Anfang Januar hat ein zweiter Impfstoff gegen SARS-CoV-2 in der EU eine bedingte Zulassung erhalten, mRNA-1273 der US-amerikanischen Firma Moderna. In den USA und Kanada ist er bereits seit dem 18. bzw. 23. Dezember 2020 notfallmäßig zugelassen. Wie die BioNTech/Pfizer-Vakzine BNT162b2 (COMIRNATY,
a-t 2020; 51: 92, 101-2) basiert mRNA-1273 auf Boten (messenger [m])-RNA, muss aber im Gegensatz zu dieser weniger aufwändig gelagert (-20 °C statt -70 °C) und vor der Anwendung nicht verdünnt werden. Im ersten Quartal wird Deutschland vom Moderna-Impfstoff mit voraussichtlich 1,8 Millionen Dosen deutlich weniger erhalten als von der BioNTech-Vakzine, von der in diesem Zeitraum – offenbar trotz der angekündigten vorübergehenden Lieferverzögerung – gut 10 Millionen Dosen erwartet werden. Dabei ist die jüngst erfolgte Genehmigung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA, aus den Mehrdosisbehältern eine zusätzliche (sechste) Dosis BNT162b2 zu entnehmen, noch nicht berücksichtigt.
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Für niedrigdosierte Omega-3-Fettsäuren – meist 1 g pro Tag – lässt sich in der Mehrzahl der bisherigen großen randomisierten kontrollierten Studien kein kardiovaskulärer Nutzen nachweisen. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat entsprechenden Präparaten, die ein Gemisch aus Eicosapentaensäure (EPA) plus Docosahexaensäure (DHA) enthalten (OMACOR u.a.), daher die Zulassung zur Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt entzogen. Ende 2018 sorgten jedoch die positiven Ergebnisse der REDUCE-IT-Studie für Aufsehen: Hochdosiertes Icosapent-Ethyl (täglich 4 g; USA: VASCEPA), ein Ethylester und Prodrug der Omega-3-Fettsäure EPA, gehen dort mit signifikanter Minderung kardiovaskulärer Ereignisse einher (a-t 2018; 49: 100-1). Als Plazebo wird in dieser Studie allerdings Mineralöl verwendet, das möglicherweise nicht biologisch inert ist.
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Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät in ihrer aktuellen Leitlinie zur Therapie von COVID-19 von der Anwendung von Remdesivir (VEKLURY) bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ab, beurteilt die Datenlage aber insgesamt als unsicher. Das Virustatikum ist seit Juli 2020 unter „besonderen Bedingungen“ zur Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen mit COVID-19 und sauerstoffpflichtiger Pneumonie zugelassen (a-t 2020; 51: 57-9), allerdings weiterhin nicht offiziell im Handel.
Grundlage der Empfehlung der WHO ist ein systematisches Review mit einer Netzwerk-Metaanalyse von vier randomisierten Studien mit insgesamt 7.333 hospitalisierten Patienten mit COVID-19, einschließlich der von der WHO initiierten SOLIDARITY-Studie (a-t 2020; 51: 78), deren Zwischenergebnisse mittlerweile auch in einem Peer-Review-Journal erschienen sind.
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Seit Mitte Oktober sieht die Verordnung für die Testung auf SARS-CoV-2-Infektion in bestimmten Situationen auch die Verwendung von Antigentests vor. Anders als die PCR, der Goldstandard, mit dem das Genom des Virus nachgewiesen wird, beruhen die Antigentests auf Nachweis von Virusproteinen. Die Mehrzahl der angebotenen Schnell- bzw. Point-of-Care-Tests (patientennahe Diagnostik) verwendet dabei die von Schwangerschaftstests bekannte Methode der (lateral flow) Immunchromatografie, bei der ein Farbumschlag nach wenigen Minuten ein positives Ergebnis anzeigt. Ähnlich wie für die PCR wird auch für die Diagnostik mittels Antigentest ein Abstrich aus dem Nasen-Rachen-Raum benötigt.
Empfohlen werden die Antigentests gemäß nationaler Teststrategie in Gebieten mit hoher SARS-CoV-2-Inzidenz (7-Tage-Inzidenz > 50/100.000) für die Reihentestung des asymptomatischen Personals von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Operations- und Dialysezentren, Tageskliniken sowie Arztpraxen und von asymptomatischen Patienten/Bewohnern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, sofern in diesen Einrichtungen kein COVID-19-Fall aufgetreten ist, sowie für die Testung asymptomatischer Besucher dieser Einrichtungen.
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Als erster Impfstoff gegen COVID-19 wird hierzulande voraussichtlich die von BioNTech und Pfizer entwickelte Vakzine BNT162b2 verfügbar sein. Der europäische Arzneimittelausschuss CHMP könnte am 21. Dezember 2020 über die Empfehlung einer bedingten Zulassung entscheiden, die offizielle Erlaubnis der EU-Kommission soll dann innerhalb weniger Stunden folgen. In Großbritannien, Kanada und den USA wurde der Vakzine bereits eine Notfallzulassung erteilt (siehe Seite 89). Ein Beraterkomitee der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA hatte sich zuvor mehrheitlich (17 zu 4) dafür ausgesprochen.
Mit BNT162b2 hat erstmals ein Impfstoff Marktreife erlangt, der auf Boten (messenger [m])-RNA basiert, also Teile der Erbinformation von SARS-CoV-2 verwendet, aus der im Körper dann das Antigen, ein Virusprotein, hergestellt wird, gegen das eine Immunantwort gebildet werden soll.
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Am 30. Januar 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch von Erkrankungen an COVID-19 als gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite ein und am 11. März 2020 als Pandemie. Kontaktbeschränkungen und mehr oder weniger weitreichende Schließungen ganzer Geschäftszweige (Lockdown) prägen seither das Leben in vielen Ländern. Bei Redaktionsschluss sind weltweit mehr als 70 Mio. Infektionen mit SARS-CoV-2 und über 1,6 Mio. Todesfälle in Verbindung mit dem neuen Coronavirus dokumentiert.
Im November 2020 wurden für zwei Impfstoffe die Ergebnisse der primären Analyse ihrer Phase-III-Studien per Pressemitteilung veröffentlicht: Die von BioNTech und Pfizer entwickelte Vakzine BNT162b2 bietet demnach nach zweimaliger Immunisierung einen 95%igen Schutz vor symptomatischen SARS-CoV-2-Infektionen jeglichen Schweregrads (primärer Endpunkt; 8 versus 162 unter Plazebo).
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Bereits im Januar 2020 warnte die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) vor potenziellen Medikationsfehlern bei der nasalen Xylometazolin-Säuglingszubereitung OTRIVEN 0,025% aufgrund unzureichender Dosiergenauigkeit der zugehörigen Pipette. Anbieter GlaxoSmithKline (GSK) hatte zuvor mehrere Schritte ergriffen, um die Anwendungssicherheit zu erhöhen. Beispielsweise sollte die Applikation bei Säuglingen unter einem Jahr nur noch unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte uns im Februar 2020 auf Anfrage mitgeteilt, die Firma sei aufgefordert worden, die Pipette „zeitnah“ zu ändern (a-t 2020; 51: 15).
Jetzt informiert die AMK darüber, dass die Xylometazolin-Tropfen bei Säuglingen unter einem Jahr künftig kontraindiziert sind.
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Mit Filgotinib (JYSELECA) ist seit Oktober 2020 der vierte orale Januskinase (JAK)-Hemmer als Reservemittel zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis im Handel. Zugelassen ist er – ähnlich wie Baricitinib (OLUMIANT), Tofacitinib (XELJANZ; a-t 2017; 48: 58-60) und Upadacitinib (RINVOQ; a-t 2020; 51: 21-2) – als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX; LANTAREL, Generika) bei Erwachsenen, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
WIRKSAMKEIT: Nur eine bisher lediglich in Abstracts veröffentlichte randomisierte Doppelblindstudie, FINCH 1, vergleicht Filgotinib in der jetzt zugelassenen Indikation mit leitliniengerechter Therapie über 52 Wochen.
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Die für Vitamin D beanspruchten Indikationen nehmen seit Jahren zu (vgl. a-t 2014; 45: 22-3, 2018; 49: 94-5 und 103 u.a.). Nun wird das Vitamin auch zur Prävention und Behandlung von SARS-CoV-2-Infektionen und schweren Verläufen von COVID-19 propagiert. Hintergrund sind einerseits überwiegend kleine Beobachtungsstudien, die mögliche Zusammenhänge zwischen der Höhe des Vitamin-D-Spiegels und COVID-19 untersuchen. Sie beschreiben zwar mehrheitlich Assoziationen zwischen niedrigen Spiegeln und häufigeren SARS-CoV-2-Infektionen, schwereren Verläufen oder erhöhter Mortalität, kommen jedoch per se aufgrund ihres Studiendesigns nicht als Nutzenbelege infrage.
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Seit November 2020 ist mit FLUZONE HIGH-DOSE QUADRIVALENT hierzulande erstmals ein hochdosierter Grippeimpfstoff erhältlich. Statt wie üblich jeweils 15 µg Hämagglutinin enthält der inaktivierte Influenza-Spaltimpfstoff je 60 µg Hämagglutinin der von der Weltgesundheitsorganisation WHO und der europäischen Arzneimittelbehörde EMA für diese Saison für Hühnerei-basierte Grippe-Vakzinen empfohlenen Virusstämme. Die höhere Dosierung soll für besseren Impfschutz im Alter sorgen. In Deutschland ist dieser Impfstoff seit Mai 2020 als EFLUELDA zugelassen, das aber erst in der Saison 2021/2022 in den Handel kommen soll
(siehe auch a-t 2020; 51: 62). Sanofi darf nun jedoch das in den USA angebotene, aber hierzulande nicht zugelassene identische FLUZONE in US-amerikanischer Aufmachung in Deutschland ausliefern. Gemäß Zulassung darf die Hochdosis-Vakzine ab einem Alter von 65 Jahren zur Prophylaxe von Influenzaerkrankungen angewendet werden.
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Acne vulgaris ist die häufigste Dermatose des Jugendalters, kann jedoch auch über das 25. Lebensjahr hinaus andauern oder erst dann auftreten. Vor allem im Gesicht, aber auch am Rumpf finden sich nichtentzündliche (Komedonen) und/oder entzündliche Läsionen (Papeln, Pusteln u.a., vgl. a-t 1997; Nr. 1: 3-4, 13).
Zur Lokaltherapie werden bei mildem bis mittelschwerem Krankheitsbild unter anderem topische Retinoide empfohlen, wobei die europäische S3-Leitlinie – anders als die aktuelle US-amerikanische Leitline – dabei Adapalen (DIFFERIN, DIPALEN) bevorzugt. Begründet wird dies mit bei vergleichbarer Wirksamkeit besserer Verträglichkeit und höherer Patientenpräferenz, die Datenlage wird allerdings als sehr unsicher eingestuft.
Seit August 2020 ist nach Tretinoin (CORDES VAS) und Adapalen mit Trifaroten (SELGAMIS) ein weiteres Retinoid-Externum zur Behandlung der Acne vulgaris im Handel. Angewendet werden darf die Creme ab dem 12. Lebensjahr im Gesicht und/oder am Rumpf, „wenn viele Komedonen, Papeln und Pusteln vorhanden sind“.
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Mit ENERZAIR BREEZHALER ist seit August 2020 erstmals eine fixe Dreifachkombination als Reservemittel zur Behandlung Erwachsener mit Asthma bronchiale verfügbar.
Das Pulverinhalat kombiniert ein langwirkendes Betamimetikum (LABA) mit einem langwirkenden Anticholinergikum (LAMA) sowie einem inhalativen Glukokortikoid (ICS). ENERZAIR wird einmal täglich angewendet und gibt pro Inhalation 114 µg des LABA Indacaterol, 46 µg des LAMA Glykopyrronium sowie 136 µg des ICS Mometasonfuroat ab, entsprechend einer Dosis in der Pulverkapsel von 150 µg/50 µg/ 160 µg. Das Präparat ist zugelassen zur Erhaltungstherapie erwachsener Patienten mit nicht ausreichend kontrolliertem Asthma sowie mindestens einer Asthmaexazerbation im Vorjahr trotz Erhaltungstherapie mit hochdosiertem ICS und LABA.
Bislang war als LAMA in der Asthmabehandlung ausschließlich Tiotropium (SPIRIVA RESPIMAT) zugelassen (a-t 2015; 46: 20). Das LABA Indacaterol ist aktuell ebenfalls erstmals in der neuen Dreifachkombination sowie als fixe Zweifachkombination mit Mometasonfuroat (ATECTURA BREEZHALER) zur Asthmatherapie auf den Markt gebracht worden. mehr
Dass die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV; CERVARIX, GARDASIL 9) die Rate höhergradiger Dysplasien am Gebärmutterhals reduziert, ist durch mehrere randomisierte Studien nachgewiesen und in zahlreichen Kohorten- und Fallkontrollstudien bestätigt (a-t 2019; 50: 68-70 u.a.). Belege für den erhofften Einfluss der Immunisierung auf Zervixkarzinome standen bislang jedoch aus. Eine aktuell publizierte schwedische Registerstudie untersucht jetzt erstmals den Effekt der HPV-Impfung auf das Risiko von Gebärmutterhalskarzinomen: Eingeschlossen sind mehr als 1,6 Millionen Mädchen und Frauen, die zwischen 2006 und 2017 10 bis 30 Jahre alt waren.
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Remdesivir (VEKLURY) wurde im Juli 2020 basierend auf vorläufigen Ergebnissen der ACTT-1-Studie unter „besonderen Bedingungen“ zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen mit einer sauerstoffpflichtigen Pneumonie zugelassen
(a-t 2020; 51: 57-9; siehe auch S. 80). Die kürzlich publizierte Endauswertung der Studie, an der insgesamt 1.062 Patienten teilgenommen haben, bestätigt die Ergebnisse: Remdesivir verringert gegenüber Plazebo die Zeit bis zur Krankenhausentlassung oder bis im Krankenhaus keine Sauerstofftherapie und keine weitere medizinische Versorgung mehr erforderlich ist (im Median 10 versus 15 Tage; Rate Ratio [RR] für Erholung 1,29; 95% Konfidenzintervall [CI] 1,12-1,49). Im Wesentlichen scheinen Patienten zu profitieren, die zwar Sauerstoff erhalten, jedoch nicht als High-flow-Therapie oder im Rahmen einer Beatmung (RR 1,45; 95% CI 1,18-1,79). Der Effekt erscheint für diese zumindest im Median jedoch gering (7 Tage vs. 9 Tage).
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Ein Aortenklappenersatz bei symptomatischer Aortenstenose erfolgt zunehmend häufig per Katheter als so genannte Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI). Unklar ist jedoch, wie die antithrombotische Therapie nach dem Eingriff aussehen sollte. Leitlinien raten bisher mit schwachem Empfehlungsgrad zur dualen Plättchenhemmung mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN N, Generika) plus Clopidogrel (PLAVIX, Generika) für drei bis sechs Monate, sofern anderweitig keine Indikation für eine orale Antikoagulation vorliegt.
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In diesem blitz-a-t geht es nicht wie üblich um aktuelle fachliche Erkenntnisse, sondern um mehrere Schreiben einer von Synformulas, dem Anbieter des Medizinproduktes KIJIMEA REIZDARM PRO, beauftragten
Rechtsanwaltskanzlei,1,2 die wir als unzulässigen Versuch empfinden, durch bloße Drohgebärde unsere redaktionellen Recherchen und Veröffentlichungen zu beeinflussen.
Obwohl wir seit 51 Jahren regelmäßig kritische Berichte veröffentlichen, sind uns Rechtsstreitigkeiten weitgehend fremd. Das liegt auch daran, dass wir unabhängig sind, penibel recherchieren und unsere Aussagen konsequent mit
Quellen belegen. Außerdem fragen wir bei Anbietern und gegebenenfalls auch bei Studienautoren schriftlich nach, um offene Fragen zu klären.
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Bei Vorhofflimmern kann einerseits die Strategie einer Rhythmuskontrolle verfolgt werden mit dem Versuch, den Sinusrhythmus wiederherzustellen und aufrecht zu erhalten, und andererseits die einer Frequenzkontrolle, die das Vorhofflimmern toleriert und lediglich versucht, die Ventrikelfrequenz im tolerablen Bereich zu halten. 2002 fand die AFFIRM-Studie, mit mehr als 4.000 Patienten der bisher größte randomisierte Vergleich der Strategien, keine Vorteile für die Rhythmuskontrolle hinsichtlich Sterblichkeit, Schlaganfällen und anderer relevanter Endpunkte, dagegen eine Zunahme von unerwünschten Wirkungen und Krankenhausaufnahmen (siehe a-t 2003; 34: 2-3). Eine weitere Studie mit knapp 1.400 Patienten, die neben Vorhofflimmern an symptomatischer Herzinsuffizienz leiden (siehe a-t 2008; 39: 76), sowie systematische Übersichten, die noch andere, überwiegend kleinere randomisierte Studien berücksichtigen, kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Seitdem gilt die Frequenzkontrolle als bevorzugte Strategie.
Jetzt werden die Ergebnisse der offenen randomisierten EAST-AFNET-4-Studie veröffentlicht, nach der eine Strategie mit Rhythmuskontrolle bei frühzeitiger Anwendung doch Vorteile gegenüber üblicher Behandlung bieten könnte.
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2018 fanden drei deutsche „Real World“-Studien, in denen neue orale Antikoagulanzien (NOAK) mit Phenprocoumon (MARCUMAR, Generika) bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern in der ambulanten Versorgung verglichen wurden, unter Anwendung einzelner NOAK oder der Gruppe insgesamt höhere Raten ischämischer Schlaganfälle und/oder eine höhere Mortalität, möglicherweise weil NOAK zu häufig abweichend von den Empfehlungen in Fachinformationen oder Leitlinien in niedriger Dosierung angewendet werden (a-t 2018; 49: 81-2 und e a-t 10/2018). Jetzt wird vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland eine weitere Analyse klinischer Ereignisse unter NOAK im Vergleich zu Phenprocoumon unter Versorgungsbedingungen publiziert.
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Werbung für KIJIMEA REIZDARM PRO ist in TV-, Print- und anderen Medien nahezu allgegenwärtig. Es lindert Darmbeschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen oder Blähungen „40% wirksamer“* als das Vorläufer-Präparat KIJIMEA REIZDARM, behauptet Anbieter Synformulas.1,2 Dominante Botschaft der TV-Werbung für das gegen Reizdarmsyndrom angebotene Medizinprodukt3 ist: Die Beschwerden seien „wie weg“.2
Die beworbenen oral einzunehmenden Kapseln enthalten Hitze-inaktivierte Bifidobakterien vom Stamm bifidum MIMBb75. Sie wurden in einer 2020 publizierten multizentrischen Doppelblindstudie4 untersucht, die vom Anbieter finanziert und in Deutschland durchgeführt wurde. mehr
*
bezogen auf Andresen et al. 2020, Guglielmetti et al., 2011 bzw. die Ansprechrate
Der weltweit agierende südafrikanische Konzern Aspen Holdings sagt zu, sechs Krebsmedikamente in den kommenden zehn Jahren und rückwirkend ab Oktober 2019 in den Ländern der EU zu durchschnittlich 73% niedrigeren Nettopreisen anzubieten und die fortlaufende Lieferung in diesem Zeitraum zu gewährleisten. Dies geht aus einer Verpflichtungserklärung hervor, die die Firma der europäischen Kommission gegeben hat. Damit will Aspen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission ausräumen, die im Mai 2017 ein Prüfverfahren wegen Verdachts auf Missbrauch einer „marktbeherrschenden Stellung auf zahlreichen nationalen Märkten“ eingeleitet hat.
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Die Ständige Impfkommission (STIKO) weitet auch angesichts der COVID-19-Pandemie die Empfehlungen für die Influenza („Grippe“)-Impfung nicht aus. Dies hat auch pragmatische Gründe: 2020/21 werden wahrscheinlich etwa 25 Mio. Impfdosierungen (darunter knapp 5 Mio. der nationalen Reserve) zur Verfügung stehen. Eine Ausdehnung etwa auf die gesamte Bevölkerung wäre kontraproduktiv, da dies zur Unterversorgung von Risikopersonen führen dürfte. Die STIKO zielt jedoch darauf ab, die Impfquoten in Risikogruppen (2018/19: lediglich 35%) deutlich zu steigern. Und für die vollständige Umsetzung der jetzigen Empfehlungen würden bereits 40 Mio. Dosierungen benötigt.
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Ausführliche Bewertung gleichzeitig als e a-t 8/2020 veröffentlicht.
Seit Juli 2020 ist mit Ozanimod (ZEPOSIA) der dritte Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptoragonist im Handel. Ähnlich dem ersten S1P-Rezeptormodulator Fingolimod (GILENYA, a-t 2011; 42: 43-5) ist Ozanimod zur peroralen Behandlung der schubförmig remittierenden aktiven Multiplen Sklerose (MS) zugelassen, allerdings nur für Erwachsene. Das kürzlich eingeführte Siponimod (MAYZENT, a-t 2020; 51: 33-6) wird dagegen zur Behandlung der sekundär progredienten aktiven MS Erwachsener angeboten.
WIRKSAMKEIT: Zwei doppelblinde Phase-3-Studien prüfen die Wirksamkeit von Ozanimod in der zugelassenen Tagesdosis von einmal täglich 0,92 mg im Vergleich mit dem Interferon (INF)-beta-1a-Präparat AVONEX (einmal wöchentlich 30 µg intramuskulär). Eingeschlossen sind insgesamt 2.666 im Mittel 36-jährige Patienten mit schubförmiger MS und durchschnittlich 3,7-jähriger Erkrankungsdauer.
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Die Daten zum Nutzen des Virustatikums Remdesivir (VEKLURY) bei COVID-19 sind widersprüchlich. Allenfalls bei bestimmten schwer erkrankten hospitalisierten Patienten verkürzt Remdesivir in der für die
Zulassung maßgeblichen Studie (ACTT-1) die Zeit bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus um wenige Tage, ohne dass ein Einfluss auf die Sterblichkeit nachgewiesen ist (a-t 2020; 51: 57-9).1 Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA weitet aktuell jedoch die Notfallzulassung (EUA, Emergency Use Authorization) des Virustatikums auf
alle hospitalisierten Patienten mit COVID-19-Erkrankung aus – unabhängig von der Schwere der Erkrankung.2 Wie passt dies zusammen?
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Im Juli 2020 wurde mit Remdesivir (VEKLURY) das erste Arzneimittel gegen COVID-19 zugelassen, allerdings unter „besonderen Bedingungen“ mit zahlreichen Auflagen. Angewendet werden darf das Virustatikum zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen mit einer sauerstoffpflichtigen Pneumonie in klinischen Einrichtungen mit der Möglichkeit einer engmaschigen Überwachung. Offiziell in den Handel gebracht wurde Remdesivir hierzulande noch nicht. Anbieter Gilead hat der Bundesregierung jedoch eine „limitierte Menge“ zur Verfügung gestellt, die durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) über Krankenhausapotheken kostenlos verteilt wird.
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In den letzten Jahren war das als Appetithemmer vermarktete D-Norpseudoephedrin (= Cathin; ALVALIN) wiederholt und schließlich langzeitig wegen „unerwarteter Probleme bei der Wirkstoffbeschaffung“ nicht lieferbar. Dies haben wir aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes begrüßt, denn die Nutzen-Schaden-Bilanz des einzigen noch angebotenen D-Norpseudoephedrin-Appetithemmers erachten nicht nur wir als negativ: Bereits 2001 hatte die europäische Arzneimittelbehörde EMA mehreren amphetaminartigen Appetithemmern – darunter auch D-Norpseudoephedrin – die Zulassung in der Europäischen Union entzogen, da hinreichende Belege für den therapeutischen Nutzen fehlen, aber schwerwiegende unerwünschte Effekte wie Blutdruckkrise, Lungenbluthochdruck, Abhängigkeit u.a. vorkommen können (a-t 2001; 32: 63). Der Europäische Gerichtshof hat den Zulassungsentzug jedoch aus formalen Gründen annulliert (a-t 2003; 34: 24).
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Bei einer 71-jährigen Frau mit Osteoporose wird Hyperkalziämie und akutes Nierenversagen festgestellt. Durch vergleichbare Diagnosen in seinem Einzugsgebiet sensibilisiert, bestimmt der behandelnde Arzt den 25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegel. Dieser weist mit über 400 nmol/l auf eine Vitamin-D-Intoxikation hin. Andere Ursachen der Nierenschädigung, die trotz Therapie nur teilweise reversibel ist, finden sich nicht. Auf Nachfrage berichtet die Patientin, neben einem ärztlich verordneten Vitamin-D-Präparat (DEKRISTOL, 20.000 I.E. 1 x wöchentlich) „fast täglich eine kleine Pipettenspitze“ Vitamintropfen (GLORYFEEL VITAMIN D3 + K2 NATURE Tropfen) einzunehmen (NETZWERK-Bericht 17.867).
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Ob Patienten unter der Einnahme selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin (FLUOXETIN ABZ u.a. Generika) zu gewalttätigem Handeln neigen, wird seit Jahrzehnten diskutiert (a-t 1991; Nr. 6: 54;
2005; 36: 1-2 und 2009; 40: 40). Jetzt errechnet eine schwedische Registerstudie unter Verordnung von SSRI ein erhöhtes Risiko für Straftaten.
Ausgewertet werden Daten von 785.337 Personen, die zwischen 2006 und 2013 Rezepte für SSRI eingelöst haben. 2,7% der im Mittel sieben Jahre nachbeobachteten Patienten werden wegen gewalttätiger Verbrechen wie Belästigung, Nötigung, Körperverletzung, Brandstiftung, Sexualstraftaten bis hin zu Mord verurteilt. Verglichen werden bei 20.735 straffällig Gewordenen Zeitabschnitte während einer Verordnung mit Phasen ohne.
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Ausführliche Übersicht gleichzeitig als e a-t 7/2020a veröffentlicht.
Gegenüber den 1970er Jahren hat sich die Inzidenz des malignen Melanoms mehr als verfünffacht, wobei es 2008 in Deutschland mit Einführung des Hautkrebsscreenings zu einem sprunghaften Anstieg kam. 2016 lag die Erkrankungsrate bei knapp 27 pro 100.000 Frauen und 30 pro 100.000 Männer. Die Sterberate hat sich hingegen kaum verändert – 2017 starben 3 von 100.000 Frauen und 4 von 100.000 Männern an malignem Melanom. Als wichtigster exogener Risikofaktor für die Entstehung gilt die ultraviolette (UV-) Strahlung ohne Einschränkung auf spezifische Wellenlängen. Andere Risikofaktoren sind erworbene Nävi in großer Zahl, große kongenitale Nävi (> 20 cm) und Riesennävi (> 40 cm).
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Nach vorläufigen Ergebnissen der großen randomisierten
RECOVERY-Studie verringert der Zusatz des Glukokortikoids Dexamethason (FORTECORTIN, Generika) die Sterblichkeit gegenüber alleiniger üblicher Therapie bei Patienten mit
COVID-19, die im Krankenhaus mit Sauerstoff behandelt oder invasiv beatmet werden. Nachdem in der vergangenen Woche lediglich eine Pressemitteilung verbreitet wurde, sind nun
Ergebnisse auf einem Preprint-Server erschienen, also ohne Peer-Review. In der mehrarmigen, mit öffentlichen Mitteln geförderten, pragmatisch durchgeführten britischen Studie werden offen
mehrere Therapien untersucht.
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Aus den Niederlanden kommen Berichte über Verunreinigungen des Analgetikums Parazetamol mit dem als genotoxisches Kanzerogen eingestuften Parachloranilin (PCA; 4-Chloroanilin). In allen drei geprüften Chargen, die Wirkstoff aus der Produktion des chinesischen Herstellers Anqiu Lu'an enthalten, dem weltweit größten Parazetamol-Produzenten, wurde durch ein deutsches Labor in Auftragsanalysen PCA nachgewiesen. Konkrete Angaben zu den enthaltenen Mengen werden allerdings nicht gemacht.
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