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Die kürzlich publizierte REDUCE-AMI-Studie hat zuvor schon bestehende Zweifel am Nutzen der Langzeittherapie mit Betablockern nach Herzinfarkt verstärkt, wenn keine zusätzliche linksventrikuläre Dysfunktion besteht. Eine definitive Klärung des Stellenwerts der Betablockade in dieser Situation ließ die Studie unseres Erachtens jedoch nicht zu (a-t 2024; 55: 33-4). Auch nach der soeben veröffentlichten ABYSS-Studie bleiben Fragen offen. Anders als REDUCE-AMI, in der die Langzeiteinnahme von Betablockern beginnend ein bis sieben Tage nach dem akuten Ereignis mit einer Versorgung ohne Betablocker verglichen wurde, prüft die ABYSS-Studie Sicherheit und Wirksamkeit des Absetzens von Betablockern nach einem mindestens sechs Monate zurückliegenden Herzinfarkt.
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Unter der Überschrift „Long COVID – Vitamin C im Fokus“ wirbt die Firma Pascoe im Juni 2024 im Deutschen Ärzteblatt für die Anwendung ihrer Vitamin-C-Injektionslösung PASCORBIN. Zu Long COVID heißt es in der Werbung ohne Angabe von Quellen: „Die Aufrechterhaltung der Immunantwort und die entzündungshemmende Wirkung von Vitamin C könnten bei der Behandlung von Long-COVID-Betroffenen eine wichtige Rolle spielen. Der Vitamin-C-Status wurde bei Long COVID bisher nicht untersucht, ein Mangel ist aber aufgrund des hohen Verbrauchs während der akuten Erkrankung wahrscheinlich und sollte bei der Behandlung auch langfristig abgeklärt werden.“ Derartige Spekulationen halten wir in einer Werbung nicht für zulässig. Gegen Long COVID ist das Präparat nicht zugelassen, bei klinischen Vitamin-C-Mangelzuständen auch nur dann, wenn diese nicht ernährungsmäßig behoben oder per os substituiert werden können.
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Mit dem Slogan „REThink Pregabalin“ wirbt Aristo Pharma für PREGABALIN ARISTO RETARD. Seit Februar 2024 bietet die Firma das retardierte Pregabalin-Präparat zur Behandlung von peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzen Erwachsener an (zu Analgetika bei diabetischer Neuropathie siehe auch a-t 2023; 54: 10-1). Während nicht retardierte Präparate zwei- bis dreimal täglich eingenommen werden, ist hier nur eine einmal tägliche Dosierung vorgesehen.
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Schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Anaphylaxie sind eine bekannte unerwünschte Wirkung des Multiple-Sklerose (MS)-Mittels Glatiramerazetat (COPAXONE u.a.). Ein Rote-Hand-Brief weist aktuell darauf hin, dass auch noch Monate oder Jahre nach Therapiebeginn anaphylaktische Reaktionen kurz nach einer subkutanen Applikation auftreten und tödlich verlaufen können.
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Seit März 2024 ist der 20-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff PREVENAR 20 zur aktiven Immunisierung von Kindern im Alter von 6 Wochen bis 17 Jahren zugelassen. Bereits seit 2022 ist er unter dem Handelsnamen APEXXNAR zur Impfung Erwachsener verfügbar (a-t 2022; 53: 76-7), und seit September 2023 wird die Vakzine von der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Standardimpfung für Personen ab 60 Jahre empfohlen (a-t 2024; 55: 3). Anders sieht es nun für die Immunisierung von Kindern aus.
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Seit 2023 stehen für die aktive Immunisierung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) die Impfstoffe ABRYSVO und AREXVY zur Verfügung (a-t 2023; 54: 73-5). Die US-amerikanische Impfkommission ACIP hat Ende Juni 2024 ihre Empfehlungen zur RSV-Prophylaxe älterer Erwachsener geändert:
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Für das bei Diabetes mellitus zugelassene Semaglutid-Präparat OZEMPIC bestehen seit mehr als einem Jahr Lieferprobleme, auch weil es off-label bei Adipositas verwendet wird (a-t 2023; 54: 31). Da sind Angebote im Internet offenbar verlockend, wenn die geforderten Preise relativ niedrig sind, kein Rezept erforderlich ist und auf Wirkungen bei Übergewicht hingewiesen wird. Dass der Kauf solcher Angebote keine gute Idee ist, veranschaulicht eine aktuelle Publikation:
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Für die nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION), eine seltene Erkrankung, die mit plötzlichem einseitigen schmerzlosen unterschiedlich stark ausgeprägten Sehverlust bis hin zur möglichen Erblindung einhergeht, gibt es keine etablierte Therapie. Spontane Besserung ist möglich, in der Regel bleiben jedoch Schäden bestehen. Neben Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus werden Medikamente mit NAION in Verbindung gebracht, z.B. Phosphodiesterasehemmer wie Sildenafil (VIAGRA, Generika; a-t 2002; 33: 41-2).
Eine US-amerikanische retrospektive Kohortenstudie berichtet nun vom gehäuften Auftreten der Erkrankung unter dem GLP-1-Agonisten Semaglutid (OZEMPIC, a-t 2020; 51: 25-8; WEGOVY, a-t 2023; 54: 57-61 u.a.).
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Wie anfällig die Versorgung mit Arzneimitteln ist, wenn die Produktion im Wesentlichen von einer Firma abhängt (vgl. e a-t 12/2022a u.a.), veranschaulichen die derzeitigen Lieferabrisse bei Atomoxetin (ATOMOXETIN-1A u.a.) gegen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS).
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Seit Herbst 2023 fordert die Weltgesundheitsorganisation WHO wiederholt, auf die B/Yamagata-Linie in tetravalenten Grippeimpfstoffen zu verzichten, da diese seit März 2020 weltweit nicht mehr nachgewiesen worden ist. Die Maßnahme soll verhindern, dass das Virus insbesondere über abgeschwächte Lebendvakzinen erneut eingeführt wird (a-t 2024; 55: 21). Die europäische Arzneimittelagentur EMA folgt der Empfehlung im März 2024, die STIKO im August. Die Anbieter tetravalenter Totimpfstoffe erhalten jedoch für die Rückumstellung auf trivalente Vakzinen ohne B/Yamagata Aufschub bis zur Saison 2025/26. Nur der intranasale Lebendimpfstoff FLUENZ soll bereits in der Saison 2024/25 trivalent zur Verfügung stehen.
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Ein neunjähriges Mädchen mit Herzschrittmacher gibt beim spätsommerlichen Schwimmen im Aufstellpool der Nachbarn Benommenheit an. Ein 61-jähriger Mann mit CRT-D-Schrittmacher (kardiale Resynchronisationstherapie plus Defibrillator) schwimmt im Urlaub in der Karibik im Hotelpool, nähert sich den Unterwasserlampen der Poolbar und verspürt ebenfalls Benommenheit. Entfernt er sich, lassen die Beschwerden nach.
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Ausführliche Bewertung gleichzeitig als e a-t 8/2024a veröffentlicht.
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind Smartphone-Applikationen oder browserbasierte Webanwendungen, die helfen sollen, Krankheiten zu erkennen, zu überwachen, zu behandeln oder zu lindern oder die Zeit bis zum Beginn einer konventionellen Therapie wie Physiotherapie zu überbrücken. Sie müssen als Medizinprodukte CE-zertifiziert und zusätzlich vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft sein und werden dann durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattet.
DIGA-VERZEICHNIS DES BFARM: Das BfArM überprüft in einem eigens dafür geschaffenen Schnellverfahren („Fast Track“), ob die Angaben der Anbieter zu Produkteigenschaften einschließlich Datenschutz, Funktionstauglichkeit und Sicherheit den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Zudem müssen positive Versorgungseffekte belegt sein.
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Seit Juni empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) den seit Herbst 2023 angebotenen monoklonalen Antikörper Nirsevimab (BEYFORTUS) für alle Neugeborenen und Säuglinge unabhängig von möglichen Risikofaktoren zur Prophylaxe von Erkrankungen durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) in ihrer ersten RSV-Saison. Vorrangiges Ziel ist, RSV-bedingte Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen und Todesfälle, aber auch stationäre und ambulante Versorgungsengpässe zu verhindern. RSV ist einer der bedeutendsten Auslöser von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern und kann vor allem in den ersten Lebensmonaten Bronchiolitiden und Pneumonien hervorrufen, insbesondere bei bestehenden Risikofaktoren wie Frühgeburtlichkeit (siehe Kasten in a-t 2023; 54: 81-4). Allerdings ist bei 80% bis 85% der stationär aufgenommenen Kinder kein Risikofaktor für eine schwere RSV-Infektion bekannt.
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Seit Juni 2024 ist der Referentenentwurf des „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) öffentlich – und erntet seither von nahezu allen Seiten heftigste Kritik. Das GHG sieht an mehreren Stellen Regelungen für Früherkennungsmaßnahmen und medizinische Interventionen vor, von denen die Verfasser wissen, dass ihr Nutzen nach Maßstäben der evidenzbasierten Medizin nicht belegt ist. Der Rechtsgrundsatz, dass Qualität und Wirksamkeit der zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbrachten Leistungen dem anerkannten medizinischen Kenntnisstand entsprechen und den Fortschritt angemessen berücksichtigen müssen, wird damit ebenso missachtet wie das im Sozialgesetzbuch (SGB) V festgelegte allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot. Für uns ist es schlichtweg rätselhaft und irritierend, wie ein Gesundheitsminister, von dem man mit Recht annehmen durfte, dass er sich der evidenzbasierten Medizin verpflichtet fühlt, zur Umsetzung seiner politischen Ziele von deren Grundsätzen in derart eklatanter Weise abweichen kann.
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Die Tabakindustrie, deren Zigaretten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch weltweit mit jährlich 8,7 Millionen Todesfällen einhergehen sollen, arbeitet intensiv am Imagewandel – vom Verursacher von Krankheiten und Tod zum angeblichen Problemlöser. Dabei verfolgt sie weiterhin konsequent ihre kommerziellen Interessen. Obwohl Raucherentwöhnung und Zigarettenproduktion einen offensichtlichen und grundsätzlichen Interessenkonflikt beinhalten, der eine Beteiligung der Tabakindustrie an entsprechender Fortbildung der Fachkreise verbieten müsste, hat Philip Morris International eine Serie von Fortbildungen zur Raucherentwöhnung gestartet, beispielsweise in einem „multi million dollar deal“ mit Medscape, einer weltweit agierenden Onlineplattform für Gesundheitsberufe.
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In Frankreich darf seit April 2024 für rezeptfreie Ibuprofen-Präparate (AKTREN FORTE u.a.) zu 400 mg nicht mehr in der breiten Öffentlichkeit (z.B. im Fernsehen) geworben werden. Hintergrund ist laut französischer Arzneimittelagentur ANSM eine in Verbindung mit häufiger Werbung und gestiegenen Verkaufszahlen beobachtete Zunahme schwerer unerwünschter Wirkungen, vor allem gastrointestinaler Blutungen und Störungen der Nierenfunktion.
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Eine 51-jährige Frau sowie ein 46-jähriger Mann injizieren zur Gewichtsreduktion einmal wöchentlich subkutan bis zu 5 mg bzw. bis zu 10 mg des GLP-1- und GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid)-Rezeptoragonisten Tirzepatid (MOUNJARO). Kurz nach Behandlungsbeginn bzw. nach etwa dreimonatiger Anwendung bemerken sie ein deutlich nachlassendes oder sogar fehlendes Durstgefühl, das insbesondere während oder nach dem Sport auffällt (NETZWERK-Berichte 18.474 und 18.475). Hinweise auf eine derartige Störwirkung des hierzulande bei Diabetes mellitus Typ 2 und bei Adipositas oder Übergewicht zugelassenen Mittels (a-t 2023; 54: 91-2 und 2024; 55: 29-30) enthalten weder die aktuelle hiesige Fachinformation noch US-amerikanische Produktinformationen.
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Ein neunjähriges Mädchen mit Herzschrittmacher gibt beim spätsommerlichen Schwimmen im Aufstellpool der Nachbarn Benommenheit an. Ein 61-jähriger Mann mit CRT-D-Schrittmacher (kardiale Resynchronisationstherapie plus Defibrillator) schwimmt im Urlaub in der Karibik im Hotelpool, nähert sich den Unterwasserlampen der Poolbar und verspürt Benommenheit. Entfernt er sich, lassen die Beschwerden nach.
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Das niederländische Pharmakovigilanzzentrum Lareb rät zu erhöhter Aufmerksamkeit bei der Anwendung des Abführmittels Bisacodyl (DULCOLAX, Generika). Ausgehend von zwei dem Zentrum gemeldeten Patienten mit ischämischer Kolitis nach Einnahme des Laxans werden weitere Berichte aus der medizinischen Literatur aufgearbeitet.
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Kennen Sie den Unterschied zwischen BISODIPIN 5 mg/10 mg und BISODIPIN 10 mg/5 mg? Die Präparatenamen lassen immerhin vermuten, dass hier Bisoprolol mit einem Kalziumantagonisten vom Dihydropyridintyp, die auf -dipin enden, kombiniert ist. Konkret handelt es sich dabei um Amlodipin. Die erste Milligramm-Angabe bezieht sich jeweils auf Bisoprolol, die zweite auf Amlodipin.
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Die Zulassung des als Reservemittel zur Behandlung der primären biliären Cholangitis (PBC) angebotenen Farnesoid-X-Rezeptoragonisten Obeticholsäure (OCALIVA) soll widerrufen werden. Dies empfiehlt der Ausschuss für Humanarzneimittel der europäischen Arzneimittelagentur EMA (CHMP). Das Orphan Drug war 2016 in Europa auf Basis von Surrogatparametern und nur unter der Auflage weiterer Studien zur Prüfung von klinischem Nutzen und Sicherheit bedingt zugelassen worden. Insbesondere auf eine davon stützt der CHMP seine aktuelle Empfehlung:
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Schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Anaphylaxie sind eine bekannte seltene Störwirkung des Multiple-Sklerose (MS)-Mittels Glatiramerazetat (COPAXONE u.a.). Der europäische Pharmakovigilanzausschuss PRAC weist aktuell darauf hin, dass anaphylaktische Reaktionen kurz nach der subkutanen Applikation auch noch Monate oder Jahre nach Therapiebeginn auftreten und tödlich verlaufen können.
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Bedenken, dass die bestehenden Maßnahmen zur Eindämmung des Risikos von Agranulozytosen unter Metamizol (Novaminsulfon; NOVALGIN, Generika; a-t 2009: 40: 60 u.a.) nicht wirksam genug sind, führen jetzt auf Ersuchen der finnischen Arzneimittelbehörde zur Überprüfung des Pyrazolon-Analgetikums durch die europäische Arzneimittelagentur EMA. Anlass sind Agranulozytosen, die trotz vor kurzem verschärfter Maßnahmen zur Risikominimierung – etwa ein Warnhinweis auf der Außenverpackung und Informationen in Patientenkarten – aufgetreten sind.
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Die Nutzen-Schaden-Bilanz der Injektionssuspension STROVAC zur Therapie und Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen beurteilen wir angesichts der Ergebnisse der RUDIS-Studie als negativ (vgl. a-t 2023; 54: 34-5). Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Behörde sah allerdings keine Möglichkeit, die Zulassung zu widerrufen. Im Oktober 2023 teilte uns das Bundesministerium für Gesundheit mit, dass das PEI prüfe, vom Anbieter die Durchführung einer Wirksamkeitsstudie zu verlangen (a-t 2023; 54: 79-80).
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Viele meiner Patientinnen und Patienten erhalten Pulmonalvenenisolationen/Kryoablationen bei Vorhofflimmern. Wenn diese dann nachweislich erfolgreich sind, so wird ihnen bei entsprechendem CHA2DS2-VASc-Score trotzdem weiter eine orale Antikoagulation empfohlen. Wie ist die Datenlage dazu?
N.N. (Name etc. in a-t 7/2024 genannt)
Die Erwartung, dass nach Katheterablation wegen Vorhofflimmerns im Erfolgsfall (Wiederherstellung von Sinusrhythmus, Verringerung der Vorhofflimmerlast) das Thromboembolierisiko so weit abnimmt, dass eine zuvor indizierte orale Antikoagulation verzichtbar wird, erscheint zunächst plausibel. Zweifel sind jedoch schon deshalb angebracht, weil randomisierte Studien mit Antiarrhythmika trotz erfolgreicher Rhythmuskontrolle gegenüber reinen Frequenzkontrollen keine Reduktion thromboembolischer Ereignisse zeigen (a-t 2003; 34: 2-3). Ähnlich finden randomisierte Studien zum Nutzen einer Rhythmuskontrolle nach Ablation zwar um 20% bis 40% geringere Rezidivraten an Vorhofflimmern als unter Antiarrhythmika, aber keine Reduktion der Schlaganfallrate.
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Es gibt Berichte, dass die Aufnahme von Vitamin B12 nach Einnahme von Höchstdosen wie 1.000 µg pro Tag per os zu einem ausreichenden Spiegel von Vitamin B12 trotz fehlendem Intrinsic-Faktor führen soll. Stimmt das und raten Sie dazu?
N.N. (Name etc. in a-t 7/2024 genannt)
Vitamin B12 wird aus der Nahrung nach Spaltung (mithilfe von Magensäure und Verdauungsenzymen) größtenteils durch aktiven Transport im terminalen Ileum aufgenommen. Hierfür bindet es an den intrinsischen Faktor (Intrinsic-Faktor), der in den Parietalzellen des Magens produziert wird. Bei Vorliegen von z.B. Anti-Intrinsic-Faktor-Antikörpern, chronisch atrophischer Gastritis oder nach gastrointestinalen Eingriffen wie bariatrischer Chirurgie kann es zu einem Mangel an Intrinsic-Faktor kommen, der mittel- bis langfristig in einen Vitamin-B12-Mangel münden kann
(a-t 1999; Nr. 1: 19). Lange war in solchen Fällen die parenterale Substitution Goldstandard, vor allem als intramuskuläre Injektion. Auch die aktuelle Leitlinie des britischen NICE empfiehlt bei Vitamin-B12-Malabsorption durch Autoimmungastritis, nach totaler Gastrektomie oder vollständiger Entfernung des terminalen Ileums die lebenslange parenterale Substitution.
Vitamin B12 wird jedoch nicht nur aktiv in Verbindung mit dem Intrinsic-Faktor aufgenommen.
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Uns suchen viele Patienten auf, die Fernreisen planen und Tollwut-Impfschutz benötigen. Oft kommen sie erst wenige Wochen vor der Abreise zur Beratung, das heißt, es gibt einen gewissen Zeitdruck. Der bewährte Impfstoff RABIPUR ist wiederholt nicht lieferbar. Wie gut sind Verträglichkeit und Wirksamkeit des neuen Tollwut-Impfstoffs VERORAB nachgewiesen?
N.N. (Name etc. in a-t 7/2024 genannt)
Tollwut ist eine durch das Rabiesvirus und verschiedene Fledermaus-Lyssaviren hervorgerufene ZNS-Erkrankung, die in der Regel durch den Speichel eines infizierten Tieres übertragen wird, meist durch einen Biss. Zu den wichtigsten Reservoiren gehören Hunde und Fledermäuse. Deutschland gilt seit 2008 als frei von Tollwut am Boden lebender Tiere, ebenso wie die meisten Länder Europas. In Fledermäusen werden Lyssaviren aber auch hierzulande weiterhin nachgewiesen. Weltweit sterben nach Schätzung der WHO jährlich etwa 60.000 Personen an der Zoonose, überwiegend in Afrika und Asien. 99% der menschlichen Tollwutinfektionen in endemischen Regionen werden durch Hunde übertragen.
Nach Auftreten klinischer Symptome verläuft Tollwut nahezu immer tödlich. Eine kausale Therapie gibt es nicht. Daher wird bei Reisen in Länder mit hohem oder – bei längeren oder wiederholten Aufenthalten – mäßigem Risiko für Hundetollwut und unzureichender ärztlicher Versorgung, potenziellem Mangel an modernen Tollwut-Impfstoffen und -Immunglobulin oder erhöhter Expositionswahrscheinlichkeit (z.B. einfache Reisebedingungen, bestimmte Aktivitäten wie Fahrradfahren) eine vorbeugende Impfung (Präexpositionsprophylaxe) empfohlen.
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Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) passt ihre Empfehlungen zum präoperativen Management von Patienten an, die zur Behandlung eines Diabetes mellitus Typ 2 oder zur Gewichtsreduktion bei Adipositas GLP-1-Agonisten wie Semaglutid (OZEMPIC, WEGOVY; a-t 2020; 51: 25-8, 2023; 54: 57-61 u.a.) oder das Twincretin Tirzepatid (MOUNJARO; a-t 2023; 54: 91-2, 2024; 55: 29-30) anwenden. Sie folgt damit der amerikanischen Fachgesellschaft der Anästhesiologen (ASA).
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Die meisten Arzneimittel werden in der Erprobungsphase an weniger als 3.000 Personen getestet. Seltene unerwünschte Wirkungen fallen daher oft erst nach der Zulassung auf
(vgl. a-t 2024; 55: 17-8).
Das gilt auch für das erstmals 1988 beschriebene Gallengangsverlustsyndrom (Vanishing Bile Duct Syndrome). Die seltene, aber schwerwiegende Leberschädigung mit fortschreitender Zerstörung und Verlust von kleinen intralobulären Gallengängen (Duktopenie: Fehlen von mehr als 50% der Gallengänge in der Biopsie) tritt bisweilen nach schwerer cholestatischer Hepatitis auf. Das Syndrom wird zudem im Verlauf von genetischen Erkrankungen, Infektionen, Immunopathien, Neoplasien wie Lymphom u.a. beobachtet, kann aber auch durch Arzneimittel ausgelöst werden.
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Promethazin (ATOSIL, Generika), ein sedativ wirkendes Antihistaminikum mit Phenothiazin-Struktur, ist ab sofort in Neuseeland per os bei Kindern unter sechs Jahren kontraindiziert. Der einschränkenden Maßnahme liegt eine Sicherheitsüberprüfung des dortigen Anbieters Sanofi zu Grunde. Diese hat für unter Sechsjährige ein „hohes Risiko psychiatrischer und zentralnervöser systemischer Wirkungen“ ergeben, einschließlich psychomotorischer Hyperaktivität, Aggressivität und Halluzinationen. Unter hohen Dosierungen kann es zudem zu reversiblen kognitiven Störungen einschließlich Schwierigkeiten beim Lernen und Verstehen kommen.
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Die britische Arzneimittelbehörde MHRA erinnert aktuell daran, dass nach Beendigung einer längeren (≥ 6 Monate) Anwendung moderat bis sehr stark wirkender Glukokortikoid-Externa ein als Glukokortikoid-Entzugsreaktionen (TSW, Topical Steroid Withdrawal Reactions) bezeichnetes Beschwerdebild auftreten kann. Bereits 2021 hat die Behörde über die als selten eingestufte potenzielle Störwirkung informiert und einen Warnhinweis in die Produktinformationen aufnehmen lassen. Bei TSW werden typischerweise mehrere Stadien unterschieden: Zunächst kommt es einige Tage nach Absetzen – selten auch während der Behandlung – zu akut aufflammenden brennenden erythematösen nässenden Hautveränderungen, die über den zuvor behandelten Bereich hinausgehen können.
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Läuse, Flöhe und Bettwanzen sind blutsaugende Parasiten des Menschen. Berichte über eine angebliche Bettwanzenplage 2023 in Paris sollen – so wird der französische Verfassungsschutz zitiert – gezielt von russischer Seite lanciert worden sein. Die VerbreitungvonBettwanzen hat jedoch in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Angaben hierzu stammen überwiegend von Schädlingsbekämpfungsfirmen. Eine Meldepflicht gibt es nicht. Auch finden wir keine systematisch erhobenen Daten zur Häufigkeit. Betroffen sind neben Privaträumen vor allem Orte mit hoher Personenfluktuation, von Hotels bis hin zu Flugzeugen. Wanzenbefall ist keine Frage der Hygiene.
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Eines der Werbeargumente für neue orale Antikoagulanzien (NOAK) ist immer noch die angeblich gute Antagonisierbarkeit durch spezifische Antidote. Für Andexanet alfa (ONDEXXYA), einen rekombinant hergestellten, inaktivierten Faktor Xa, der an Faktor-Xa-Inhibitoren wie Apixaban (ELIQUIS) und Rivaroxaban (XARELTO) bindet und so ihre antikoagulatorische Wirkung aufhebt, fehlte jedoch bei Zulassung 2019 der Nachweis eines klinischen Nutzens.
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Mit Etrasimod (VELSIPITY) ist seit Februar 2024 nach Ozanimod (ZEPOSIA; a-t 2023; 54: 94-6, 103-4) der zweite Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptoragonist zur Behandlung der Colitis ulcerosa im Handel. Etrasimod ist zugelassen für Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa, die auf eine konventionelle Therapie oder Biologika unzureichend ansprechen oder diese nicht vertragen. Anders als Ozanimod darf Etrasimod auch bei Jugendlichen ab 16 Jahren angewendet werden.
EIGENSCHAFTEN: Etrasimod bindet an die S1P-Rezeptor-Subtypen 1, 4 und 5 und führt darüber partiell und reversibel zu einer Retention der Lymphozyten in lymphatischen Organen. So sinkt die Anzahl der Lymphozyten im peripheren Blut auf ca. 50% des Ausgangswertes und konsekutiv die Anzahl aktivierter Lymphozyten im Gewebe. Der Wirkmechanismus bei Colitis ulcerosa könnte auf einer verringerten Migration von Lymphozyten in Entzündungsherde beruhen.
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Für die Tabletten-Zubereitung ORTOTON FORTE mit dem Muskelrelaxans Methocarbamol wirbt der Anbieter Recordati aktuell im Deutschen Ärzteblatt mit Schmerzfreiheit bei 20% und Mobilität bei 75% der Patienten nach drei Tagen bei akuten Kreuzschmerzen „vs. Plazebo“. Angaben dazu, wie häufig diese unter Plazebo erreicht werden, fehlen dort. Als Quelle dient Recordati eine gepoolte Auswertung von zwei methodisch mangelhaften Studien zu Methocarbamol als Injektionslösung bzw. Tabletten (a-t 2024; 55: 45-6). Abgesehen von den methodischen Mängeln sind nach drei Tagen in der Studie zu den Tabletten sowohl unter Plazebo als auch unter Methocarbamol zwischen 10% und 20% der Patienten „schmerzfrei“. Als „schmerzfrei“ gilt hier eine Schmerzstärke unterhalb von 5 mm auf der visuellen Analogskala. Ein signifikanter Unterschied zu Plazebo ist dort nicht belegt. „Mobil“ im Sinne von keinen oder nur leichten Bewegungseinschränkungen sollen selbst laut Publikation der gepoolten Analyse nach dreitägiger Einnahme von Methocarbamol 65% und nicht, wie in der Werbung behauptet, 75% sein.
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In der Ausgabe 8/2024 von „Der Hausarzt“ ist ein Report, welcher Methocarbamol (ORTOTON, Generika) vor allem aufgrund einer neuen Analyse von ÜBERALL et al. aus dem Jahr 2023 sowie dem „DGS Praxisleitfaden für akute Kreuz- und Rückenschmerzen“ als wirksame Therapie darstellt. Ändern die Studien, auf die sich diese Texte berufen, etwas an Ihrer Einschätzung des Wirkstoffes
(a-t 2019; 50: 45-6)
N.N. (Name etc. in a-t 6/2024 genannt)
1 STEINHAUSER, C.: Report in „Der Hausarzt“ 08/2024, Seite 61
Bei der erwähnten Analyse zu Methocarbamol (ORTOTON, Generika) handelt es sich um eine gemeinsame Auswertung von zwei bereits vor mehr als 20 Jahren abgeschlossenen, randomisierten Doppelblindstudien zur Behandlung akuter Rückenschmerzen. Sie wurden für die Nachzulassung der peroralen und parenteralen Zubereitungen hierzulande durchgeführt, blieben jedoch lange unveröffentlicht. Erst 2015 wurde die Studie zu den Tabletten publiziert, allerdings fehlerbehaftet (e a-t 11/2019c).
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Auch bei Patienten ohne vorbekannte Hypertonie wird in der sehr frühen Phase eines akuten Schlaganfalls nicht selten ein erhöhter Blutdruck gemessen. Höhe und Schwankungen des Blutdrucks haben abhängig von der Ätiologie (ischämisch, hämorrhagisch) wesentlichen Einfluss auf die Prognose. Bisher ist unbekannt, welche Blutdruckwerte in der sehr frühen Phase eines Schlaganfalls angestrebt werden sollten. Leitlinien wie die der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) raten, erst ab Werten von 220/120 mmHg vorsichtige Drucksenkungen zu erwägen, warnen aber auch vor plötzlichen Blutdruckabfällen.
Die ausschließlich in China und offen durchgeführte randomisierte Studie INTERACT4 vergleicht jetzt bei 2.404 im Mittel 70-jährigen Schlaganfallpatienten (38% Frauen) mit Symptombeginn vor längstens zwei Stunden und systolischem Blutdruck von mindestens 150 mmHg eine intensive Blutdrucksenkung (Ziel: systolisch 130 mmHg bis 140 mmHg innerhalb von 30 Minuten) mit einem „üblichen“ Vorgehen, das eine antihypertensive Therapie erst bei Werten über 220 mmHg systolisch und 110 mmHg diastolisch vorsieht.
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Die ursprünglich als Antidiabetika eingeführten SGLT-2-Hemmer Dapagliflozin (FORXIGA; a-t 2013; 44: 1-3) und Empagliflozin (JARDIANCE; a-t 2016; 47: 65-6) sind inzwischen auf Basis entsprechender jeweils plazebokontrollierter Studien nicht nur zusätzlich bei Herzinsuffizienz (a-t 2021; 52: 92, 101-2), sondern auch bei chronischen Nierenerkrankungen zugelassen worden (a-t 2021; 52: 76-8 und 2023; 54: 77-8). Beide SGLT-2-Hemmer mindern bei überwiegend mit ACE-Hemmern oder AT-II-Blockern vorbehandelten Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, darunter 67% bzw. 46% mit Diabetes, das Fortschreiten der Nephropathie hin zum terminalen Nierenversagen, Dapagliflozin senkt hier auch die Sterblichkeit. In Leitlinien werden SGLT-2-Hemmer für Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen inzwischen mit hohem Empfehlungsgrad angeraten, wenn die eGFR mindestens 20 ml/min/1,73 m beträgt und entweder gleichzeitig ein Typ-2-Diabetes, eine Herzinsuffizienz oder eine Albuminurie mit Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin (ACR) von mindestens 200 mg/g vorliegt.
Offen bleibt unseres Erachtens, wie groß der Effekt der SGLT-2-Hemmer im Vergleich zu einer optimiertenStandardtherapie ausfällt, da die Studien hier Mängel aufweisen, so etwa bei der Blutdruckeinstellung, die jeweils bei einem Teil der Patienten unzureichend ist.
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Die Belastung der Umwelt durch Plastik ist unübersehbar. Allein die Gesundheitsindustrie hat 2023 weltweit rund 11 Millionen Tonnen Plastik verarbeitet. In Deutschland wird der Therapie-assoziierte Abfall, der bei der Behandlung des Diabetes mellitus mit Insulin anfällt, auf mindestens 1,2 Milliarden Teile pro Jahr geschätzt. Diese Hochrechnung beruht auf einer Untersuchung, bei der 68 Patientinnen und Patienten einer Diabetesschwerpunktpraxis drei Monate lang ihre therapiebezogenen Abfälle (Pens, Insulinpatronen, Lanzetten, Nadeln, Sensoren, Katheter u.a.) in der Praxis abgegeben haben.
Angesichts der Müllproblematik formulieren Anbieter von Arzneimitteln und Medizinprodukten zunehmend Nachhaltigkeitsziele.
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Im Oktober 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGh) die Bedingungen präzisiert, unter denen ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) angeboten werden darf. Diese Einstufung trifft seitdem nur noch zu, „wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll“. Es genügt demnach nicht, „dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern“.
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Lungenentzündungen bzw. untere Atemwegsinfektionen machen den größten Teil der im Krankenhaus erworbenen Infektionen aus. Jede dritte nosokomiale Pneumonie ist mit einer maschinellen Beatmung assoziiert. Als Ursache gilt unter anderem die Aspiration von Keimen aus dem Oropharynx. Zähneputzen könnte nach einer kürzlich erschienenen Metaanalyse von 15 randomisierten Studien mit insgesamt 2.786 Patienten überwiegend auf Intensivstationen (n = 2.033) zur Prävention beitragen:
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Am 2. April 2024 ist das Basispatent des seit 2008 erhältlichen direkten „neuen“ oralen Antikoagulans (NOAK) Rivaroxaban (XARELTO) ausgelaufen. Seitdem ermöglichen Generika mit 2,5 mg Rivaroxaban abhängig von der Packungsgröße nach Listenpreisen Preiseinsparungen von 42% bis 72% (zum Teil bestehen bereits Rabattverträge). Die 2,5-mg-Zubereitung macht allerdings lediglich rund 7% der Gesamtaufwendungen für XARELTO zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus.
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2015 haben wir von der Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen mit D-Mannose abgeraten. Basierend auf einer damals vorliegenden positiven, aber möglicherweise verzerrten offen randomisierten Studie hielten auch deren Autoren weitere Untersuchungen für erforderlich (a-t 2015; 46: 88-9). Nun liegt eine pragmatisch in der Primärversorgung durchgeführte Doppelblindstudie aus Großbritannien vor. 598 im Mittel 58 Jahre alte Frauen mit wenigstens zwei- bzw. dreimaliger Vorstellung wegen Harnwegsinfektion innerhalb der letzten sechs bzw. zwölf Monate nehmen teil.
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Nach Ocrelizumab (OCREVUS; a-t 2018; 49: 33-5) und Ofatumumab (KESIMPTA; e a-t 11/2021b) ist mit Ublituximab (BRIUMVI) seit Februar 2024 der dritte Anti-CD20-Antikörper zur immunmodulierenden Therapie Erwachsener mit aktiver schubförmiger Multipler Sklerose (MS) im Handel. Ocrelizumab darf im Unterschied zu den beiden anderen außerdem bei früher primär progredienter MS angewendet werden. Ublituximab wird wie Ocrelizumab intravenös infundiert, Ofatumumab subkutan injiziert.
EIGENSCHAFTEN: Ublituximab ist ein chimärer (humaner und muriner Anteil) monoklonaler Antikörper, der an das Oberflächenantigen CD20 bindet und damit zur Lyse CD20-positiver (B-)Zellen führt, deren Reduktion immunmodulierend wirken soll.
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Falls menopausal bedingte Hitzewallungen medikamentös behandelt werden sollen, sind Östrogene meist in Kombination mit Gestagenen der Standard. Hierzulande hatten bislang neben zweifelhaften pflanzlichen Mitteln wie Cimicifuga (REMIFEMIN, Generika) nur hormonelle Wirkstoffe eine entsprechende Zulassung. Seit Februar 2024 ist mit dem Neurokinin-3 (NK3)-Rezeptorantagonisten Fezolinetant (VEOZA) ein neues Wirkprinzip zur Behandlung moderater bis schwerer vasomotorischer Symptome (Hitzewallungen) in Verbindung mit der Menopause im Handel.
EIGENSCHAFTEN: Die Körpertemperatur wird vom Hypothalamus geregelt. Das dort gelegene thermoregulatorische Zentrum wird von Kisspeptin-, Neurokinin-B- und Dynorphin (KNDy, sprich: Candy)-Neuronen innerviert, die von Östrogen gehemmt und dem Neuropeptid Neurokinin B stimuliert werden. Neurokinin B, das in erster Linie über den Neurokinin-3-Rezeptor wirkt, soll eine wichtige Rolle bei der Entwicklung menopausaler Hitzewallungen haben. Der NK3-Antagonist Fezolinetant blockiert die Bindung von Neurokinin B an die KNDy-Neuronen.
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Infektionen durch die grampositiven Stäbchen Listeria monocytogenes werden meist durch kontaminierte rohe Lebensmittel übertragen, beispielsweise Salat, Wurst oder Rohmilchkäse. Gefährdeten Menschen mit reduzierter Immunabwehr und Schwangeren werden unter anderem vegane Käsezubereitungen empfohlen. Französische Autoren informieren jetzt über insgesamt acht schwerwiegende invasive Listeriosen, die innerhalb weniger Monate in Frankreich (n = 5), Belgien, Deutschland und den Niederlanden in Verbindung mit veganem Käse bekannt geworden sind.
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Im Juli 2023 hat die europäische Arzneimittelagentur EMA mitgeteilt, dass der europäische Pharmakovigilanzausschuss PRAC auf Veranlassung der isländischen Arzneimittelbehörde ein Risikosignal für Suizidalität in Verbindung mit GLP-1-Agonisten wie Liraglutid (SAXENDA, VICTOZA) prüft und dafür unter anderem 150 entsprechende Verdachtsmeldungen auswertet. Jetzt liegt das Ergebnis vor: Nach Einschätzung des PRAC weisen die derzeit verfügbaren Daten nicht auf einen Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung der Inkretinmimetika und suizidalen oder selbstverletzenden Gedanken oder Handlungen hin. Neben Spontanberichten hat der Ausschuss für seine Bewertung zwei Kohortenstudien herangezogen.
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Die großen Studien zum mortalitätssenkenden Nutzen der Langzeittherapie mit Betablockern nach akutem Herzinfarkt wurden überwiegend Mitte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre publiziert. Sie stammen somit aus einer Zeit, bevor die akute Revaskularisierungstherapie, inzwischen vor allem mittels perkutaner Koronarintervention (PCI), Standard wurde und als es die heutige antithrombotische und Statintherapie noch nicht gab. Ausnahme ist die 20 Jahre später veröffentlichte CAPRICORN-Studie, die allerdings nur Herzinfarktpatienten mit linksventrikulärer Auswurffraktion von höchstens 40% aufgenommen hat.
Zum Stellenwert der Betablockade im Rahmen der modernen Infarkttherapie bei Patienten ohne eingeschränkte linksventrikuläre Auswurffraktion fehlen dagegen aussagekräftige Daten. Beobachtungsstudien zur Frage kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
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Morbus DUPUYTREN ist eine langsam fortschreitende Erkrankung des Bindegewebes der Hohlhand mit möglicher Ausbildung von Beugekontrakturen betroffener Finger. In einer pragmatischen multizentrischen Studie (DETECT) werden nun erstmals
drei Behandlungsstrategien randomisiert verglichen. Die 302 Teilnehmenden (81% Männer) sind im Mittel 65 bis 66 Jahre alt, haben ein bislang unbehandeltes Streckdefizit von mindestens 20° (Grund- und/oder Mittelgelenk mindestens eines Fingers, abgesehen vom Daumen), maximal 135° Beugekontraktur (durchschnittlich 61° bis 65°) und einen tastbaren Bindegewebsstrang. Sie werden entweder offen chirurgischer Entfernung von erkranktem Gewebe (limitierte Fasziektomie), Injektion von Kollagenase (XIAPEX, seit 2012 hierzulande außer Handel; a-t 2012; 43: 13-4) oder perkutaner Nadelfasziotomie (Durchstechung des Strangs mit Kanüle) zugeteilt.
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In der DEGAM-Leitlinie zur chronischen Gicht wird Vitamin C als mögliche Behandlungsoption der Hyperurikämie erwähnt. Ihre Einschätzung würde mich interessieren.
N.N. (Name etc. in a-t 4/2024 genannt)
Nach der 2020 publizierten S2e-Leitlinie „Häufige Gichtanfälle und chronische Gicht“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) „könnte“ zur Senkung des Harnsäurespiegels in Einzelfällen eine Vitamin-C-Einnahme erwogen werden. Eine Dosierung von täglich 500 mg (mittlere Dosis in Studien) gelte dabei als sicher. Die Autoren halten jedoch fest, dass unklar ist, ob darunter weniger Gichtanfälle auftreten und, wenn ja, nach welcher Behandlungsdauer damit zu rechnen ist. Der Effekt auf den Harnsäurespiegel sei zudem klein.
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Die kanadische Arzneimittelbehörde Health Canada weist aktuell auf mögliche Leberschäden und schwerwiegende Hautreaktionen unter dem Lipidsenker Ezetimib (EZETROL, Generika) hin. Sie stützt sich dabei auf eine Auswertung internationaler Sicherheitsdaten, bei der 42 Verdachtsberichte über Leberschäden identifiziert wurden, darunter ein kanadischer Bericht unter Monotherapie.
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Seit November 2023 wird der GLP-1- und GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid)-Rezeptoragonist Tirzepatid (MOUNJARO; a-t 2023; 54: 91-2) in Deutschland als Antidiabetikum angeboten. Seit Dezember 2023 ist er auch als Zusatz zu Lebensstilveränderungen zur Gewichtsabnahme Erwachsener zugelassen, bei Adipositas (Body-Mass-Index [BMI] ≥ 30 kg/m) oder bei Übergewicht mit einem BMI ab 27 kg/m in Kombination mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung. Damit ist Tirzepatid nach den reinen GLP-1-Agonisten Semaglutid (WEGOVY; a-t 2023; 54: 57-61) und Liraglutid (SAXENDA; a-t 2016; 47: 47-8) das dritte inkretinbasierte Antiadipositum im Handel.
EIGENSCHAFTEN: GLP-1- und GIP-Rezeptoren sollen unter anderem in Bereichen des Gehirns exprimiert werden, die für die Appetitregulierung wichtig sind. GLP-1 wird als physiologischer Regulator des Appetits und der Kalorienaufnahme angesehen. Nichtklinische Studien deuten darauf hin, dass der Zusatz von GIP einen Beitrag zur Regulierung der Nahrungsaufnahme leisten könnte.
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Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) spricht eine starke Empfehlung gegen („soll nicht“) den routinemäßigen Einsatz einer dualen Plättchenhemmung bei akutem ischämischen Schlaganfall aus und nur eine offene Empfehlung („kann“) für ausgewählte Patienten mit „leichten“ ischämischen Insulten oder transitorisch ischämischen Attacken (TIA) mit hohem Schlaganfallrisiko, die keine systemische Thrombolyse oder endovaskuläre Therapie erhalten haben. Sie verwendet bewusst nicht die etablierte NIHSS -Skala, konkretisiert aber auch nicht, was sie unter „leicht“ versteht. Internationale Leitlinien geben dagegen eine starke Empfehlung („soll“) für eine duale Therapie mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN N, Generika) und Clopidogrel (PLAVIX, Generika), wenn bei Symptombeginn vor maximal 24 Stunden ein milder ischämischer Schlaganfall mit Punktwerten von 0 bis 3 gemäß NIHSS ohne Indikation zur Thrombolyse wegen „behindernder“ Symptome vorliegt oder eine TIA mit erhöhtem Schlaganfallrisiko (Punktwert im ABCD-Score ≥ 4).
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Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic informiert über Beschränkungen bei fenchelhaltigen Arzneimitteln, denen traditionsgemäß unter anderem bei leichten Magen-Darm-Beschwerden entblähende und krampflösende Eigenschaften zugeschrieben werden. Schwangere und Stillende sollen demnach keinen Fencheltee und auch keine anderen Arzneimittel mit Fenchel zusich nehmen, Kinder unter vier Jahren nur in Absprache mit Ärzten oder Apothekern.
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Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic stuft die Fett-weg-Spritze LEMON BOTTLE – auch „Zitronenflasche“ genannt – als illegales Arzneimittel ein. Die Injektionslösung zur Lipolyse wird im Internet sowie in sozialen Medien wie TikTok und Instagram als „natürliches Produkt“ und Alternative zur Fettabsaugung bei Fettablagerungen an so genannten Problemzonen wie Doppelkinn, Oberschenkel u.a. angepriesen. Die medizinische Wirksamkeit von LEMON BOTTLE ist wissenschaftlich nicht belegt.
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In den letzten Wochen wurden wir mehrfach gefragt, ob die Anwendung von Parazetamol (BEN-U-RON, Generika) zur Linderung von Fieber und Schmerzen bei Säuglingen und Kindern das Risiko für Autismus erhöhen kann. Hintergrund ist ein Anfang 2024 publiziertes Review, in dem die Autoren „ohne begründeten Zweifel und ohne Beweise für das Gegenteil zu dem Schluss kommen, dass die Exposition empfindlicher Babys und Kinder gegenüber Parazetamol viele, wenn nicht sogar die meisten Autismus-Spektrum-Störungen verursacht.“ Die Evidenz für einen Kausalzusammenhang stufen sie als „überwältigend“ ein. Die als Beleg herangezogenen Daten sind allerdings alles andere als überzeugend:
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Mit dem Ende März 2024 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf des Medizinforschungsgesetzes (MFG) kommt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) langjährigen Forderungen der Pharmaindustrie entgegen. Das Gesetz soll die Rahmenbedingungen für den Forschungsstandort Deutschland verbessern. Einer der umstrittenen und inzwischen viel kritisierten Aspekte des Entwurfs ist das Vorhaben, Anbietern neu zugelassener patentgeschützter Arzneimittel eine Option auf Vertraulichkeit über die mit dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge einzuräumen. Der Gesetzgeber vertraut dabei der Behauptung der pharmazeutischen Industrie, dass Anbieter hierzulande höhere Preisabschläge einräumen könnten, wenn die ausgehandelten Erstattungsbeträge geheim blieben. Für diesen Mechanismus finden wir keine Evidenz.
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