verfährt, ist unklar. Auf Anfrage teilt uns die Firma mit, dass es „derzeit“ keine Pläne gäbe, die Produktion von Humaninsulin einzustellen.
Novo Nordisk hat das Auslaufen seiner „frühen“ Insuline angekündigt, worunter neben den Humaninsulinen auch das Analogon Detemir (LEVEMIR) fällt.
Nach Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) verwenden derzeit nur noch etwa 10% der 2,4 Millionen hierzulande mit Insulin behandelten Menschen mit Diabetes mellitus Humaninsulin.
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Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hat Pseudoephedrin-haltige Erkältungsmittel (BOXAGRIPPAL, RHINOPRONT u.a.) im Dezember 2024 mit sofortiger Wirkung unter Rezeptpflicht gestellt. Schon länger rät die Behörde vom Gebrauch des gefäßverengend wirkenden peroralen Sympathomimetikums ab, das mit kardiovaskulären und ischämischen Risiken (Hypertonie, Herzinfarkt, Schlaganfall, ischämische Kolitis u.a.) assoziiert ist.
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Im August 2024 hatten wir über eine retrospektive Kohortenstudie einer spezialisierten Augenklinik berichtet, nach der unter dem GLP-1-Agonisten Semaglutid (OZEMPIC, a-t 2020; 51: 25-8; WEGOVY, a-t 2023; 54: 57-61 u.a.) ein signifikant erhöhtes Risiko einer nichtarteriitischen anterioren ischämischen Optikusneuropathie (NAION) bestehen könnte. Die Erkrankung ist zwar selten, kann allerdings mit plötzlichem Sehverlust bis hin zur Erblindung einhergehen (a-t 2024; 55: 64).
Jetzt weisen Daten einer großen dänischen Registerstudie ebenfalls auf einen möglichen Zusammenhang von NAION mit Semaglutid hin:
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Im September 2024 wurde in den USA vor seltenem, aber schwerwiegendem Leberschaden unter dem Neurokinin-3-Antagonisten Fezolinetant (VEOZA; a-t 2024; 55: 34-6, 72) gewarnt. Im Dezember 2024 folgte eine deutliche Hervorhebung der Hepatotoxizität in der dortigen Fachinformation als „Boxed Warning“. Nun kommt auch hierzulande ein Rote-Hand-Brief für das gegen moderate bis schwere menopausal bedingte Hitzewallungen zugelassene Mittel.
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Dass Vitamin D eine wichtige Funktion für den Knochenstoffwechsel hat und bei schwerem Mangel Rachitis (bei Kindern) bzw. Osteomalazie (bei Erwachsenen) drohen, ist seit Langem bekannt. In jüngerer Zeit haben sich in Beobachtungsstudien aber auch Assoziationen niedriger Vitamin-D-Spiegel, erfasst durch den Metaboliten 25-Hydroxyvitamin D (25[OH]D), mit einer Reihe nichtskelettaler Erkrankungen wie Krebs, Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes u.a. ergeben. Inzwischen sind viele, teils auch sehr große randomisierte Studien zu diesen Fragen aufgelegt
(a-t 2018; 49: 103 und 2019; 50: 36-7) und in zahlreichen Metaanalysen zusammengefasst worden. Dabei zeigen sich meist keine signifikanten Effekte des Vitamins. Die internationale Endocrine Society hat jetzt eine Leitlinie veröffentlicht, die sich mit diesen nicht klassischen möglichen Indikationen für Vitamin D befasst. Der aufwendig erstellten Leitlinie liegt eine systematische Übersicht der Evidenz zu Grunde. Gerichtet sind die Empfehlungen an Menschen ohne etablierte Indikation für Vitamin D, ohne Grunderkrankung, die die Vitamin-D-Physiologie deutlich beeinträchtigt, wie etwa nephrotisches Syndrom, und ohne hohes Frakturrisiko.
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In Spanien stellt sich ein Elternpaar in einer Kinderklinik vor. Ihr vier Monate alter Säugling hat seit zwei Monaten zunehmend starken Haarwuchs an den Beinen und am Rücken. Nach Ausschluss krankheitsbedingter Ursachen durch zahlreiche Untersuchungen, einschließlich Abdomen-MRT und hormoneller Analysen, fällt der Verdacht auf den Vater: Dieser verwendet seit zwei Monaten 5%iges topisches Minoxidil (REGAINE, Generika) gegen Haarausfall am Kopf. Nachdem er es absetzt, bildet sich die Hypertrichose bei seinem Sohn allmählich zurück und ist schließlich ganz verschwunden.
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